Gebrüder Brehmer Maschinenfabrik

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Titel des Objekts: Gebrüder Brehmer Maschinenfabrik

Objekt 1: Fabrikgebäude, Gießerstraße 12A, 04229 Leipzig (früher W31 Leipzig), erbaut 1905, ursprünglich für Spezialfabrik für Holzbearbeitungsmaschinen E. Kiessling & Co.ab ca. 1936 zu Gebrüder Brehmer gehörig – Buchbindereimaschinenbau

heutige Nutzung:

  • HSB Unternehmensgruppe (u.a. Heizung-Sanitär-Bau)
  • Verkaufs-Niederlassung der Theo Förch GmbH & Co. KG

Objekt 2: Fabrikgebäude, Karl-Heine-Str. 107/109 04229 Leipzig (früher W31 Leipzig), erbaut 1913, Bauherr Gebrüder Brehmer Buchbindereimaschinenbau

heutige Nutzung:

  • Fa. sage, (Software, Dienstleistungen)
  • Fa. DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH

Stadtteil: Plagwitz

Industriezweig: Polygraphischer Maschinenbau – Buchbindereimaschinen

Datierung: Firmengründung Gebrüder Brehmer: 1879; Fabrikgebäude um 1900 und 1905

Objektgröße: Gesamtfläche der Unternehmensbebauung der Gebrüder Brehmer ca. 10.000 qm.

Bau- und Firmengeschichte:

  • 1872 entwickelt Hugo Brehmer (geb. 1844 in Lübeck) in Philadelphia / USA ein Verfahren zum maschinellen Drahtheften von Papierbögen
  • 1873 ist er gemeinsam mit Bruder August Inhaber der Maschinenbaufirma Brehmer Brothers und entwickelt in den darauf folgenden Jahren die Buchdrahtheftmaschine
  • 1879 kehrt Hugo Brehmer – mit Werkzeugmaschinen aus Amerika – wieder zurück nach Deutschland und siedelt sich in Plagwitz an. Auf dem Gelände der früheren Holzhandlung und Kistenfabrik Just, Kachholz & Reuter (Albertstraße 61, heute: Karl-Heine-Straße 111) gründet er unter dem Namen Gebrüder Brehmer eine Fabrik zur Produktion von Buchbindereimaschinen – zunächst mit zwei Angestellten. Das erste mit Draht geheftete Buch wird auf der Kantate-Ausstellung der Buchhändler in Leipzig gezeigt. Noch im gleichen Jahr arbeiten in der Dampfbuchbinderei H. Sperling die ersten drei Drahtheftmaschinen von Gebr. Brehmer
  • 1884 Die Schiffchen-Faden-Buchheftmaschine wird marktreif
  • 1891 Hugo Brehmer stirbt. Plagwitz ist nach Leipzig eingemeindet
  • Friedrich Rehwoldt übernimmt die Geschäftsführung
  • Ab 1894 Produktion von Falzmaschinen mit halbautomatischer Bogenführung, die bis 1904 vollständig automatisiert werden konnten.
  • Um 1900 wird das Firmengelände bis zur Weißenfelser Straße ausgedehnt. Der Export floriert, die Produktpalette wird erweitert. In der dritten Unternehmergeneration führt Ludolf Colditz (jun.) (1883–1952) die Firma. Er arbeitet seit 1909 bei Gebr. Brehmer.
  • 1912 wird das Nachbargrundstück der ehemaligen Parkett-und Stabfußbodenfabrik A. Heym, Karl-Heine-Str. 107/109 erworben. Diese war seit 1888 am System der Gleisfinger (Anschlussgleise an das Eisenbahnnetz) beteiligt, damit wohl auch Gebr. Brehmer von Anfang an.
  • 1913 wird auf o.g. Grundstück das große Frabrikgebäude im Reformstil mit Klinker- und Putzfassade erbaut
  • 1920er Jahre: Das Firmengelände vergrößert sich durch Ankauf weiterer Nachbargrundstücke in der Weißenfelser Straße. Viele der auf den Grundstücken bereits vorhandenen Fabrikgebäude werden für die eigene Produktion weiter genutzt.
  • 1926 Kauf des Grundstücks Weißenfelser Str. 84 (vorm. F. Koehler Witwe & Sohn, heute Rapidobject GmbH)
  • 1936/37 wird das benachbarte Fabrikgebäude Gießerstr. 12A übernommen. Darin wurden vormals Holzbearbeitungsmaschinen produziert. Bis Ende der 1930er Jahre entwickelt sich Gebr. Brehmer zum Weltmarktführer für Maschinen der buchbinderischen Weiterverarbeitung. Nach Einbrüchen im Ersten Weltkrieg, in Inflation und Weltwirtschaftskrise erreicht das Unternehmen in den Jahren des Nationalsozialismus mit über 2000 Beschäftigten eine vorläufige maximale Ausdehnung.
  • 1939-1945 ist der Betrieb teilweise auf Kriegsproduktion umgestellt und bringt dem Unternehmen erhebliche Gewinne.
  • 1945 Bilanz nach Kriegsende: geringe Kriegsschäden. Das Unternehmen wird aufgrund des Befehls Nr. 124 der SMAD vom 30. Oktober unter Sequester gestellt.
  • 1948 erhält die Enteignung basierend auf den Volksentscheid vom 30. Juni 1946 Rechtskraft. Es erfolgt die Umwandlung in den volkseigenen Betrieb VEB Polygraph, Gebrüder Brehmer.
  • 1951 wird der VEB Polygraph, Gebr. Brehmer Leipzig mit dem VEB Polygraph Triumph Leipzig-Mölkau (vormals Fa. Gutberlet & Co., Mölkau) zusammengelegt und führt die Bezeichnung VEB Polygraph Falz- und Heftmaschinenwerk Leipzig.
  • 1953 Umbenennung in VEB Falz- und Heftmaschinenwerk Leipzig. Der Exportanteil an der Gesamtproduktion erreicht mit 91 Prozent einen Höchststand.
  • 1960 Fusion mit dem VEB Buchbindereimaschinenwerk Leipzig (ehemals Fa. Karl Krause) zum VEB Leipziger Buchbindereimaschinenwerke, Kurzbezeichnung LBW. (Werk I = ehemals Brehmer, Werk II ehemals Krause)
  • 1970 Das Kombinat Polygraph Leipzig (horizontale u. vertikale Zusammenschlüsse) in Zusammenhang mit der Auflösung der VVB Polygraph (nur horizontale Konzentration). Stammbetrieb wird LBW.
  • 1984 Angliederung weiterer Betriebe: VEB Blechverarbeitungswerk, Berliner Str., VEB Werk für graphische Maschinen in Taucha und das Ingenieurbüro Polygraph
  • 1990 nach der politischen Wende wird das Kombinat Polygraph aufgelöst. Die neue Brehmer Buchbindereimaschinen GmbH Leipzig ist ab 1. Juli der Treuhand unterstellt.
    1991 erwirbt die McCain Manufacturing Corporation, Sitz in Hamburg und Chicago, das Unternehmen. Das Sanierungskonzept sieht einen Stellenrückbau von 4/5 auf ca. 500 Angestellte vor.
  • 1993 verlegt das Unternehmen betitelt mit dem Namen McCain Brehmer Buchbindereimaschinen GmbH seinen ursprünglichen Standort von Leipzig-Plagwitz zum 13 Hektar großen neuen Produktions- und Vertriebsgelände (Brahestr. 8) im neuen Industrie- und Gewebepark Leipzig Nordost. Am Jahresende muss wegen konjunktureller Schwierigkeiten der Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt werden.
  • 1994 übernimmt der Falzmaschinenhersteller Stahl GmbH & Co. KG aus Ludwigsburg den neuen Leipziger Standort. In die zum größten Teil sanierten Gebäude am alten Standort in Plagwitz ziehen zögerlich nach und nach unterschiedlichste Firmen ein.
  • Ab 1999 gehört die Stahl GmbH mit dem Leipziger Betrieb zur Heidelberger Druckmaschinen AG.
  • 2015 Schließung des Standortes Leipzig der Heidelberg Postpress Deutschland. Damit kommen nach über 135 Jahren keine Buchbindereimaschinen mehr aus Leipzig.

Objektbeschreibung Gebäude Gießerstr.12A: (in Denkmalliste Leipzig Obj.-Dok.-Nr.: 09264279). Das um 1905 errichtete dreigeschossige Fabrikgebäude befindet sich in Ecklage zur Weißenfelser Straße.

Bauherr: Spezialfabrik für Holzbearbeitungsmaschinen E. Kiessling & Co. Die Firma. war 1906 Aussteller bei der 3. Deutschen Kunst- und Gewerbeausstellung in Dresden.

Merkmale: Fabrikgebäude mit turmartigen Eckrisalit und Mansard-Walmdach zur Straßenkreuzung, Klinker-fassade in Formen der versachlichten Architektur nach 1900. Klinker-, Putz- und Kunststeingliederungen. Verzichtet wird auf Bauschmuck, wie beispielsweise am Gebäude der Sächsischen Wollgarnfabrik Tittel & Krüger. Stattdessen wird die Fassade durch den Einsatz verschiedener Materialien akzentuiert, die in ihrer Farbigkeit mit der roten Klinkerfassade kontrastieren.

Objektbeschreibung Gebäude Karl-Heine-Str.107/109: (in Denkmalliste Leipzig Obj.-Dok.-Nr.: 09264128). Das Fabrikgebäude ist ein Stahlbeton-Skelettbau, im Reformstil mit vorgeblendeter Klinker- und Putzfassade. Durch diese Kombination sind große lichtdurchflutete Fenster möglich. Markant: In Jugendstilelemente eingebettete Fensterstürze aus Sichtbeton. Gebäude mit 12 Achsen (Fensterreihen), fünfgeschossig, Einfriedung und Vorgartenstreifen. Im Gegensatz zur Straßenansicht wirkt die Gebäuderückseite kleinteilig, verschachtelt und schmucklos. Architekten: Händel & Franke.

Quellen und Literatur:

Autoren: Juliane Gölzner, Thomas Wommer

Datum: 25.04.2018