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Schraderhaus

Titel des Objekts: Schraderhaus (auch Schrader´s Haus genannt)

  • ursprünglich: Gebr. Schrader Briefumschlagfabrik und andere Firmen der grafischen Industrie
  • DDR-Zeit: Gebr. Schrader Briefumschlagfabrik / Druckhaus Einheit / Interdruck / Messedruck
  • nach 1990: Nutzung hauptsächlich als Bürogebäude
  • heute: Leerstand
  • geplant: Umbau zum Schulgebäude

Adresse: Täubchenweg 26 und Baedeckerstr. 5, 04317 Leipzig

Ortsteil: Reudnitz

Industriezweig
/Branche /Kategorie
:
ursprünglich grafische Industrie

Datierung –
Bauzeit
: 1911-1912

Denkmalstatus:

  • Täubchenweg 26, Obj.-Dok.-Nr.: 09290628
  • Baedeckerstr. 5, Obj.-Dok.-Nr.: 09290013 (früher Nr. 28 bzw. Charlottenstr. 28)

Objektgröße: Geschossfläche ca. 13.200 m² – bei
einer Grundstücksfläche von ca. 2.200 m²

Bau- und Firmengeschichte:

  • 1890: Firmengründung der Gebr. Schrader Briefumschlagfabrik, Standort zunächst Hospitalstr. 14
  • ab ca.1893: Seeburgstr. 35 bzw. 57 (Hausnummer-Änderung),
  • bis 1912: Göschenstr. 6
  • 1911-1912: Bau des riesigen Gebäudes als Druckereigebäude unter dem Kaufmann Wilhelm Schrader, Architekten: Wetzold und Beyer.
  • 1912: Auch andere Firmen der grafischen Industrie ziehen in das Gebäude ein, z.B. ein Teil des Otto Spamer Verlages (bis ca.1921), im Erdgeschoss sind Verlag, Binderei und Lager etabliert.
  • 1945: Das Gebäude übersteht die Bombenangriffe relativ unbeschadet.
  • Zu DDR-Zeiten ist hier auch mehrere Jahre der VEB Messedruck Leipzig etabliert.
  • 1971: Letztmaliger Eintrag im Leipziger Telefonbuch zu Firma Gebr. Schrader KG. 1972 erfolgt die Verstaatlichung.
  • 1990: Schließung als Druckereistandort.
  • 1991 bis 1994 wird das Objekt aufwendig zur Umnutzung für Büros bzw. Gewerbe, Wohnungen im Dachraum und Gastronomie im Untergeschoss saniert.
  • 2016: Verkauf des Gebäudes an einen Privateigentümer. Es folgt die Kündigung von Mietverträgen.
  • 2018: Im Februar muss der Szene-Club „4 rooms“ schließen.
    Im April kauft die Stadt Leipzig das Objekt für 10,3 Mio. € von einem österreichischen Investor zurück.
  • 2019: Das Gebäude steht leer.
  • 2020: Von Jan. bis Febr. 2022 Umbau als Schulgebäude für ein 4-zügiges Gymnasium für ca. 1130 Personen.

Objektbeschreibung:

  • Der U-förmiger Gebäudegrundriss der Fabrik folgt den nicht rechtwinklig zueinanderstehenden Straßenführungen von Täubchenweg, Heinrichstraße und Baedeckerstraße.
  • Das Fabrikgebäude hat heute sieben Geschosse, inkl. zwei Dachstockwerken sowie Tiefparterre (Untergeschoss).
  • Geschossfläche ca. 13.200 m² (Summe aller Nutzflächen).
  • Zwei große Toreinfahrten an Nord- und Südseite mit schmiedeeisernen Torflügeln. Einen repräsentativen Haupteingang gibt es nicht, wie z.B. bei den Globuswerken, Limburger Str. 74.
  • Bauweise: Stahlbetonbau mit gelber Klinker-Putz-Fassade.
  • Lisenen-Gliederung, schmale, leicht hervortretende vertikale Verstärkungen der Außenwand, ohne Unterbrechung zwischen den Stockwerken, aber zusätzlich mit Kapitellen wie bei Pilastern.
  • Gesimse, waagerechte Hervorhebungen, sind eher untergeordnet.
  • weiße Putzflächen unterhalb der Fenster (Fensterbrüstung – Brüstungsschürze) ergeben dagegen eine starke waagerechte Betonung.
  • Eckbetonung durch fünf große Mansardgiebel an den drei begrenzenden Straßenseiten.
  • Mansarddächer – zusätzlich abgesetzt mit geraden Schleppgauben.
  • zwei 180-Grad-Glasdachkuppeln auf den beiden äußeren Gebäudeecken sowie Glasüberdachungen für das Tiefgeschoss an der Gebäude-Hofseite.

Besondere Baumaßnahmen: Einbau eines innenliegenden Treppenhauses in Form einer Doppel-Helix und die Errichtung eines zusätzlichen dritten Einganges an der Heinrichstraße, der zum Haupteingang werden soll. Gegenüber vom Schraderhaus befindet sich das Gebäude der 125. Schule (Oberschule) und der Wilhelm-Busch-Schule (Grundschule). Dementsprechend sind gute Voraussetzungen für einen Schulcampus mit gemeinsam nutzbaren Freiflächen gegeben. Dies ist sinnvoll, da die Hoffläche der ehemaligen Fabrik relativ klein ist.

Blicktipp: Die komplizierte Dachform kann man eigentlich nur per Ballonfahrt oder gratis mittels Luftbildaufnahmen z.B. bei Google-Earth erfassen!

Quellen / Literatur / Links:

Autor: Thomas Wommer

Datum: 16.06.2019

Abbildungen: (werden nachgereicht)




Dr. Trenkler & Co.

Titel des Objekts:
Dr. Bruno Trenkler & Co.

Adresse:
Untere Eichstädtstraße 11

Ortsteil:
Leipzig-Stötteritz

Industriezweig/Branche/Kategorie:
Polygraphisches Unternehmen mit Schwerpunkt Ansichtskarten und Fotoaufnahmen

Kurzcharakteristik:
gelber Klinkerbau, Fassade mit roten Klinkern strukturiert, fünf Etagen.
Architekt: Büro Franke und Wedekamp

Datierung:
1904

Objektgröße:
ca. 800m² pro Etage

Denkmalstatus:
Obj.-Dok.-Nr.: 09263138

Ursprüngliche Nutzung:
Polygraphischer Großbetrieb, später Herstellung elektrotechnischer Erzeugnisse, zuletzt Bürogebäude

Heutige Nutzung:
Derzeit ungenutzt. Relativ guter Bauzustand, da Haus durch Umnutzung zum Bürogebäude in den 1990er Jahren bereits saniert wurde. Das Areal wird durch die Firma Hildebrand einer neuen Nutzung zugeführt.

Bau- und Firmengeschichte:
Bruno Trenkler wurde 1863 geboren und studierte Chemie an der Universität Würzburg. 1887 bekam er mit 24 Jahren den Doktortitel  verliehen. Danach führte ihn sein weiterer Lebensweg nach Leipzig. Im heutigen Stadtteil Neu-Reudnitz begann Trenkler 1894 mit knapp einem halben Dutzend Arbeitern den Aufbau einer kleinen Druckerei. Ort des Geschehens war die heutige Cäcilienstraße, wo er Räume angemietet hatte.

Der Anfang war für den 31jährigen Inhaber nicht leicht, da die Firma noch in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckte. Kaufmännische Unterstützung erhielt er durch die Mitarbeit von Herrn Gustav Jährig. Eine wichtige Errungenschaft war ein leistungsfähiges Reproduktionsverfahren, an dessen Entwicklung Dr. Trenkler großen Anteil hatte. Der Druck von Ansichtskarten brachte schließlich den Erfolg. Dr. Trenkler hatte früh das Potential des neuen Mediums „Ansichtskarte“ erkannt und setzte sich für technische Verbesserungen in der Herstellung ein.

Alle Städte und Gemeinden wollten in dieser Zeit ihre Sehenswürdigkeiten sowie die umgebende Landschaft zeigen. Es entstand ein hart umkämpfter Markt um kolorierte Ansichtskarten aus zahlreichen Städten und verschiedenen Ländern – viele wollten an diesem Geschäft verdienen.

Bald brauchte die Firma neue Räume, da sie sich inzwischen auf fünf Straßen verteilte. Dieser Zustand war für eine durchgehende und zeitgemäße Herstellung hinderlich. So erwarb Trenkler 1901 ein Grundstück in der Unteren Eichstädtstraße 11 und ließ darauf ein mehrgeschossiges Fabrikgebäude errichten. Als Architekt wurde das Büro Franke und Wedekamp beauftragt. Fertiggestellt wurde der neue Produktionsstandort 1904. Nun waren die verschiedenen Herstellungstechniken wie Licht-, Buch-, Steindruck, Dreifarbenätzerei, Buchbinderei plus die nötigen fotografischen Ateliers unter einem Dach vereint. Ein Jahr zuvor war der Dresdner Max Hoffmann als Teilhaber zur Firma gekommen und leitete Unterstützung, mit der Aussicht auf einen guten Gewinn in den Folgejahren.

In Jahr 1909 beschäftigte die Trenklersche Kunstanstalt bereits 700 Arbeiter und rund 130 Druckerpressen liefen auf Hochtouren. In einem Koloriersaal arbeiteten bis zu 100 Frauen mit Schablonen an der farbigen Fassung der Ansichtskarten. Ihre Entlohnung war gering. Ein Zeichenatelier fertigte nach Bedarf repräsentative Rahmen für die Karten oder Darstellungen in besonders großen Formaten. In den Kellerräumen befand sich ein umfangreiches Papierlager. Im Verlags-und Hauptkontor sorgten fast 60 Mitarbeiter für eine korrekte Buchhaltung und ein reibungsloses weltweites Versandgeschäft. Täglich konnten bis zu 20.000 farbige Ansichtskarten produziert werden und pro Woche verließen bis zu drei Millionen Ansichtskarten die Produktion. Und das alles ohne Bahnanschluss: Anfangs erfolgte der Transport zum Bahnhof ausschließlich mit Pferdefuhrwerken!

Die Firma erreichte ihre Blütezeit bis in die 1920er Jahre und lieferte Ansichtskarten in viele Länder der Erde. Oft gab es von einem Motiv auch eine Nachtansicht. Zusätzlich wurden Werbepublikationen für Industriebetriebe in hoher Qualität und nach Kundenwunsch gefertigt. Die Firma Trenkler besaß einen ausgezeichneten Ruf und konnte technisch alles realisieren was zu dieser Zeit im Bereich Fotographie und Kunstdruck möglich war. So erhielt sie 1913 zur Internationalen Baufachausstellung in Leipzig das alleinige Fotorecht.

Die besondere Qualität der Erzeugnisse brachte viele Preise und Anerkennungen ein: 1909 eine Goldmedaille auf einer „Internationalen Fachausstellung für Photographie“, und 1910 wurde der Firma auf der Weltausstellung in Brüssel ein Ehrendiplom verliehen. Auch in den Folgejahren mangelte es nicht an Würdigungen. Ein 1910 geplanter Südflügel des Firmengebäudes wurde nie realisiert.

Reisende Vertriebsmitarbeiter übernahmen die Werbearbeit mit Tausenden von Mustern. In verschiedenen europäischen Städten, z.B. in Brüssel oder Den Haag, befanden sich eigene Firmenvertretungen. Für neue Motive aus dem In- und Ausland sorgten bis zu zehn reisende und gut ausgebildete Fotographen. Es soll einen Musterkatalog mit ca. 25.000 Ansichtskarten existiert haben. Eine fast unvorstellbare Anzahl, von denen der größte Teil Stadtansichten waren.

Am 10. September 1926 starb der Firmengründer Dr. Bruno Trenkler. Er fand auf dem Südfriedhof seine letzte Ruhe.
Die Firma Trenkler gliederte in den folgenden Jahren die Ansichtskartenproduktion aus. Eine Druckerei in der Dessauer Straße 13 übernahm diese Aufgabe.  Die Räume in der Unteren Eichstädtstraße 11 waren nicht mehr voll ausgelastet. Sicher spielte dabei auch die Weltwirtschaftskriese eine Rolle.

Ab 1931 produzierte die Firma Dr. Dietz & Ritter Fabrik für Radio-Erzeugnisse und Transformatoren in diesem Gebäude. In den 1930er Jahren wurden Radios der Marke „Körting“ hergestellt. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Firma zur Rüstungsproduktion herangezogen. Zeitzeugen berichteten von Prüfungen wie Rütteltests von Bordfunkgeräten für Flugzeuge. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte die Enteignung und Demontage, da das Werk in die Rüstungsindustrie eingebunden war. Schwere Zeiten brachen für die Mitarbeiter an, um mit den wenigen noch vorhandenen Mitteln eine Produktion einzurichten. 1948 gehörte die Produktionsstätte zum damaligen VEB Funkwerk Leipzig und in den folgenden Jahrzehnten zum VEB Fernmeldewerk Leipzig.

Nach 1990 übernahm die Siemens-Kommunikationstechnik GmbH die Nachfolge des Unternehmens. Das Haus wurde saniert und als Bürogebäude genutzt. Seit einigen Jahren ungenutzt, wartet das unter Denkmalschutz stehende Fabrikgebäude heute auf neue Nutzer. Im Hof ist das Heizhaus mit Schornstein zu sehen. Die Fa. Hildebrand Immobilien arbeitet an einer neuen Nutzung für das Gebäude einer einstigen Weltfirma.

Quellen/Literatur/Links:
Pro Leipzig e.V., Gerhild Schwendler: Stötteritz – ein Leipziger Stadtteillexikon. Leipzig 2014.
Wikipedia: Dr. Trenkler & Co

Autor/in:
M. Mann

Datum:
20.03.2017

Überarbeitet 11.01.2022 C. Klußmann

Abbildungen:
M. Mann 18.01.2016
Ansichtskartenmotiv von Stötteritz der Firma Trenkler von 1910 (Eigentümer: Leibniz Institut für Länderkunde)
Firmenlogo von 1907; Quelle: Wikipedia