Cafe Schirmer

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Kaffeerösterei Hermann Schirmer Nachfahren

Adresse:
Schönbachstraße 71, 04299 Leipzig

Ortsteil:
Stötteritz

Industriezweig/Branche/Kategorie:
Lebensmittelverarbeitung

Objektbeschreibung:
Das Wohnhaus sowie die Rösterei sind gelbe Klinkerbauten, die mit grünen Ziegeln strukturiert sind. Nach einer behutsamen Sanierung im Jahre 2006 wurde auch die Rösterei für Wohnzwecke nutzbar gemacht. Über dem ehemaligen Ladengeschäft erinnert noch die alte Überschrift „Kaffeerösterei Hermann Schirmer Nachf.- Seit 1854“ an die hier tätige Firma.

Datierung:
ab 1854 nachweisbar als Geschäft in der Grimmaischen Straße 32, Leipzig

Denkmalstatus:
Obj.-Dok.-Nr.: 09303116

Ursprüngliche Nutzung:
Wohn- und Kontorhaus mit Rösterei; Gebäude zur Lagerung, Röstung und Verkauf von Bohnenkaffee

Heutige Nutzung:
Nach Sanierung im Jahr 2006 werden die beiden Gebäude zu Wohnzwecken genutzt.

Bau- und Firmengeschichte:

Der Ursprung der Firma geht auf ein Geschäft in der Grimmaischen Straße 32 zurück. Dort gründete der Kaufmann Hermann Schirmer im Jahr 1854 ein Geschäft zum Verkauf von Colonialwaren. 1885 übernahm Richard Springer den Laden und spezialisierte sich auf den Verkauf sowie die Röstung von Kaffee. Da die Firma Schirmer über einen sehr guten Ruf verfügte, wurde die Bezeichnung lediglich um den Zusatz „Nachfahren“ ergänzt. Auf diese Weise wollte man den Absatz durch einen neuen Firmennamen nicht gefährden.

Der Kaufmann Springer ließ um 1890 in der Schönbachstraße 71 in Stötteritz ein Kontorgebäude mit Laden und Wohnungen sowie einer Rösterei im hinteren Teil (Hofseite) errichten. Genaue Angaben zum Architekten sowie Baujahr sind durch den Verlust der Bauakte im Zweiten Weltkrieg leider nicht mehr zu erfahren. Im Jahr 1919 übernahm nach dem Tode von Richard Springer dessen Sohn Rudolf die Firma. Die Kaffeerösterei Hermann Schirmer überstand die schweren Zeiten von Inflation und Weltwirtschaftskrise und behauptete sich am Markt.

Nach Kriegsende führte die Witwe von Rudolf Springer die Firma trotz ihres hohen Alters fort. Über Kriegsschäden an den Gebäuden in Stötteritz ist nichts bekannt. Nachfahren der Firmeninhaber gingen 1947 nach Westdeutschland. 1950 wurde dort Horst Springer neuer Eigentümer. In Dortmund produziert man 1965 weiter unter dem Namen „Schirmer Kaffee“.

Durch fehlenden Rohkaffee wurden während und nach dem Zweiten Weltkrieg Getreide, Zuckerrüben und Zichorie als Kaffeeersatz verwendet. Echter Bohnenkaffee wurde in der DDR über viele Jahrzehnte zum Luxusartikel. Im Jahre 1962 kam die Firma unter staatlicher Beteiligung zum neuen Namen VEB Röstperle.  Zehn Jahre später soll der Betrieb dann verstaatlicht worden sein. Durch Kombinatsbildung bzw. Zentralisierung  – Bildung der Marke „RONDO“ – in Halle-Magdeburg verlor der Betrieb an Bedeutung und die Produktion wurde irgendwann eingestellt. Sicher war die relativ kleine Firmengröße auch ein Argument für die Schließung. Ein genaues Datum der Produktionseinstellung ist derzeit nicht bekannt. So verflog der von Zeitzeugen beschriebene Kaffeeduft aus Stötteritz.

Nach der Wiedervereinigung stellte Horst Springer einen Rückübertragungsanspruch und 1990 erfolgte die Reprivatisierung. Die Produktion wurde nicht wieder aufgenommen. 2006 wurde das Gebäude saniert und die Bausubstanz äußerlich nicht verändert. So ist am Stammsitz der Kaffeerösterei Hermann Schirmer in Stötteritz ein Gründerzeitbauensemble zur Industriegeschichte Leipzigs erhalten geblieben. Die Ladenüberschrift in der Schönbachstraße 71 erinnert noch heute an die hier ansässige Firma.

Des weiterem befindet sich an der Straßenseite zur Schönbachstraße noch eine Rosette: Sie diente der Befestigung der Fahrleitung und ist ein Rest der einst durch die Straße verlaufenden elektrischen Straßenbahn.

Quellen/Literatur/Links:
eigenes Wissen
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Schirmer_Kaffee

Autor:
Mathias Mann

Datum:
19.11.2017

Überarbeitung: C. Klußmann, 12.01.2022

Abbildungen:
M. Mann, 18.01.2016