KRW

Titel des Objektes:
Kugel – und Rollenlagerwerk Leipzig GmbH

Adresse:
Gutenbergstraße 6, 04178 Leipzig

Stadtteil:
Böhlitz-Ehrenberg

Industriezweig/Branche/Kategorie:
Maschinenbauzulieferer

Datierung:
1934

Kurzdarstellung:
Im Jahre 1934 wurde, unter Leitung von Herrn Friedrich Wilhelm Witte, die Firma „Deutsche Kugellager Fabrik“ DKF (Werk II) auf einer Gesamtfläche, im Leipziger Ortsteil Böhlitz-Ehrenberg, von ca. 57.000 m² errichtet. Die Gründung der Deutschen Kugellagerfabrik GmbH, mit dem Sitz in Leipzig Plagwitz, erfolgte im Jahre 1904.  Die Firma war unter den Leipzigern als „Kullerbude“ bekannt. Die Belegschaft umfasste im Jahr 1939 schon 750 Mitarbeiter und stieg bis zum Jahr 1942 auf 1500 Mitarbeiter.

Objektgröße:
Die Objektgröße umfasst heute (2017) ca. 14.000 m².

Ursprüngliche Nutzung:
Herstellung von Wälzlagern für die Automobil- und Werkzeugindustrie, für Diesel-Flug- und Panzermotoren.

Heutige Nutzung:
Fertigung von hochwertigen Wälzlagern für die Industriebereiche Schwerindustrie, Bahn & Transportwesen, Energie & Kraftwerke, Getriebebau, Maschinenbau sowie Schiffbau & Hafentechnologie.

Bau- und Firmengeschichte:
– 1904 Gründung der der Deutschen Kugellagerfabrik (DKF) in Leipzig-Plagwitz
– 1934 Bau der Werkhallen „DKF“ Werk II in Böhlitz-Ehrenberg
– 8. Aug. 1946 Umwandlung des Betriebes in eine sowjetische Aktiengesellschaft „SAG“
– 1955 Überführung in das Volkseigentum mit der Firmenbezeichnung „VEB DKF Wälzlagerwerk Leipzig“
– 1990 Einbindung in der FAG Konzern mit der Umfirmierung „DKFL deutsche Kugellagerfabrik GmbH“
– 30. Juli 1993 Gesamtvollstreckung
– 20. Dez. 1993 Neugründung des Unternehmens unter dem Firmennamen „KRW Kugel- und Rollenlagerwerk Böhlitz-Ehrenberg GmbH“
– 1998 Umbenennung des Unternehmens in „Kugel- und Rollenlagerwerk Leipzig GmbH“

Objektbeschreibung:
Verwaltungsbau aus Backstein und die Fertigungshallen aus Backstein und in Shed – Dachbauweise.

Quellen:
Unterlagen aus dem Förderverein Ortsgeschichte Böhlitz – Ehrenberg e.V.

Text und Bilder:
Fr. Krüger (KRW) / Hr. Binnemann (KRW) – Stand November 2017




Städtisches Kaufhaus

Name: Städtisches Kaufhaus
Adresse: Neumarkt 9 – 19, 04109 Leipzig
Ortsteil: Zentrum
Industriezweig / Branche: Messewesen, Handel
Datierung: 1894 – 1901
Objektgröße: 5.236 m²
Denkmalstatus: Obj.-Dok.-Nr. 09298453

Bau- und Firmengeschichte:

Das Städtische Kaufhaus ist Leipzigs erstes Mustermessehaus und symbolisiert den Wandel im Messewesen durch die industrielle Massenproduktion im 19. Jahrhundert. Es wurde von 1894 bis 1990 – mit Unterbrechung durch Zerstörung im Zweiten Weltkrieg – als Ausstellungsfläche und Handelsplatz für die Leipziger Mustermesse genutzt.

Der Vorgängerbau (Gewandhaus) wurde 1477 bis 1498 als Messehaus der Tuchhändlergilde errichtet. 1740 bis 1744 folgte der Anbau einer Stadtbibliothek. Im Innenhof, der bereits im 15. Jahrhundert entstanden war, befand sich 1843 bis 1877 das „Königliche Conservatorium der Musik“ von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Das Städtische Kaufhaus entstand Ende des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der Entwicklung der Leipziger Mustermesse. Bis ins 19. Jahrhundert wurden Messeprodukte noch direkt verkauft, was mit dem Beginn der industriellen Massenproduktion erschwert wurde. Um sich der neuen Produktionsform anzupassen, entstanden zur Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert die ersten Mustermessen mit Leipzig als Vorreiter. Der Produzent stellte hier nicht mehr sein gesamtes Sortiment, sondern nur ausgewählte Muster seiner Produkte aus. Um die Musterexponate so eindrucksvoll wie möglich zur Geltung zu bringen, wurden im späten 19. Jahrhundert in Leipzig Messehäuser mit großen Ausstellungsflächen errichtet.

Ab 1893 wurde das Erd- und Zwischengeschoss der alten Stadtbibliothek am Gewandgäßchen zum Städtischen Kaufhaus umgebaut. Die Ausstellungsräume wurden erstmals zur Michaelismesse 1894 genutzt. Auf das Städtische Kaufhaus folgte in Leipzig und später in anderen Teilen Deutschlands und Europas der Bau weiterer Mustermessehäuser. Im Zweiten Weltkrieg wurden große Teile des Gebäudekomplexes zerstört.

Wiederaufbau und Rekonstruktion in Anlehnung an die Originalgebäude begannen in den 1980er Jahren, in den 1990er Jahren wurden die Gebäude von einem privaten Investor grundlegend für die Nutzung als Geschäftshaus saniert. Heute dient es als Geschäftshaus mit Gastronomie, Ladengeschäften, Büro- und Veranstaltungsräumen. Auch die Universität Leipzig hat hier Räume.

Objektbeschreibung:

  • Das Städtische Kaufhaus ist ein mehrgeschossiger Gebäudekomplex mit Innenhof in der Innenstadt Leipzigs, der sich zwischen Neumarkt und der Universitätsstrasse befindet.
  • Die Fassade ist weiß und sandfarben gestrichen und enthält Verzierungen des Neobarock und des Neorokoko.
  • An der Gebäudeseite zur Universitätsstraße befindet sich eine über zwei Meter hohe Bronzestatue Kaiser Maximilians, darüber wurde aus Sandstein eine Art Plakette aus Sandstein mit der Inschrift „Erbaut 1895 und 1896 unter König Albert 400 Jahre nach der Bestätigung der Leipziger Messen durch Kaiser Max“ angebracht. Ausschlaggebend für diese Statue war das 400. Jubiläum des 1497 durch den Kaiser verliehenen Messeprivilegs beim Umbau des Gebäudekomplexes.
  • Unter dem Dach befindet sich eine Hermes-Büste, antiker Götterbote und vor allem als Gott des Handels und des Verkehrs bekannt.
  • In den großen Innenhof führen verzierte, schmiedeeiserne Türen.
  • Im Treppenhaus befindet sich eine Rekonstrution des ältesten erhaltenen Personenaufzuges Leipzigs, außerdem eine Gedenktafel für den historischen Gewandhaussaal.

Quellen/Literatur/Links:

  • Architekturführer : Die 100 wichtigsten Leipziger Bauwerke / Bernd Weinkauf. Mit Fotografien von Günter Schneider. –1. Aufl. – Berlin : Jaron, 2011. – 235 S. : zahlr. Ill.; S. 112.
  • Das Städtische Kaufhaus Leipzig. – Leipzig : Leipzig Städtisches Kaufhaus (Jersey) Limited. – Online-Ressource, Adresse: http://staedtisches-kaufhaus.de/de/ueber-dasobjekt
  • Leipzig – Stadt, Handel, Messe : Die städtebauliche Entwicklung der Stadt Leipzig als Handels- und Messestadt / Niels Gormsen. – Leipzig : Inst. für Länderkunde, 1996. – 84 S. : graph. Darst., Kt., Ill. (Daten, Fakten, Literatur zur Geographie Europas ; Daten, Fakten, Literatur zur Geographie Europas ;), S. 12 – 13.
  • Städtisches Kaufhaus (Messehaus). – Leipzig : André Loh-Kliesch. – Online-Ressource. Adresse: http://www.leipzig-lexikon.de/HAUSHOF/STKAUFH.HTM

Autor/in: H. Spitczok von Brisinski

Datum: 24.07.2017

Überarbeitung: Corinna Klußmann, 06.10.2023

Abbildungen: 




Postbahnhof

Titel des Objekts: Postbahnhof Leipzig
Adresse: Adenauerallee 3, 8-10 (früher: Rohrteichstraße 8)
Stadtteil: Leipzig-Schönefeld
Industriezweig/Branche/Kategorie: Verkehrswesen/Eisenbahn/Bahnpost

Kurzcharakteristik: Kopfbahnhof mit 29 Gleisen und achtschiffiger Verladehalle, Verbindungsgang über die Rohrteichstraße zum Erweiterungsbau von 1936

Denkmalstatus: Obj.-Dok.-Nr.: 09260352

Datierung: 1905-1912, Erweiterungsbau 1933-1936 nördlich der Rohrteichstraße
Objektgröße: ca. 58.000 m² (davon 16.000 m² überdacht)

Ursprüngliche Nutzung: Umschlag und Verteilung von abgehenden, ankommenden sowie durchgehenden Paketen per Bahnpost. Zustellung von Paketsendungen ins Stadtgebiet sowie Umland.
Heutige Nutzung: größtenteils ungenutzt, teilweise schlechter Bauzustand, Vandalismus und Brandschäden.

Bau- und Firmengeschichte: Nachdem ab 11. April 1839 die erste deutsche Ferneisenbahnstrecke Leipzig-Dresden in Betrieb ging, machte man sich auch in Sachsen Gedanken, das neue Verkehrsmittel für die Postbeförderung zu nutzen. Schließlich war die Beförderungszeit über die 120-km-Distanz mit der neuen Zugverbindung drastisch gesunken.
Im Jahr 1841 wurde aus der Idee Wirklichkeit und die Eisenbahn übernahm einen Teil der Postbeförderung. Dafür wurde ein „Bahnpostamt“ von der Sächsischen Oberpostdirektion errichtet. Es befand sich gegenüber dem damaligen Dresdner Bahnhof. Spezielle Wagen für den Postverkehr gab es noch nicht. Die Sendungen wurden in dieser frühen Zeit der Eisenbahn noch in normalen Eisenbahnwagen in Säcken befördert.

Erste eigene Postwagen entstehen

Im Jahr 1851 kamen die ersten dafür gebauten „Post- und Gepäckwagen“ auf der noch im Bau befindlichen Strecke Leipzig-Hof zum Einsatz. Die guten Erfahrungen trugen zur weiteren Beschaffung von Postwagen bei. Die Fahrzeuge sollten über einen ruhigen Lauf und eine ausfallsichere Beleuchtung verfügen. Schließlich sollten doch bereits während der Fahrt die Sendungen durch Postpersonal sortiert werden.

Auch in Leipzig gab es eine Waggonbauanstalt, die ebenfalls Wagen für den Bahnpostverkehr fertigte. Durch den Bau weiterer Bahnstrecken von Leipzig ausgehend wuchs gleichfalls der Postverkehr. Erste eingleisige Verbindungsbahnen verbanden die einzelnen Kopfbahnhöfe, konnten aber mit dem wachsenden Verkehr nicht mithalten. Es musste eine Lösung gesucht werden.

Man ist sich einig – ein neuer Bahnhof muss her

So kam es zwischen der Sächsischen- und Preußischen Staatsbahn sowie der Stadt Leipzig zur Vereinbarung, einen „Centralbahnhof“ zu errichten. Auch die damaligen Postverwaltungen hatten großes Interesse, dem stetig wachsenden Verkehr durch Anlage eines neuen Postbahnhofes gerecht zu werden. Mit den vorhandenen Anlagen der einzelnen Bahnverwaltungen war das in der sich rasch vergrößernden Industrie-, Handels- und Messestadt Leipzig aber nicht zu realisieren. Als Standort für den Postbahnhof wurde im Gebiet von Schönefeld an „Schmalbruchs Teich“ ein Flurstück vorgesehen. Es befand sich nördlich der Gleise Leipzig-Dresden sowie an der zweiten Verbindungsbahn nach Leipzig-Connewitz.

Großbaustelle und Millionenobjekt

Umfangreiche Erdarbeiten waren nötig, um aus dem Gelände eines ehemaligen Teiches und Feldern ein ebenes Terrain zu machen, das auch vor Überflutungen der nahen Parthe sicher war. Fast 60.000 m² Fläche mussten bearbeitet werden, einschließlich der Verfüllung des ehemaligen Teiches. Daran erinnerte die ehemalige Straßenbezeichnung „Rohrteichstraße“. Demzufolge waren die Baukosten mit 5 Millionen Mark, einschließlich dem dazu notwendigen Grunderwerb, recht hoch. Inbetriebnahme der imposanten Anlage war am 01.02.1912, mehr als 3 Jahre vor der Fertigstellung des Hauptbahnhofes (4. Dezember 1915).

Imposante Architektur

Architektonischer Mittelpunkt bildet die sehr eindrucksvolle Bahnsteighalle. Diese besteht aus acht Stahlbögen. Genietete Rahmenprofile bilden die bogenförmige Grundform der Halle, die durch Zugbänder verbunden sind. Eine Vielzahl filigraner Stützen trägt die Halle, deren Anblick auch heute noch beeindruckt und gleichsam ein Beispiel für sparsamen Materialverbrauch ist.

Mit 29 Gleisen und 16 Bahnsteigen war es der größte Kopfbahnhof Europas und der größte Postbahnhof der Welt. Zwei Stellwerke R18 und W19 regelten den Verkehr. Um nicht wichtige Gleise zum damaligen preußischen Teil des Leipziger Hauptbahnhofes bei Postwagenüberführungsfahrten zu kreuzen, entstanden zwei Verkehrstunnel. Sie ermöglichten den kreuzungsfreien Verkehr zum Postbahnhof. Bis kurz vor Inbetriebnahme des City-Tunnels 2013 und des damit verbundenen umfangreichen Umbaus der Gleisanlagen im Leipziger Hauptbahnhof wurden die beiden Verkehrstunnel durch S-Bahnen sowie Fernzüge genutzt. Inzwischen wurden diese, da nicht mehr benötigt, verfüllt.
An die stählerne Bahnsteighalle schloss sich ein Querbahnsteig an. Dessen Tiefe einschließlich Hauptgebäude, Querbahnsteig und Bahnhofshalle betrug ca. 85 m. Hier wurden die Sendungen mittels Karren weiterverteilt. Das Hauptgebäude war 200 m lang. Hier erfolgte der Einsatz von „Eisenbeton“ als damals wie heute modernem Baustoff („Stahlbeton“).

Im Jahr 1936 erfolgte nördlich der Rohrteichstraße ein großer Erweiterungsbau. Die eingeschossige Packkammer hat die Ausdehnung von ca. 80 m x 115 m. Ein Sheddach sorgt hier für Tageslicht. Außerdem wurde ein fünfgeschossiger Mittelbau mit Verbindungsgang über die damalige Rohrteichstraße zum bestehenden Postbahnhof errichtet. Verkleidet wurde der neue Komplex mit ockerfarbenen Keramikplatten. Er bildet damit ein Beispiel der Vorkriegsmoderne in Leipzig.

Ein Jahr nach der Eröffnung des Postbahnhofes wurden bereits ca. 10 Millionen Pakete versendet, ca. 4 Millionen empfangen und ca. 36 Millionen Sendungen im Durchgangsverkehr weitergeleitet. Auch der Buchversand spielte über Jahrzehnte eine wichtige Rolle. Es gab sogar Überlegungen, dazu einen separaten „Bücherbahnhof“ im Graphischen Viertel zu errichten. Was nicht für den Raum Leipzig bestimmt war, verließ den Bahnhof wieder per Zug.

Es gab weitere technische Besonderheiten

Der Postbahnhof verfügte über eine eigene Wasser- und Stromversorgung. Für letztere sorgten zwei Dieselaggregate von je 120 PS und 250 PS. Die erzeugte Elektroenergie des „Motorenkraftwerkes“ belief sich auf ca. 0,5 MWh pro Jahr. Rangierlokomotiven übernahmen die Zuführung der Waggons, von denen zeitgleich ca. 90 Stück im Postbahnhof beladen werden konnten. Die kammförmige Gleisanlage benötigte zwar viele Weichen, hatte aber den Vorteil einer raschen und ungestörten Betriebsabwicklung. Das Gleisfeld war bis zum Beginn der Reichsbahnzeit 1920, wie auch im Leipziger Hauptbahnhof, in einen Sächsischen- und Preußischen Teil gegliedert, bedingt durch die beiden damaligen Länderbahnverwaltungen. An den Bahnsteigen gab es Freileitungen. So konnten auch Güterwagen zu Ladearbeiten mittels einer von dieser gespeisten Lampe beleuchtet werden.

Logistische Meisterleistungen

Da der Leipziger Hauptbahnhof auch ein wichtiger Zugbildungsbahnhof war, wurden auf fast allen Strecken Bahnpostkurse eingerichtet. Hier ein paar Beispiele von 1929:

  • Leipzig-Dresden über Riesa oder Döbeln
  • Leipzig-Chemnitz über Geithain
  • Leipzig-Bamberg über Gera, Saalfeld
  • Leipzig-Kassel über Bebra
  • Leipzig-Frankfurt (Main) über Eisenach/Fulda
  • Leipzig-Marktredwitz über Hof

Sicher wurden auch Umläufe in Richtung Berlin und Cottbus bedient.

Die Postbeutel wurden in Rüttelmaschinen von Inhaltsresten befreit, gewaschen und getrocknet. Pro Stunde konnten so 400 Beutel bearbeitet werden. Dazu gab es eine elektrische Beutel-Stopfmaschine mit einer Leistung von bis zu 15.000 Stück in 24 Stunden. Neu beschaffte Postkraftwagen übernahmen die weitere Zustellung zu den Postämtern im Stadtgebiet. Sie wurden schon damals elektrisch betrieben und von den „Loyd-Werken“ in Bremen hergestellt. Der Radius der Akkumulatorenwagen betrug um die 80 km.

Kurze Wege zur schweren Arbeit

Im Obergeschoss des Packkammergebäudes standen 27 kleine Zimmer für Übernachtungen des Postpersonals zur Verfügung. Im Objekt gab es ebenfalls Dienstwohnungen. Außerdem stand dort die Sack- und Beutelreinigungsanlage. Viele Beamte und Mitarbeiter hatten hier Ihren Arbeitsplatz. Schwere körperliche Arbeit mussten vor allem die Sackwagensortierer leisten. In der Anfangszeit gab es Schichten zu 12 Stunden. Ein Hilfspostschaffner bekam damals nur ein Gehalt von ca. 150,- RM im Monat. Das waren die untersten Einkommen. Die Frauen in der Beutelreinigung haben sicher nicht viel mehr verdient.

Routinebetrieb und DDR-Investitionsstau

Durch die solide Bausubstanz konnte der Betrieb für die nächsten Jahrzehnte sichergestellt werden. Zu DDR-Zeiten war der „Jahresendverkehr“ die Spitzenzeit für das Bahnpostamt schlechthin. Viele Pakete aus der BRD sollten zum Weinachtfest ihre Empfänger in der DDR erreichen. Der Zoll hatte damit entsprechend ebenfalls Hochbetrieb, wurden doch die ankommenden Sendungen geröntgt und der Inhalt im Zweifel durch Auspacken kontrolliert. Dazu wurden viele zusätzliche Arbeitskräfte benötigt.

Einen weiteren Ansturm gab es nach der Deutschen Wiedervereinigung in den 1990er Jahren. So manches Stück fehlender Konsumgüter oder Mode wurde bei Versandhäusern bestellt und mit der Bahnpost ausgeliefert. Das alles hat der Postbahnhof ohne große Modernisierung geleistet – auch die Instandhaltung beschränkte sich in der DDR auf das Notwendigste.

Trauriges Ende einer Ära

Am 1. Januar 1995 stellte die aus der Deutschen Bundespost neu gegründete Deutsche Post für viele überraschend und unverständlich die Bahnpost ein. Die „Brieffreundschaft“ mit der Bahn wurde gekündigt. Transporte wurden auf die ohnehin schon recht vollen Straßen verlagert bzw. per Luftfracht befördert. In Radefeld wurde an der Autobahn ein neues Güterverkehrszentrum errichtet, was den gesamten Paketdienst übernahm. So gingen im Januar 1995 nach 83 Betriebsjahren im Postbahnhof Leipzig die Lichter aus. Die Gleisanbindung fehlt inzwischen. Die CG-Gruppe als neuer Eigentümer arbeitet an einem neuen Nutzungskonzept für die imposante und denkmalgeschützte Anlage, die gern auch als “kleiner Bruder des Hauptbahnhofs“ bezeichnet wird.

Objektbeschreibung:

Der Entwurf der Halle stammt von 1908. Verantwortlich zeichnete der Dresdener damalige königliche Bauinspektor a.D. und Zivilingenieur Herr Ferchland. Einen guten Überblick auf das ehemalige Gleisgelände und den Postbahnhof hat man von der Brandenburger Brücke. In der Adenauerallee sind – neben den Verwaltungs- und Hauptgebäuden aus der Anfangszeit des Postbahnhofes – gegenüber auf der nördlichen Seite auch die Neubauten des Paketzustellamtes aus der Zeit von 1933-1936 sichtbar. Der Erweiterungsbau bildet ein Beispiel der Vorkriegsmoderne und wurde mit Siegersdorfer Keramikplatten verkleidet. Er ist weitgehend unverändert erhalten und verfügt zum Teil noch über Bauschmuck aus der Entstehungszeit. Die Entwürfe dazu lieferte 1933 der Postbaurat Lüdorff.

Quellen/Literatur/Links:

Wolfgang Hochquell „Leipzig Architektur“ Verlag: Passage-Verlag, 3. stark erweiterte Auflage 2010
Wolfgang Sturm „Geschichte der Leipziger Post“ Verlag: Pro Leipzig, 2007
Eigenes Wissen

Denkmalkarte Sachsen

Autor/in: M. Mann

Datum: 26.06.2017

Bilder:
Michael Hartwich, 2017
Mathias Mann, 1992




Saxonia

Titel des Objekts: Gebrüder Wommer Saxonia-Fleischereimaschinenfabrik

Adresse: Gießerstraße 47, 04229 Leipzig

Stadtteil: Plagwitz; früher Kleinzschocher zugeordnet

Industriezweig / Branche / Kategorie: Maschinenbau / Fleischereimaschinen

Kurzcharakteristik: Verwaltungs- und Wohngebäude mit Fabrikhalle

Datierung: Bau der Gebäude ca. 1905, Fabrikhalle 1923 erweitert

Objektgröße: ca. 4000 qm

Ursprüngliche Nutzung: ab ca. 1907 Gebrüder Wommer Maschinenfabrik, Maschinenbaubetrieb für Fleischereimaschinen SAXONIA

Heutige Nutzung: Rollershop LE (Motorroller; Verkauf und Reparaturwerkstatt). Das Wohn- und Verwaltungsgebäude an der Straßenseite ist derzeit ohne Nutzung.

Bau- Firmen- und Familiengeschichte: Der Schmied Wilhelm Wommer, geb. 1840 im Saarland legte 1870 den Grundstein für die spätere SAXONIA – Fleischereimaschinenfabrik, als er in der Nähe des Leipziger Schlachthofes am Ranstädter Steinweg mit fünf Arbeitern eine kleine Werkstatt in der damaligen Kleinen Gasse 3 eröffnete.
1874 erschuf er die erste Wurstfüllmaschine. 1885 zog die Firma in die Gerberstraße. 1888 wurde der neue Schlachthof in der Südvorstadt fertiggestellt. 1890 zog daraufhin die Firma Wilh. Wommer in dessen unmittelbare Nähe in die Kantstraße. Viele andere Firmen der Fleischwirtschaftsbranche siedelten sich ebenfalls in dieses noch wenig bebaute Gebiet an. 1893 starb der Firmengründer. Seine Söhne Wilhelm und Otto führten zeitweise gemeinsam aber auch einzeln das Unternehmen weiter.
1897 präsentierten sich auf der Sächsisch – Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung Fleischermeister Nietzschmann und die Maschinenfabrikanten Wilhelm jr. und Otto Wommer mit einem eigenen Pavillon – dem ersten Bau unter dem Begriff Jugendstil. Architekt war Paul Möbius. Im Pavillon wurden Fleischereimaschinen und Gerätschaften gezeigt sowie Fleisch- und Wurstwaren produziert, die im Restaurant des Pavillons verspeist werden konnten.
Ab ca. 1898 wurde das Unternehmen mit dem Namen Gebrüder Wommer geführt. Infolge der ständig wachsenden Ausdehnung des Geschäftes ist 1900 in Leipzig-Kleinzschocher, Gießerstr.33 (mit Gleisanschluss) der neue Firmensitz etabliert worden. Die kleinen Standorte der bisherigen Firmen am Schlachthof (Kantstraße und Altenburger Straße) sind aber z.T. bis kurz nach der Wende verblieben. Die Schließung des Schlachthofes 1991 war einer der Gründe für die Aufgabe dieser Betriebe. Hier waren natürlich die Alltagsgeschäfte bezüglich des Bedarfes z.B. an Fleischereiwerkzeugen optimal.
Um 1907 erfolgte der Umzug in die Gießerstraße 47 (ca. 4000 qm), ebenfalls wieder mit Gleisanschluss. Die Erzeugnisse wie Kutter, Fleischwölfe, Wurstfüllmaschinen in unterschiedlichen Baugrößen und Varianten mit der eingetragenen Schutzmarke SAXONIA wurden nicht nur im Inland hoch geschätzt, sondern weit über Deutschlands Grenzen hinaus in alle Welt verkauft.
Nach dem Tod von Wilhelm Wommer jnr. übernahm 1910 der jüngste Sohn Max das Unternehmen. Er hatte als Marokko-Deutscher in den Jahren 1903-1908 praktische Erfahrungen unter anderem als Prokurist sammeln können. Sein Bruder Karl gründete 1912 ein Unternehmen (Wommer & Weller) für Elektomotoren, welches im Gebäudekomplex des heutigen Museums für Druckkunst in der Nonnenstraße 38 untergebracht war. 1915 wurde das Wommer-Werk gegründet. Maschinen für Wurstfabrikation u.a. sind unter der Schutzmarke Lipsia gefertigt worden.
Ab 1922 erscheint “Lipsia” im Firmennamen, wohl auch zur eindeutigen Unterscheidung von Gebr. Wommer in der Gießerstraße 47. Häufige Standortwechsel waren für das Wommer-Werk bezeichnend. 1920 waren zirka 200 Mitarbeiter im Unternehmen Gebrüder Wommer beschäftigt. 1923 wurde der Erweiterungsbau der Fabrikhalle fertiggestellt. In den Jahren von 1920 bis 1922 gelang es Wolfgang Ostwald, Vertreter der Leipziger Industrie für die angewandte Kolloidchemie zu interessieren. Für den Aufbau einer Kolloidabteilung an der Universität in Leipzig gewann er auch Max Wommer. 1926 erschien sein Buch „Die elektrolytische Verchromung System Wommer“
1928 wurde die Gebrüder Wommer Aktiengesellschaft gegründet. Im Juli 1937 erwarb der technische Leiter Paul Wilhelmi mit seiner Ehefrau das gesamte Aktienpaket und verwandelte die Aktiengesellschaft in eine offene Handelsgesellschaft. Max Wommer hatte sich aus der Firma zurückgezogen. Die neuen Inhaber firmierten aber weiterhin mit dem in Fachkreisen bekannten werbewirksamen Namen Wommer.
Während des 2. Weltkrieges wurde hauptsächlich das bisherige Produktionsprogramm von Fleischereimaschinen aufrechterhalten. Zusätzlich wurden Lohnarbeiten an Kriegsgeräteteilen als Unterlieferer für große Rüstungswerke ausgeführt. In (4) werden Ostarbeiter, Ukrainer und Griechen erwähnt, die im Lager „Mangold“ in der Diezmannstr. 68 untergebracht waren. Andere Unterlagen sagen aber auch aus, dass sich die Wilhelmis jahrelang (1940-1943) der sog. „Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft“ verweigerten. Das Firmengelände überstand den Krieg nahezu unbeschadet.
Nach Kriegsende kam das Unternehmen Ende August 1945 durch den SMA-Befehl 124 unter Sequester. Die Eheleute Wilhelmi wurden nach diversen juristischen Auseinandersetzungen aus dem Betrieb „entfernt“. Nach dem Volksentscheid in Sachsen am 30.6.1946 erfolgte am 1.7.1946 die entschädigungslose Enteignung der bisherigen Inhaber.
Am 1.7.1948 erfolgte die Zuordnung der VEB Fleischereimaschinenfabrik Saxonia Leipzig zur VVB NAGEMA. Die Aufgabe des Produktionsstandortes für Fleischereimaschinen und Anschluss an die VEB Druckmaschinenwerke Leipzig als Betriebsteil VI fand 1965 statt.
Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde dieser im Zusammenhang mit der Neustrukturierung und Konzentration des Druckmaschinenwerkes Leipzig in der Riesaer Str. als zirkon Druckmaschinen GmbH aufgegeben.
Nutzung 1994 bis ca. 2015: Autohof Kosmalla mit KFZ-Werkstatt.
Aktuelle Nutzung (2017): Rollershop LE (Verkauf, Service und Reparatur von Motorrollern). Das Wohn- und Verwaltungsgebäude ist ungenutzt und entwickelt sich zur Ruine.

Objektbeschreibung4-stöckiges Wohn- und Verwaltungsgebäude mit gelber Klinkerfassade, Nordseite ohne Fenster. Diese Fassadenfläche war mit einer großflächigen Werbung für die Firma versehen. Im hinteren Areal befindet sich eine ebenerdige Fertigungs- und Montagehalle. An der südlichen Seite des Geländes war ein Bahnanschluss entsprechend des Konzeptes der Gleisfinger bzw. Gleisharfe für die vielen Anrainerbetriebe vorhanden.

Quellen/Literatur/Links:
(1) Festschrift zum 50-jährigen Firmenjubiläum
(2) Firmenchronik 1949
(3) Broschüre; Plagwitz: Aus der Geschichte des Vorortes und seiner Industrie 1985
(4) Fremd- und Zwangsarbeit im Raum Leipzig 1939-1945, Leipziger Kalender, Sonderband 2004/1
http://www.wommwomm.de/firmen.html
Familienunterlagen, Adressbücher, Maschinen-Kataloge, Prospekte

Autor: Thomas Wommer

Datum: 22.6.2017

Abbildungen: Archiv der Familie Wommer




Thalysia

Objekt:
früher: Thalysia Paul Garms GmbH
DDR: VEB (K) Thalysia
heute: Leerstand seit 1990, seit 2017 Umbau zu Wohnungen

Adresse:
Kochstraße 122, 04277 Leipzig

Ortsteil:
Connewitz

Industriezweig/Branche/Kategorie:
Gesundheitsartikel

Datierung:
1888

Objektgröße:
3500 m²

Ursprüngliche Nutzung:
Fabrik für Gesundheitsartikel

Heutige Nutzung:
Leerstand, Umbau zu Wohnungen

Bau- und Firmengeschichte:
1888 gründeten Paul und Amalie Garms die Firma „Thalysia Paul Garms GmbH“ und eröffneten eine vegetarische Gaststätte und die Herstellung vegetarischer Lebensmittel. Um die Jahrhundertwende wurde auf dem Gelände an der Kochstraße die Produktion von Leib- und Brusthaltern sowie Reformkleidern aufgenommen. Für den Verkauf entstanden Reformhäuser in ganz Deutschland.

1938 gab es allein in der Fabrik 1800 Beschäftigte. Das Verwaltungsgebäude und mehrere Fabrikgebäude wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Dr. Hans Garms, der Nachfolger von Paul Garms verließ 1949 die DDR und gründete in Dortmund die Firma neu. In der DDR wurden auf dem Gelände als „VEB (K) Thalysia“ („K“ steht für kommunalen Betrieb) wieder Reformartikel hergestellt mit dem Schwerpunkt Schuhe.

Nach 1989 wurde die Firma abgewickelt und steht seither leer und verfällt. Seit 2015 wird die Nutzung mit Wohnungen vorbereitet und z.Zt. mit Erweiterung durch Neubauten realisiert.

Objektbeschreibung:
Hauptgebäude als stark beschädigter Klinkerbau

Quellen/Literatur/Links:
Präsentationen der Investoren, Connewitzer Ortsblatt
https://fuchshuberarchitekten.de/projekte/thalysia-werke/

Autor:
Helmut Sander

Datum:
17.04.2017

Abbildungen:
Helmut Sander, März 2017
Präsentationen der Investoren




Dr. Trenkler & Co.

Titel des Objekts:
Dr. Bruno Trenkler & Co.

Adresse:
Untere Eichstädtstraße 11

Ortsteil:
Leipzig-Stötteritz

Industriezweig/Branche/Kategorie:
Polygraphisches Unternehmen mit Schwerpunkt Ansichtskarten und Fotoaufnahmen

Kurzcharakteristik:
gelber Klinkerbau, Fassade mit roten Klinkern strukturiert, fünf Etagen.
Architekt: Büro Franke und Wedekamp

Datierung:
1904

Objektgröße:
ca. 800m² pro Etage

Denkmalstatus:
Obj.-Dok.-Nr.: 09263138

Ursprüngliche Nutzung:
Polygraphischer Großbetrieb, später Herstellung elektrotechnischer Erzeugnisse, zuletzt Bürogebäude

Heutige Nutzung:
Derzeit ungenutzt. Relativ guter Bauzustand, da Haus durch Umnutzung zum Bürogebäude in den 1990er Jahren bereits saniert wurde. Das Areal wird durch die Firma Hildebrand einer neuen Nutzung zugeführt.

Bau- und Firmengeschichte:
Bruno Trenkler wurde 1863 geboren und studierte Chemie an der Universität Würzburg. 1887 bekam er mit 24 Jahren den Doktortitel  verliehen. Danach führte ihn sein weiterer Lebensweg nach Leipzig. Im heutigen Stadtteil Neu-Reudnitz begann Trenkler 1894 mit knapp einem halben Dutzend Arbeitern den Aufbau einer kleinen Druckerei. Ort des Geschehens war die heutige Cäcilienstraße, wo er Räume angemietet hatte.

Der Anfang war für den 31jährigen Inhaber nicht leicht, da die Firma noch in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckte. Kaufmännische Unterstützung erhielt er durch die Mitarbeit von Herrn Gustav Jährig. Eine wichtige Errungenschaft war ein leistungsfähiges Reproduktionsverfahren, an dessen Entwicklung Dr. Trenkler großen Anteil hatte. Der Druck von Ansichtskarten brachte schließlich den Erfolg. Dr. Trenkler hatte früh das Potential des neuen Mediums „Ansichtskarte“ erkannt und setzte sich für technische Verbesserungen in der Herstellung ein.

Alle Städte und Gemeinden wollten in dieser Zeit ihre Sehenswürdigkeiten sowie die umgebende Landschaft zeigen. Es entstand ein hart umkämpfter Markt um kolorierte Ansichtskarten aus zahlreichen Städten und verschiedenen Ländern – viele wollten an diesem Geschäft verdienen.

Bald brauchte die Firma neue Räume, da sie sich inzwischen auf fünf Straßen verteilte. Dieser Zustand war für eine durchgehende und zeitgemäße Herstellung hinderlich. So erwarb Trenkler 1901 ein Grundstück in der Unteren Eichstädtstraße 11 und ließ darauf ein mehrgeschossiges Fabrikgebäude errichten. Als Architekt wurde das Büro Franke und Wedekamp beauftragt. Fertiggestellt wurde der neue Produktionsstandort 1904. Nun waren die verschiedenen Herstellungstechniken wie Licht-, Buch-, Steindruck, Dreifarbenätzerei, Buchbinderei plus die nötigen fotografischen Ateliers unter einem Dach vereint. Ein Jahr zuvor war der Dresdner Max Hoffmann als Teilhaber zur Firma gekommen und leitete Unterstützung, mit der Aussicht auf einen guten Gewinn in den Folgejahren.

In Jahr 1909 beschäftigte die Trenklersche Kunstanstalt bereits 700 Arbeiter und rund 130 Druckerpressen liefen auf Hochtouren. In einem Koloriersaal arbeiteten bis zu 100 Frauen mit Schablonen an der farbigen Fassung der Ansichtskarten. Ihre Entlohnung war gering. Ein Zeichenatelier fertigte nach Bedarf repräsentative Rahmen für die Karten oder Darstellungen in besonders großen Formaten. In den Kellerräumen befand sich ein umfangreiches Papierlager. Im Verlags-und Hauptkontor sorgten fast 60 Mitarbeiter für eine korrekte Buchhaltung und ein reibungsloses weltweites Versandgeschäft. Täglich konnten bis zu 20.000 farbige Ansichtskarten produziert werden und pro Woche verließen bis zu drei Millionen Ansichtskarten die Produktion. Und das alles ohne Bahnanschluss: Anfangs erfolgte der Transport zum Bahnhof ausschließlich mit Pferdefuhrwerken!

Die Firma erreichte ihre Blütezeit bis in die 1920er Jahre und lieferte Ansichtskarten in viele Länder der Erde. Oft gab es von einem Motiv auch eine Nachtansicht. Zusätzlich wurden Werbepublikationen für Industriebetriebe in hoher Qualität und nach Kundenwunsch gefertigt. Die Firma Trenkler besaß einen ausgezeichneten Ruf und konnte technisch alles realisieren was zu dieser Zeit im Bereich Fotographie und Kunstdruck möglich war. So erhielt sie 1913 zur Internationalen Baufachausstellung in Leipzig das alleinige Fotorecht.

Die besondere Qualität der Erzeugnisse brachte viele Preise und Anerkennungen ein: 1909 eine Goldmedaille auf einer „Internationalen Fachausstellung für Photographie“, und 1910 wurde der Firma auf der Weltausstellung in Brüssel ein Ehrendiplom verliehen. Auch in den Folgejahren mangelte es nicht an Würdigungen. Ein 1910 geplanter Südflügel des Firmengebäudes wurde nie realisiert.

Reisende Vertriebsmitarbeiter übernahmen die Werbearbeit mit Tausenden von Mustern. In verschiedenen europäischen Städten, z.B. in Brüssel oder Den Haag, befanden sich eigene Firmenvertretungen. Für neue Motive aus dem In- und Ausland sorgten bis zu zehn reisende und gut ausgebildete Fotographen. Es soll einen Musterkatalog mit ca. 25.000 Ansichtskarten existiert haben. Eine fast unvorstellbare Anzahl, von denen der größte Teil Stadtansichten waren.

Am 10. September 1926 starb der Firmengründer Dr. Bruno Trenkler. Er fand auf dem Südfriedhof seine letzte Ruhe.
Die Firma Trenkler gliederte in den folgenden Jahren die Ansichtskartenproduktion aus. Eine Druckerei in der Dessauer Straße 13 übernahm diese Aufgabe.  Die Räume in der Unteren Eichstädtstraße 11 waren nicht mehr voll ausgelastet. Sicher spielte dabei auch die Weltwirtschaftskriese eine Rolle.

Ab 1931 produzierte die Firma Dr. Dietz & Ritter Fabrik für Radio-Erzeugnisse und Transformatoren in diesem Gebäude. In den 1930er Jahren wurden Radios der Marke „Körting“ hergestellt. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Firma zur Rüstungsproduktion herangezogen. Zeitzeugen berichteten von Prüfungen wie Rütteltests von Bordfunkgeräten für Flugzeuge. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte die Enteignung und Demontage, da das Werk in die Rüstungsindustrie eingebunden war. Schwere Zeiten brachen für die Mitarbeiter an, um mit den wenigen noch vorhandenen Mitteln eine Produktion einzurichten. 1948 gehörte die Produktionsstätte zum damaligen VEB Funkwerk Leipzig und in den folgenden Jahrzehnten zum VEB Fernmeldewerk Leipzig.

Nach 1990 übernahm die Siemens-Kommunikationstechnik GmbH die Nachfolge des Unternehmens. Das Haus wurde saniert und als Bürogebäude genutzt. Seit einigen Jahren ungenutzt, wartet das unter Denkmalschutz stehende Fabrikgebäude heute auf neue Nutzer. Im Hof ist das Heizhaus mit Schornstein zu sehen. Die Fa. Hildebrand Immobilien arbeitet an einer neuen Nutzung für das Gebäude einer einstigen Weltfirma.

Quellen/Literatur/Links:
Pro Leipzig e.V., Gerhild Schwendler: Stötteritz – ein Leipziger Stadtteillexikon. Leipzig 2014.
Wikipedia: Dr. Trenkler & Co

Autor/in:
M. Mann

Datum:
20.03.2017

Überarbeitet 11.01.2022 C. Klußmann

Abbildungen:
M. Mann 18.01.2016
Ansichtskartenmotiv von Stötteritz der Firma Trenkler von 1910 (Eigentümer: Leibniz Institut für Länderkunde)
Firmenlogo von 1907; Quelle: Wikipedia




VEB Werkstoffprüfmaschinen

Titel des Objekts:
ehem. VEB Werkstoffprüfmaschinen

Adresse:
Quartier Arthur-Hoffmann-Str. / Arndtstr / Lößniger Str. / Alfred-Kästner-Str.

Stadtteil:
Südvorstadt

Objektgröße:
ca. 12000 m²

Ursprüngliche Nutzung:
Herstellung von Messgeräten zur Werkstoffprüfung

Heutige Nutzung:
Wohnungen, Gewerbe, Handel

Denkmalstatus:
Obj.-Dok.-Nr. 09295077

Bau- und Firmengeschichte:

Im Jahr 1881 von Louis Schopper als Handwerksbetrieb zur Herstellung von Waagen gegründet. Später werden auch Geräte zur Festigkeitsprüfung von Werkstoffen und Bauteilen produziert. Um dem steigenden Bedarf gerecht zu werden, erhöht man die Kapazitäten und erweitert das Sortiment.

1931 hat die Firma 450 Beschäftigte. Das Werk wird im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört und die Firma befindet sich bis 1952 unter sowjetischer Verwaltung.

Danach wird es dem VEB Werkstoffprüfmaschinen eingegliedert. Rund 75% der Produktion sind Neuentwicklungen. Mit 1000 Beschäftigten werden Universalprüfmaschinen gebaut. Das Werk 2 in Connewitz entsteht.

Nach 1990 wird als Kapitalgesellschaft mit reduziertem Umsatz weitergearbeitet. Mehrere Eigentümerwechsel folgen.
Die Nachfolgefirma WPM Werkstoffprüfsysteme Leipzig GmbH sitzt heute im Gewerbegebiet Wachau (Markkleeberg).

Am alten Standort wurden die verschlissenen Anlagen und Gebäude abgerissen. Die erhaltenen Gebäude werden saniert und er Nutzung durch Gewerbe, Handel und Wohnen zugeführt. Auf den Abrissflächen entstehen neue kleinteilige Wohngebäude.

Objektbeschreibung:
Bei den erhaltenen Gebäude handelt es sich um sanierte Ziegelbauten

Quellen/Literatur/Links:
eigene Kenntnisse
https://de.wikipedia.org/wiki/WPM_Werkstoffpr%C3%BCfsysteme_Leipzig
http://www.wpm-leipzig.de/

Autor:
Helmut Sander

Datum:
14.02.2017

Abbildungen:
Helmut Sander, November 2020




Werk 2

Titel des Objekts:
WERK 2 – Kulturfabrik Leipzig e. V.

Adresse:
Kochstraße 132, 04277 Leipzig

Ortsteil:
Connewitz

Datierung:
erste Erwähnung 1848 als Gasmesserfabrik

Objektgröße:
ca. 5500 m²

Ursprüngliche Nutzung:
Herstellung technischer Messgeräte

Heutige Nutzung:
kulturelle Veranstaltungen, Kreativwerkstätten, Vereine
Höhepunkte: (früher) Veranstaltungen beim Wave-Gotik-Treffen, alternativer Weihnachtsmarkt, Konzerte

Bau- und Firmengeschichte:
1848 als Gasmesserfabrik gegründet, Erweiterungen durch eine Eisengießerei
1886 Bau einer dreischiffigen Industriehalle (Halle A)
Erweiterungen durch Nebengebäude und eine kleine Halle (Halle D)

1942/43 Einrichtung als Zwangsarbeiterlager
1948 Verwaltung durch die Stadt Leipzig
1952 Angliederung als Betriebsteil („Werk 2“) an den VEB Werkstoffprüfmaschinen in der Südvorstadt

1990 Stilllegung der Produktion
bereits 1990 erste Ideen für eine kulturelle Nutzung
1992 Gründung des Leipziger Kulturzentrums Connewitzer Kreuz e.V., dem heutigen WERK 2 – Kulturfabrik Leipzig e.V. als größtes soziokulturelles Zentrum in Sachsen

Objektbeschreibung:
vorwiegend sanierte Klinkerbauten und Hallen zwischen einer mehrgeschossigen Wohnbebauung

Quellen/Literatur/Links:
eigene Kenntnisse
http://www.werk-2.de/verein/chronik/
https://de.wikipedia.org/wiki/Werk_2

Autor/in:
Helmut Sander

Datum:
13.02.2017

Abbildungen:
Michael Hartwich




Großmarkthalle

Titel des Objekts:
ehem. Großmarkthalle, genannt „Kohlrabizirkus“

Adresse:
An den Tierkliniken 42, D-04109 Leipzig
Ortsteil:
Zentrum – Südost

Objektgröße:
beide Hallen: 5300 m²
inkl. Außenfläche ca. 80000 m²

Ursprüngliche Nutzung:
Großhandel mit Obst und Gemüse

Heutige Nutzung:
Veranstaltungen, Nachtflohmärkte, Eisdom

Denkmalstatus:
Obj.-Dok.-Nr.: 09295561

Bau- und Firmengeschichte:

1927-29 nach einem Entwurf von Stadtbaurat Hubert Ritter, Franz Dischinger und Hubert Rüsch von Dyckerhoff & Widmann gebaut, damals die größten Massivkuppeln der Welt, mit Gleisanschlüssen der Bahn und der Straßenbahn. Die Obst- und Gemüsehändler Leipzigs kauften dort ihre Ware und brachten sie mit Pferdefuhrwerken oder LKW in ihre Geschäfte. Von 1927 bis 1964 gab es auch den Markthallenverkehr der Straßenbahn mit umgebauten oder speziellen Güterwagen. Die Anlieferung mit der Bahn war besonders während der damals üblichen Einkellerung der Kartoffeln nützlich, als in kurzer Zeit große Mengen Kartoffeln benötigt wurden.

Der Marktbetrieb ging bis 1994, dann siedelte der Obst- und Gemüsegroßhandel in ein neues Gewerbegebiet im Norden Leipzigs an der Autobahn. Seither werden die beiden Kuppelhallen nur zeitweise für Veranstaltungen, für Nachtflohmärkte und als Eisdom genutzt. Eine dauerhafte Nutzung steht nicht in Aussicht. Die südlich vorgelagerte rechteckige Halle wurde bis 2007 von einem Supermarkt genutzt, jetzt befindet sich dort eine Selbstlagereinrichtung.

Die Stadt will das Gelände im Juli 2021 kaufen und eine dauerhafte Nutzung fördern (siehe Pressemitteilung).

Objektbeschreibung:

Stahlbeton-Schalenbauweise, 9 cm Schalendicke, 75 m Spannweite, 29 m hoch, in relativ gutem Zustand, die Gleisanlagen der Bahn sind z.T. noch erhalten, aber inzwischen von hohen Bäumen zugewachsen.

Quellen/Literatur/Links:

eigene Kenntnisse
https://de.wikipedia.org/wiki/Kohlrabizirkus
http://www.kohlrabizirkus-leipzig.de/frameset_d.htm
https://books.google.de/books?id

Autor:
Helmut Sander

Datum:
14.02.2017

Abbildungen:
Michael Hartwich




Buntgarnwerke

Objekt:
früher: Sächsische Wollgarn-Fabrik Aktiengesellschaft vormals Tittel & Krüger
DDR: VEB Buntgarnwerke Leipzig
heute: Loftwohnungen, Gewerbe

Adresse: Nonnenstraße 17-21 / Holbeinstraße 14

Stadtteil: Plagwitz (Nonnenstraße) / Schleußig (Holbeinstraße)

Industriezweig/Branche/Kategorie: Textilindustrie

Kurzcharakteristik: repräsentative Backsteinarchitektur, hervorragendes Industriedenkmal

Datierung: 1875

Objektgröße: 50.000 m²

Bau- und Firmengeschichte:
1866 – Gründung eines Garnhandels im Stadtzentrum durch Carl Augustin Tittel, ab 1869 mit Teilhaber August Andreas Krüger
1875 -1878 – Bau einer Fabrik für Tapisseriewaren (Nonnenstraße), Bau einer Dampffärberei auf dem heutigen Grundstück, weiterer Ausbau als Wollgarnspinnerei
1887 – Gründung der Sächsische Wollgarn-Fabrik Aktiengesellschaft vormals Tittel & Krüger
1888 – Hochbau West (östlich der Nonnenstraße), modernes Gebäudetragwerk mit repräsentativer Fassadenarchitektur
1897 – Betriebswohnungen westlich der Nonnenstraße
1906 – Hochbau Süd an der Holbeinstraße, Verbindung durch eine zweigeschossige Brücke über die Weiße Elster und eine Brücke für das Anschlussgleis (2015 abgerissen), mehrere Änderungen der Firmenstruktur, Einschränkungen durch die Weltwirtschaftskrise
1931 –
das Unternehmen meldet Konkurs an; weitere Einschränkungen durch den Zweiten Weltkrieg
1945-1951 – treuhänderische Verwaltung, danach Volkseigentum
1969 – Vereinigung mit anderen Betrieben als VEB Buntgarnwerke Leipzig
nach 1989 – Abwicklung durch die Treuhand
ab 1991 – Umwandlung in eine GmbH, Verlagerung der Produktion inklusive der technischen Ausrüstungen nach Tschechien
1992 – Verkauf an eine Erbengemeinschaft und Investoren, schrittweise Sanierung ab 1993 durch verschiedene Eigentümer und Investoren, vorwiegend in Loftwohnungen und Gewerbeflächen (Elster-Lofts, Elster-Business-Park, Venezia-Quartier), Würdigung der gelungenen Sanierung als EXPO-Objekt 2000

Objektbeschreibung: sanierte Klinkerbauten. Die Besonderheit bei der Sanierung des Hochbaues West ist die Entkernung in der Mitte als Lichthof sowie die zweigeschossigen Lofts zur Anpassung an hohen Geschosshöhen des Industriebaus. Der Gebäudekomplex der Buntgarnwerke auf beiden Seiten der Weißen Elster gilt als das größte erhaltene Industriedenkmals Deutschlands.

Quellen/Literatur/Links:
http://www.leipzig-lese.de/index.php?article_id=693
www.google.de Bildersuche: Buntgarnwerke Leipzig Loft
Sikora, Bernd (2010): Industriearchitektur in Sachsen. Erhalten durch neue Nutzung. Edition Leipzig.

Autor: Helmut Sander, 21.06.2017; Kathrin Töpfer, 06.02.2022

Bilder: Quellen Helmut Sander/ eigene Aufnahmen Michael Hartwich (Juli 2016)