Museum für Druckkunst

Titel des Objekts: Museum für Druckkunst Leipzig

Adresse: Nonnenstraße 38

Stadtteil: 04229 Leipzig-Plagwitz

Industriezweig/Branche/Kategorie: Polygraphisches Gewerbe

Kurzcharakteristik: Museum zum „Anfassen“ in einem ehemaligen Druckereigebäude

Datierung: 1915-17 Errichtung der Gebäudefront zur Nonnenstraße, Umgestaltung der Fassadenfront in den Jahren 1922-23 mit Art Déco-Elementen. Die den viereckigen Hof begrenzenden Fabrikteile sind älter und wurden ca. 1908 errichtet.

Objektgröße: ca. 4000m²

Ursprüngliche Nutzung: Um 1876 begann eine Firma für Strickmaschinen mit der Produktion auf dem Gelände. Eigentümer war der Kaufmann Gustav Ludwig Oehmler. Die ersten baulichen Anlagen des Grundstückes befanden sich im heute hinteren Bereich des Hofes in Richtung Gleisstraße. 1908 erfolgt die Übernahme durch Theodor Wilhelm Weickart und die Umgestaltung zur heute vorhandenen vier Flügel umfassenden Fabrikanlage. Hergestellt wurden nun Brenner für Gas- und Petroleum. Eine Erweiterung der Lampenfabrik erfolgte in den Jahren 1915-17 mit einem Neubau der Front an der Nonnenstaße. Im Gegensatz zum Vorgängerbau (zwei Etagen) verfügt das neue Gebäude nun über eine Ebene mehr. Durch fortschreitende Nutzung der elektrischen Beleuchtung verließ die Fabrik für Gas- und Petroleumbrenner das Areal. Ab dem 8.September 1921 war die Leipziger Reisebuchhandlung Dr. Karl Meyer GmbH neuer Nutzer der Gebäude. Das Unternehmen wurde bereits 1919 gegründet und verlegte seinen Firmensitz 1922 in die Nonnenstraße 38. Am neuen Standort arbeiteten bis zu 350 Angestellte in verschiedenen Bereichen wie Druckerei und Buchbinderei. Ebenso wurden Gegenstände des Kunsthandels vor Ort gefertigt. Der Buch- und Kunstverlag wuchs. So entstanden 1922 die beiden Fahrstuhltürme und erleichterten Transport und Fertigung. Hergestellt wurden diese vom bekannten Plagwitzer Unternehmen Unruh und Liebig. Das erfolgreiche Unternehmen wollte sich auch nach außen repräsentieren. Es beauftragte den Architekten Edgar Röhrig in den Jahren 1922/23 mit der Umgestaltung der Fassade zur Nonnenstraße im Stil des Art Déco. Seinen Namen und die Jahreszahlen der Arbeit trägt eine noch heute vorhandene Relief-Palette im Putz rechts neben dem Eingang. Ebenso wurden die Räume des Vorderhauses mit in den Umbau einbezogen. Entstanden ist eine dezente Fassade im damaligen Zeitgeist, die ihresgleichen im Stadtbild sucht. Den Zweiten Weltkrieg überstand das Haus ohne Schäden und die Firma Dr. Karl Mayer konnte weiter produzieren. Jedoch ging die Verstaatlichungswelle nicht an dem Privatunternehmen vorüber. Zu Beginn des Jahres 1953 erfolgte die Zwangsverstaatlichung. Als Teil des VEB Offizin Haag Drugulin kam es 1954 zur erneuten Änderung des Firmennamens: Im Verbund mit anderen Druckereien ging das Unternehmen im VEB Offizin Anderson Nexö auf. Die Produktion lief auf Hochtouren bis in die Zeit um 1990/1991. Nach dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umbruch fehlten die Absatzmärkte. Die Anlagen waren veraltet. Nach einer Phase der Ungewissheit kam es 1994 zur Gründung des Museums. Der Verleger Herr Ekkehart Schumacher Gebler war Initiator und treibende Kraft. Ihm hat Leipzig dieses einmalige Museum zu verdanken. Es folgte ein etappenweiser Umbau, der den Charakter des Hauses erhalten hat. Im Jahr 1999 konnte die unter Denkmalschutz stehende Fassade zur Nonnenstraße nach der Sanierung neu erstrahlen.

Heutige Nutzung: Hervorragend restauriert kann man hier an einem authentischen Ort die Entwicklung der für Leipzig prägenden Branche erleben. War in diesem Haus die sogenannte Schwarze Kunst doch schon seit Jahrzehnten ansässig und ist es bis heute geblieben. Beim Eintreten riecht man schon bald den typischen Geruch von Druckerschwärze und Öl. An Wochenenden oder anderen Terminen kann man die Technik in Betrieb erleben, Blei wird geschmolzen und in Form für Buchstaben oder Noten gebracht. Anschaulich und verständlich erlebt man hier die Prozesse Gießen, Setzen sowie Drucken in Werkstattatmosphäre. Besucher können auch Handabzüge selbst erstellen und die Werkstatt wird rege von Künsteln genutzt. Hier kann man alles über die verschiedensten Techniken der Polygraphie erfahren. Das Herzstück der Sammlung ist die Schriftgießerei, sie bildet mit ihren mehren tausend Schriftarten eine in Europa einmalige Vielfalt und den Ausgangspunkt zu Drucken aller Art und Größe. Früher wurden die Bleibuchstaben noch von Hand gegossen und der Schriftsetzer erstellte die Texte daraus ebenfalls per Hand. Später gab es bereits Maschinen, wie die Monotype aus England. So konnte Satz zum Drucken per Lochstreifen von der Maschine gelesen und gegossen werden. Ein großer Fortschritt und für Jahrzehnte der Standard in der Bleisatzherstellung. Einige dieser fantastischen Maschinen sind noch heute bei Firmen aktiv. Eine umfangreiche Palette von ca. 100 funktionstüchtigen Maschinen zeigt das Haus zu den Herstellungsschritten Guss-, Satz- und Drucktechnik. Diese wurden in verschiedenen Zeitepochen entwickelt und eingesetzt. Viele Bauarten und Techniken vermitteln einen Einblick in die facettenreiche Branche und den Erfindergeist der Menschen. Ziel war stets die Produktion effizienter und billiger zu gestalten. Alles Wissen der Menschheit war früher im Medium Buch zu finden und „gespeichert“. Die Herstellung von Büchern hat sich seit Gutenberg in den folgenden fünf Jahrhunderten gewaltig verändert. Aus Handsatz wurde Computersatz. Das Exponat einer Offsetdruckmaschine aus dem Jahr 1978 schafft den Übergang zu neuerer Drucktechnik. All die Zwischenschritte werden hier im Haus den Besuchern gezeigt als auch von fachkundigen Personal erklärt. Tiefdruck in Verbindung mit Kupferstich sowie Lithographie wird in dem einmaligen Museum gleichfalls repräsentiert. Diese Techniken wurden früher oft für Illustrationen und Bilder verwendet. Eine Besonderheit war damals auch der Notendruck. Gern nehmen Künstler die Möglichkeit wahr, sich den alten Herstellungstechniken zu bedienen und schaffen dabei außerordentliche Werke. 2008 konnte das Museum um eine Xylographie-Werkstatt erweitert werden. Hier kann man alles über den Holzstich erfahren.

Eine besondere Rarität ist die Lichtdruckwerkstatt. Diese geniale Technik ist voll funktionstüchtig und nutzbar. Sie ist in der Welt fast einmalig und nur hier zu bestaunen. Eine zweite Lichtdruckmöglichkeit befindet sich nur noch in Japan. Ebenso gibt es Angebote für Kinder und Familien. Sonderausstellungen sowie spezielle Führungen und Tagungsmöglichkeiten runden das Profil des Hauses ab. Ein neu gestalteter Innenhof lädt die Besucher zum Verweilen ein. Im Museumsshop findet man Drucksachen, die im Haus gefertigt wurden, Karten für Einladungen u. ä. oder Bleibuchstaben zur Verwendung als Stempel und vieles mehr. Ein Ort wirklicher Industriekultur in Verbindung mit der Polygraphie, den man nicht zur einmal besucht haben sollte!

Objektbeschreibung: Das historische Ensemble verfügt über eine in Leipzig seltene Art Déco-Fassade zur Nonnenstraße, die in den letzten Jahren umfassend saniert wurde. Der Eingangsbereich liegt nicht symmetrisch zur Mittelachse des Hauses. Ein Dreiecksgiebel betont die obere Etage. Den rechteckigen Hof begrenzen Klinkerbauten. Verwendet wurden dort rote Klinker und gelbe Steine als Fensterbögen. Sie zeigen Industriearchitektur der Jahre um den Ersten Weltkrieg. Im authentischen Flair kann der Besucher hier in die Geschichte des polygraphischen Gewerbes erleben. In dieser Branche haben über Jahrzehnte Leipziger Familien Arbeit gefunden. Eine Besonderheit bilden auch die noch vorhandenen Fahrstühle von 1922. Der Aufzug im öffentlichen Treppenhaus des Museums verfügt über einen außergewöhnlichen Brems-Mechanismus, den es in Leipzig nur noch an einer weiteren Stelle gibt. Neben dem eigentlichen Museum gibt es noch Räume für Sonderausstellungen, Büros und Werkstätten sowie einen Saal für Tagungen. Leipzig, als DIE ehemalige Buchstadt Europas und der Welt hat damit ein einzigartiges Museum zur Polygraphie an einem authentischen Ort, welches zeigt, dass Drucken eine Kunst ist!

Quellen/Literatur/Links:

Museum für Druckkunst Leipzig, Öffentlichkeitsarbeit Frau Hartmann

http://www.druckkunst-museum.de/home_de.html

Autor: M. Mann

Datum: 25.10.2016

Abbildungen:

1-5 Museum für Druckkunst Leipzig, Öffentlichkeitsarbeit Frau Hartmann (M. Mann )

Restliche Aufnahmen: M. Mann 02.09.2016 und 11.09.2016




Tapetenwerk

Titel des Objekts:
Tapetenwerk Leipzig

Adresse:
Lützner Straße 91, 04177 Leipzig

Stadtteil:
Leipzig-Lindenau

Industriezweig/Branche/Kategorie:
Papierverarbeitung, Verpackungsmittelherstellung

Kurzcharakteristik:
Firmenbau mit 2 Etagen zur Lützner Straße und weiteren Nebengebäuden

Datierung:
ab ca. 1883

Objektgröße:
Gesamtfläche ca. 4500m², davon etwa 30% unbebaut

Ursprüngliche Nutzung:
Herstellung von Tapeten und weiterer dekorativer Papiererzeugnisse

Heutige Nutzung:

Vermietung professioneller Räume für „Kreative“ der Richtungen Kunst, Design, Architektur
Galerie-und Ausstellungszentrum, Vorhandensein von Ateliers z. B. für Fotografen, Maler, Goldschmied

Bau- und Firmengeschichte:
Errichtet in der Gründerzeit um 1883 als Tapetenfabrik R. Langhammer. Eigentümer waren die Herren Adolf und Robert Langhammer. In späteren Jahren firmierte das Werk als Tapetenfabrik R. Langhammer Nachf. Emil Zilling KG  und die Leitung oblag dem Direktor Emil Zilling, Schwiegersohn des Gründers. Unter Zilling wurde das Unternehmen zum zweitgrößten Tapetenhersteller Deutschlands. 1908 konnte das Werk sein 25jähriges Jubiläum feiern. Dem Produktionsprofil blieb man am Standort treu.

In der DDR wurde das Werk verstaatlicht und als VEB Tapetenwerk Leipzig geführt. Auch an den Maschinen hatte sich über die Jahrzehnte sicher nur wenig geändert. Ebenso wurde kaum in den Erhalt der Bausubstanz investiert. Verschwunden ist leider der ursprünglich geschwungene Aufbau des Giebels an der Front zur Lützner Straße. Vielleicht war das Dach defekt und man hat das Obergeschoss dabei begradigt. Für Schmuck und Ästhetik fehlten in der DDR das Geld und der Sinn.

Ab 1976 war das Tapetenwerk ein Teilbetrieb des VEB Verpackungsmittelwerk Leipzig. Produziert wurden hier in späteren Jahren unter anderem auch Platzdeckchen aus Papier für den Bordservice in Flugzeugen. Bis zur Wende 1989 gab es sicher keine weiteren Veränderungen. Danach kam die Überführung des Werkes in eine GmbH, die sich aber nur wenige Jahre am Markt behaupten konnte. Das traditionsreiche Werk wurde geschlossen. Im August 2006 begannen die heutigen Eigentümer sich um den Erhalt und eine Nutzung der Anlagen zu kümmern. Am 01.07.2007 übernahmen sie die Gebäude durch Kauf von der TLG Immobilien GmbH.

Ein Jahr zuvor fand zum Thema „verspinnen“ die erste Kunstaktion in den ehemaligen Fabrikräumen statt. Die Eigentümer, beide Architekten, wollen durch Wiederverwenden ausgebauter Teile den Ort als ehemaligen Produktionsstandort authentisch erhalten und der Leipziger Kreativszene preiswerte Gewebeflächen anbieten. Heute laden Workshops und wechselnde Ausstellungen regelmäßig Interessierte in die verschiedenen Gebäude auf dem Gelände. Im Frühjahr und Herbst können bei Rundgängen Kunstaktionen erlebt werden. Auch karitative Veranstaltungen werden durchgeführt und Erlöse gemeinnützigen Projekten zugeführt.

2012 wurde das Tapetenwerk in die Good-Practice Datenbank der Netzwerkreihe wieweiterarbeiten – ARBEITSORTE DER ZUKUNFT der Bundesstiftung Baukultur aufgenommen.

Objektbeschreibung:

Das mit verschiedenen gründerzeitlichen Fabrikgebäuden in Klinkerbauweise bebaute Areal erstreckt sich von der Lützner Straße bis zum Henriettenpark. Viel Wert legen die Eigentümer in eine behutsame Erhaltung der Bausubstanz und dem Wiedereinsatz von erhaltenen originalen Bauteilen in den Gebäuden. Damit bleibt der Charakter und die Authentizität des Ortes erhalten.

Quellen/Literatur/Links:

www.tapetenwerk.de – Internetseite der Eigentümer und Betreiber

Ansprechpartner Vermietung:

Jana Reichenbach-Behnisch, Dipl. Ing. Architektin

rb architekten

Büro Tapetenwerk

Haus B 1. Obergeschoss

Lützner Straße 91

04177 Leipzig

fon 0341 – 4 92 82 36

info (at) tapetenwerk.de

Autor/in:

M. Mann

Datum:

12.04.2016

Abbildungen:

1) sw-Bild: Manfred Neuhold, ca. 1970

2) M. Mann verschiedene Aufnahmen vom 19.04.2016




Bahnhof Plagwitz

Titel des Objekts:

Bf. Leipzig-Plagwitz

Adresse:

Engertstraße 36 , 04229 Leipzig

Stadtteil:

Leipzig-Plagwitz

Industriezweig/Branche/Kategorie:

Verkehrswesen/Eisenbahn

Kurzcharakteristik:

ehemals der erste Industriebahnhof Europas mit Doppelung der Bahnbetriebswerke und Empfangsgebäude durch die damaligen Eisenbahnverwaltungen, heute Haltepunkt der S-Bahn Mitteldeutschland (S1) und Halt für Regionalbahnen, parkähnlicher Bürgerbahnhof mit Spiel-und Freizeitmöglichkeiten auf ehemaligen Bahngelände im Aufbau.

Datierung:

Eröffnung am 20.Oktober 1873

Objektgröße:

Empfangsgebäude und ca. 50 Hektar Bahngelände

Ursprüngliche Nutzung:

wichtiger Güterbahnhof zur Versorgung der Plagwitzer Industriebetriebe Durchgangsbahnhof und Ausgangspunkt verschiedener Strecken sowie umfangreicher Anschlussbahnen

Heutige Nutzung:

Trennungsbahnhof, Personenverkehr auf folgenden Strecken:

Leipzig-Leutzsch-Gera-Saalfeld, bedient von der Erfurter Bahn

Leipzig-Plagwitz-Miltitzer Allee, bedient von der S1 S-Bahn Mitteldeutschland

Leipzig-Plagwitz-Gaschwitz, kein regelmäßiger Personenverkehr, dient als Umleitungstrecke für den City-Tunnel Leipzig

Im Empfangsgebäude befindet sich noch ein Restaurant und in den angrenzenden Güterschuppen einige Firmen. Die 6 vorhandenen Stellwerke wurden 2011 durch ein elektronisches Stellwerk ESTW-A ersetzt und teilweise abgebrochen. Im preußischen Lokschuppen hat das Eisenbahnmuseum Leipzig seinen Sitz und veranstaltet Sonderfahrten und 2mal im Jahr die „Leipziger Eisenbahntage“. Der sächsische Rundlokschuppen ist ohne Drehscheibe und Gleisanbindung noch vorhanden und wird gewerblich genutzt. Vom Eisenbahnbetrieb freigegebene Flächen werden stückweise als „Bürgerbahnhof Plagwitz“ einer Freizeitnutzung zugeführt und entsprechend umgestaltet.

Bau- und Firmengeschichte:

Als am 11.11.1871 für die Strecke Leipzig-Pegau-Zeitz auf dem Gelände des heutigen Bf. Plagwitz der erste Spatenstich erfolgte, konnte noch keiner ahnen, was sich hier mal für ein wichtiger Güterknoten entwickeln sollte. Die erste Lokomotive erreichte Plagwitz am 08.03.1873 während einer Probefahrt vom damaligen Barneck, heute Bf. Leipzig-Leutzsch. Mit der Streckeneröffnung Leipzig-Gera-Saalfeld am 20.10.1873 durch die Thüringer Eisenbahn wurde in Plagwitz der erste Bahnhof in Betrieb genommen und kurze Zeit später entstand der erste Industriebahnhof Europas.

Karl Heine, ein bekannter Leipziger Industriepionier, bemühte sich um einen „Gleisanschlussvertrag“ mit der damaligen Preußischen Staatseisenbahn. So konnten die ersten Anschlussgleise und Ladestellen für die Plagwitzer Firmen errichtet werden. Der direkte Gleisanschluss für Betriebe war damals revolutionär. So konnte zum Beispiel Kohle für die Dampfmaschinen gleich bis in die Fabriken gelangen und deren Fertigprodukte direkt versandt werden. Kleinere Unternehmen ohne eigenen Gleisanschluss nutzten die Ladestellen für An- und Abfuhr ihrer Grundstoffe und Produkte. Ein Jahr später, also 1874, sollen bereits 37 Firmen über die Eisenbahn erreichbar gewesen sein und ein „Transport-Comptoir“ – heute simpel Büro genannt – regelte den Betriebsablauf der Anschlussbahnen. Am 01.09.1879 wurde die Strecke Plagwitz-Gaschwitz von der Sächsischen-Staatseisenbahn auf Betreiben von Karl Heine in Betrieb genommen. So erhielt Plagwitz ein zweites, sächsisches Empfangsgebäude mit der Bezeichnung „Plagwitz-Lindenau Sächsischer Staatsbahnhof“. In diesem Bahnhofsteil, später auch als „Karl-Heine-Bahnhof“ bezeichnet, wurde bis 1920 auch Personenverkehr abgewickelt. Ein wichtiger Grund für den Bau der Bahn war der Vorteil für die Industrie. Sie profitierte von gesunkenen Frachtgebühren für Kohle aus der Zwickauer Steinkohleregion, die über die Sächsische-Bayerische Staatseisenbahn nach Leipzig gelangte. Das Gleisnetz musste umfangreich erweitert werden und dabei entstand auch die noch heute als Gebäude vorhandene Ladestelle I an der Industriestraße. Das Netz der Anschlussbahnen geht am 1. April 1886 durch Kauf an den Sächsischen Staat über. Es kommt zur Errichtung weiterer Ladestellen: Ladestelle II Gleisstraße, Ladestelle III Guths-Muths-Straße.

Ab 1886 erfolgt im Gleisnetz der Anschlussbahnen der Betrieb mit Lokomotiven, vorher bewegten Pferde die Wagen. In den Jahren 1886/87 werden erneut Erweiterungen der Gleisanlagen vorgenommen. Ein wichtiger Schritt war 1887/88 der Bau der „Verbindungsbahn“ nach Connewitz, deren Reste wie Bahndämme oder Fragmente von Brückenwiderlagern noch heute erkennbar sind.

Am 17. September 1888 geht diese Strecke in Betrieb und bietet der expandierenden Industrie von Plagwitz spürbare Vorteile. So verkürzt sich die Streckenlänge zur Sächsisch-Bayerischen Staatseisenbahn gegenüber der Bahn über Gaschwitz und damit sinken auch Fahrzeit und Frachtgebühren. 1897 wird die Strecke nach Lützen, die im folgenden Jahr Pörsten erreicht, in Betrieb genommen. 1899 ist Plagwitz der größte Güterbahnhof Leipzigs. Im Jahre 1907 wird die Strecke vom Gaschwitz in den preußischen Bahnhofsteil eingebunden. Dieser Bahnhofsteil wurde dann auch als „Zeitzer Bahnhof“ bezeichnet. Nach Gründung der Deutschen Reichsbahn im Jahre 1920 wurden beide Plagwitzer Bahnhöfe zusammengefasst und der Personenverkehr im ehemals preußischen Bahnhofsteil konzentriert.

Bis 1922 hieß der ehemals sächsische Bahnhofsteil „Plagwitz-Lindenau-Industriebahnhof“. Ab 1922 als „Leipzig-Plagwitz-Industriebahnhof“ bezeichnet. 1925 kommt es zur Einstellung des Verkehrs auf der „Verbindungsbahn“ nach Connewitz. Nachdem in Leipzig im Zusammenhang mit dem Bau des Hauptbahnhofes ein leistungsfähiger Güterring entstanden ist, wurde diese eingleisige Verbindung nicht mehr benötigt und ab ca. 1930 zurückgebaut. Am 12.07.1969 wurde Leipzig-Plagwitz ein Haltepunkt der an diesem Tag in Betrieb genommen Leipziger S-Bahn. In den 1970er Jahren kam der Haltepunkt „Schwarzestraße“ an der Strecke nach Gaschwitz für den S-Bahn Verkehr hinzu. Er befand sich noch im Bahnhofsbereich von Leipzig-Plagwitz und ist heute nicht mehr in Betrieb, da es auf der Strecke keinen fahrplanmäßigen Personenverkehr gibt. Zur Erschließung von Leipzig-Grünau wurde ab 25.09.1977 in Teilabschnitten eine völlig neue Strecke für den S-Bahn Verkehr errichtet. Der Endbahnhof von Leipzigs größter Plattenbausiedlung wurde am 01.12.1985 eröffnet und ist heute als „Miltitzer Allee“ Ziel der über Leipzig-Plagwitz verkehrenden S1.

Bis zur Wende waren die Gleisanlagen von Plagwitz völlig ausgelastet. Im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Wegbrechen der Industrie verlor der ehemals bedeutende Güterbahnhof Anfang der 1990er Jahre rasch seine Funktion und die Anschlussbahnen wurden nicht mehr bedient.

Einstellung der Strecke nach Pörsten nach Sanierung im Jahre 1994.

Eine Wildnis mitten in der Stadt begann sich auf den nun ungenutzten Gleisanlagen auszubreiten. Auch die baulichen Anlagen zeigten durch Vandalismus und Brandschäden ein trauriges Bild. Nach Rückbau und völliger Neutrassierung der Gleisanlagen ergab sich die Möglichkeit, das verlassene Gelände vom Eisenbahnbetrieb frei zu stellen und einen „Bürgerbahnhof-Plagwitz“ anzulegen. Neu angelegte Fuß- und Radwege verbinden nun Stadtteile und laden zu Freizeitbeschäftigungen im ehemaligen sächsischen Industrie- und Güterbahnhof ein. Auch konnte eine Einhausung vom ehemaligen Bahnsteig Plagwitz durch engagierte Bürger „gerettet“ werden und wurde als Unterstand neu aufgestellt. Weitere Fläche werden Parkähnlich gestaltet und ein urbaner Wald soll entstehen. Dieser neue Lebensraum soll diesem Stadtteil zu mehr Grün verhelfen sowie der Erholung dienen.

Ehemalige Zollschuppen, die der dortigen Straße ihren Namen gaben, wurden saniert und vor Jahren als Wohnungen umgebaut. So ist auch ein weiteres Gebäude im ehemals sächsischen Teil des Bahnhofs hergerichtet und trägt die Anschrift: „Güterabfertigung Leipzig-Plagwitz Versand“.

Objektbeschreibung:

Das Empfangsgebäude hat eine Ziegel-Putzfassade und auf der Straßenseite einen Turm (Treppenhaus). Es ist noch in einem recht guten baulichen Zustand.

Die beiden neu errichteten Längsbahnsteige bieten mit der fast völligen Graffiti-Bemalung leider keinen Ort, der zum Verweilen einlädt. Bahnhofsatmosphäre will bei dieser modernen Trostlosigkeit sicher nicht aufkommen.

Das Eisenbahnmuseum Leipzig im ehemaligen preußischen Lokschuppen verfügt über die letzte betriebsfähige Dampflok Leipzigs (Baureihe 52) und ein Besuch lohnt sich zu den Veranstaltungen mit wechselnden Themen und interessanten Gastfahrzeugen. Auch werden mehrfach im Jahr Sonderfahrten angeboten.

Der Bürgerbahnhof wird sich noch etablieren und bietet Spiel- plus Erholungsmöglichkeiten sowie Fuß- und Radwege. Nach Fertigstellung der Antonienbrücke wird es auch neue Wegeanbindungen geben, die Anwohner und Besucher ins Grüne führen. Relikte der ehemaligen Nutzung als großer Güterbahnhof werden dem aufmerksamen Betrachter vielleicht zum Nachdenken über diesen Ort der Industrie- und Verkehrsgeschichte anregen. Was war dort mal alles los? Wer hat dort bei Wind und Wetter gearbeitet? Was für Erzeugnisse gingen von hier in viele Teile der Welt?

Vielleicht gelingt dem derzeit notgesicherten „Kontorhäuschen“ aus dem Jahre 1890 auf der Straßenseite neben dem Bahnhof Plagwitz das Überleben. So könnte ein kleines Museum und Veranstaltungsraum von der bewegten Bahn-Vergangenheit in Leipzig-Plagwitz berichten.

Quellen/Literatur/Links:

Hans Joachim Kirsche, „Bahnland DDR“ transpress, VEB Verlag für Verkehrswesen Berlin, 1981

Daten zu Streckeneröffnungen

Eigene Kenntnisse

„Plagwitz- Eine historische und städtebauliche Studie“, Verlag: PRO LEIPZIG, 2008

Autor/in:

M. Mann

Datum:

07.10.2015

Abbildungen:

M.Mann + 30.03.2005




Schimmel & Co.

Objekt
Schimmel & Co. AG

Adresse
Geschwister-Scholl-Straße (urspr. Lindennaundorfer Straße)

Stadtteil
Miltitz

Industriezweig
Chemische Industrie; Herstellung von chemischen Erzeugnissen

Datierung
1899/1900

Architekt
Max Bösenberg

Objektgröße
250.000 m²

Denkmalstatus: Obj.-Dok.-Nr. 09300685

Urspr. / heutige Nutzung
Firmensitz, Produktion und Wohnhäuser für Angestellte, heute: gewerbliche Nutzung

Bau- und Firmengeschichte

1829 beginnt die Geschichte der Firma Schimmel & Co. mit der Gründung eines Handelshauses durch den Apotheker Gottlob Eduard Büttner und den Drogisten Ernst Ludwig Spahn. Als 1838 Büttner aus der Firma austritt, wird er durch Friedrich Edmund Louis Schimmel ersetzt. Weniger Jahre später scheidet auch Spahn aus der Firma aus. Sein Platz wird von Schimmels Bruder Eduard Hermann eingenommen. Die Brüder benennen den Drogenhandel in Schimmel & Co. um.
Nach dem Tod von Louis Schimmel 1854 kauft der Unternehmer Hermann Traugott Fritzsche das Unternehmen, wird sein alleiniger Inhaber, behält aber den Namen Schimmel & Co. bei. Er´und seine beiden Söhne Ernst und Hermann Fritzsche (ab 1868) verhelfen dem Unternehmen zu Weltrang durch die Herstellung ätherischer Öle und künstlicher Riechstoffe. Nicht nur die Rohstoffe stammten aus allen Teilen der Erde. Die Firma errichtete auch Zweigniederlassungen auf allen Kontinenten. Die Erste entstand 1871 in New York. Die besonderen Verdienste berufen sich v.a. auf die rege Forschungstätigkeit der Firma. So eröffneten sie 1879 als erstes Unternehmen ein eigenes Entwicklungslabor. Unter ihrem Namen erschienen zahlreiche wissenschaftliche Publikationen sowie neue Test- und Synthese-Verfahren. 1900 wurde der Hauptsitz von der Berliner Straße in die neu errichteten Gebäude in Miltitz verlegt. 1927 kommt es zur Verschmelzung mit der Leipziger Firma E. Sachsse & Co. und der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. 1943 erklärt Hermann Fritzsche seinen Rücktritt aus dem Unternehmen, wegen unvereinbarer politischer Weltanschauungen.
Nach Kriegsende kommt es zur Verstaatlichung. Der VEB Schimmel, und seit 1956 VEB Chemische Fabrik Miltitz, produzierte weiterhin ätherische Öle, jedoch erlangte er seinen früheren Weltrang nicht mehr zurück.

1993 verkauft die Treuhandgesellschaft die Duft- und Aromakompositionen GmbH Miltitz an die amerikanische Firma Bell, Flavors & Fragrances.

Objektbeschreibung

Beidseitig der heutigen Geschwister-Scholl-Straße, nach dem Bahnübergang, in Miltitz stehen noch die ursprünglichen Gebäuden der Firma Schimmel & Co. Westlich der Straße befinden sich im nördlichen Verlauf das Verwaltungsgebäude, das ehemalige Postamt und die Wohnhäuser für Beamte und Arbeiter. Letztere zeigen deutliche Merkmale des Jugendstils, während das Verwaltungsgebäude noch deutlich Züge des Historismus besitzt. Die zweiflüglige Anlage steht auf einem hohen Natursteinsockel. Die Fassade ist rot verklinkert, wodurch die weißen Zierelemente deutlich hervor treten. Den Abschluss bildet ein mächtiges Kranzgesims. Die Betonung des Gebäudes liegt deutlich auf dem Eckportal mit einem von Säulen getragenen Gebälk und einer Balustrade. Darüber erhebt sich ein Giebel mit hoher Blende. Das Verwaltungsgebäude repräsentierte die Firma, während das Fabrikareal durch eine etwa drei Meter hohe Mauer östlich der Geschwister-Scholl-Straße vor den direkten Blicken Fremder verborgen blieb. Hinter dieser Mauer standen neben den speziell für die Ansprüche der Produktion errichteten Destillationshallen und Labore, auch ein Kesselhaus, Werkstätten und ein Pferdestall für die Gewinnung von Impfstoffen. Hier befindet sich auch heute noch die berühmte Schimmel-Bibliothek mit ca. 30.000 naturwissenschaftlichen Werken. Der rote Ziegel, die Zierelemente aus gelbem Backstein und die hohen Bogenfenster machen die Gebäude zu typischen Vertretern der Leipziger Industriearchitektur vor/um 1900.

Quellen




Schlachthof – MDR

Titel des Objekts:
Schlachthof

Adresse:
04275 Leipzig, Kantstraße 71-73

Ortsteil:
Südvorstadt

Industriezweig/Branche/Kategorie:
Lebensmittelindustrie / Fleischverarbeitung , heute Medienstandort

Kurzcharakteristik:
einzeln stehende Gebäude mit gelber Klinkerfassade und Neubauten in zeitgemäßer Architektur

Datierung:
1888

Objektgröße:
ca. 16 ha

Ursprüngliche Nutzung:
Städtischer Vieh- und Schlachthof

Heutige Nutzung:
Zentrale des Mitteldeutschen Rundfunks

Denkmalstatus:
Obj.-Dok.-Nr.: 09295659

Bau- und Firmengeschichte:

Während der Amtszeit des ersten Leipziger Oberbürgermeisters Otto Georgi wurde nach Entwürfen des Baudezernenten Hugo Licht 1888 der neue städtische Vieh- und Schlachthof im Süden der aufstrebenden Stadt eingeweiht. Der Schlachthof verfügte über einen Gleisanschluss und einen guten Anschluss zur Kanalisation. Die überbaute Fläche betrug zunächst 20000 m². Die rasante Zunahme der Bevölkerungszahl erforderte jedoch eine baldige Vergrößerung auf 50000 m². Er umfasste Schlachthallen, Markthallen und Ställe, ein Kühl- und ein Düngerhaus, eine Sanitäranlage, eine Börse und ein Verwaltungsgebäude. Die einheitliche Gestaltung war gekennzeichnet durch gelbe Klinkerfassaden. Nach 1945 wurde er zum größten Schlachthof der DDR ausgebaut. Im Zuge der Neuordnung der Wirtschaft nach der Wende 1989 ging der Schlachthof in Konkurs und wurde im Juni 1991 geschlossen.

Unter Leitung von Prof. Dr. Udo Reiter † wurde auf dem Gelände die Zentrale des Mitteldeutschen Rundfunks eingerichtet. Die alten Gebäude wurden z.T. abgerissen, zum Teil aber auch erhalten und umfunktioniert. Besonders erwähnenswert ist die ehemalige Börse, in der sich heute die Intendanz befindet. Dort finden auch öffentliche Veranstaltungen statt, z.B. Lesungen zur Buchmesse. In einem neugebauten Hochhaus befinden sich Redaktionen und Studios. Die gewölbte Fassade soll den Bildschirm eines Fernsehgerätes symbolisieren. Nördlich schließt sich die neugebaute Media-City an. Die Fassaden dieser Gebäude sind ebenfalls in gelb gehalten. Dort befinden sich Kooperationspartner des MDR, der Fundus und Studios, z.B. für die Sendereihen „In aller Freundschaft“ und „Riverboat“.

Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des MDR finden auch Führungen statt.

Quellen/Literatur/Links:
eigene Kenntnisse
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlachthof_%28Leipzig%29
http://www.mdr-die-studiotour.de/studiotour-home.html

Autor/in:
Helmut Sander

Datum:
April 2016

Abbildungen:
Michael Hartwich




Baumwollspinnerei

Titel des Objektes:

Baumwollspinnerei

Adresse:

04179, Spinnereistraße 7

Stadtteil:

Lindenau

Industriezweig/Branche/Kategorie:

Textilindustrie / Spinnerei

Kurzcharakteristik:

Relativ gut erhaltene Bauten in rotem Klinkermauerwerk

Datierung:

1884

Objektgröße:

10 ha

Ursprüngliche Nutzung:

Baumwollspinnerei

Heutige Nutzung:

Ateliers, Galerien u.a

Bau- und Firmengeschichte:

Im Ende des 19. Jahrhunderts war es wirtschaftlich sinnvoll, Baumwollgarne nicht mehr zu importieren. 1884 wurde in Leipzig die Baumwollspinnerei gegründet. Das Gelände wurde von Karl Heine mit Anschlussgleis, Zu- und Abwasser und Telefon erworben. Innerhalb von 25 Jahren wurde die Produktion von 30000 auf 240000 Spindeln auf hohem Niveau mit eigener Stromerzeugung und Betriebsfeuerwehr gesteigert. Zur Gewinnung von Fachkräften wurden neben der Erweiterung der Produktionskapazität auch soziale Einrichtungen geschaffen: Spinnereischule, Arbeiterwohnungen, Werkskantine, Kindereinrichtungen, Badeanstalt, Schrebergärten.

Die wirtschaftlichen und politischen Bedingungen im 1. Weltkrieg und zwischen den Kriegen führten zu erheblichen Produktionsschwankungen.

Nach dem 2. Weltkrieg waren 80% Frauen beschäftigt. Das erforderte den Ausbau der Kindereinrichtungen und der Dienstleistungen. Bis zu 4000 Menschen, vorwiegend Frauen, haben bis 1989 im Drei-Schichtbetrieb unter erschwerten Bedingungen hier gearbeitet. Mit der Veränderung der Wirtschaft nach 1989 kam auch hier das Aus. Bis 2000 wurde mit 40 Arbeitskräften noch Reifenkord hergestellt.

Bereits in den 90er Jahren wurde eine alternative Nutzung entdeckt, erste Künstler zogen ein.

4 Enthusiasten kauften 2001 das Gelände. Die Bausubstanz ist wegen der klimatischen Bedingungen des Spinnereibetriebes relativ gut erhalten. Nach und nach kamen Künstler, Galerien, Dienstleister, Händler hinzu.

Der Bekanntheitsgrad wuchs, auch im Ausland, besonders durch Künstler wie Neo Rauch, die Galerien EIGEN + ART, Galerie Pierogi aus Brooklyn und die Galerie Fred aus London. Auch ein Kino, ein Café und andere Nutzungen wie ein Klavierhaus, ein Weinkontor und früher der Computerhandel „Zur 48“ tragen zur Popularisierung und Finanzierung bei. Seit 2005 gibt es die Rundgangs- Wochenenden mit weit über 10000 Besuchern. Außerhalb dieser Rundgänge werden Führungen für Gruppen und Einzelpersonen angeboten.

Quellen/Literatur/Links:

eigene Kenntnisse

http://www.spinnerei.de/

https://de.wikipedia.org/wiki/Leipziger_Baumwollspinnerei

Autor:

Helmut Sander

Bilder:

Michael Hartwich

Datum:

18.04.2016




Heizkraftwerk Süd

Heizkraftwerk Leipzig-Süd /Stadtwerke Leipzig GmbH (ehem. Südwerk der Leipziger Electrizitätswerke AG)

Adresse: 04279 Leipzig, Bornaische Str. 120
Stadtteil: Lößnig-Dölitz
Industriezweig/Branche/Kategorie: Energieversorgung/Kraft- und Heizwerke
Kurzcharakteristik: ehemaliges Elektrizitätswerk auf Braunkohlenbasis
Datierung:
1908 bis 1910/1926/1943: Neu-und Ausbau
1945: Reparationsleistungen
1963: Brand-Havarie
1994: Neubau HWE
1996: Stilllegung der Anlagen

Objektgröße: ca.30.000 m² (grobe Schätzung)

Ursprüngliche Nutzung: Kraftwerk /Strom- und Fernwärmeerzeugung (Stilllegung 1996)

Heutige Nutzung:
Anlage zur Einspeisung der vom KW Lippendorf erzeugten Fernwärme über eine 15 km lange, unterirdisch verlegte Rohrleitung. Bereitstellung der Fernwärme für das Stadtgebiet Leipzig.
Ausbildungszentrum der Stadtwerke sowie der LVV
Umspannwerk 110 KV
Fremdvermietung von Büro-/Lagerräumen

Bau- und Firmengeschichte:
Nach 1900 herrschte eine enorme Aufbruchsstimmung in der Messestadt Leipzig. Die Wirtschaft boomte, die Bevölkerung wuchs rasant und es wurden in kurzer Zeit eine große Anzahl von Betrieben, Verwaltungen und Wohnungen errichtet. Dazu zählten zum Beispiel der Hauptbahnhof, der Schlachthof, diverse Krankenhäuser, die Universität und verscheidnene Kasernen. Eine grobe Zählung ergab 1907, dass in Leipzig 16.426 Handelsbetriebe mit ca. 50.000 Beschäftigten, 22.000 Industriebetriebe mit 150.000 Beschäftigten und eine Vielzahl von Verwaltungen mit 1.890 Beschäftigten ansässig waren. Von den Industriebetrieben nutzten bereits ca. 2.600 die Elektroenergie, Tendenz weiter steigend. Die Kapazität des Nordwerkes, von dem ein großer Teil der Betriebe versorgt wurde, hatte damit fast die Leistungs- bzw. Liefergrenze erreicht.
Neben dem Städtischen Nordwerk (heute: GuD – HKW Nord) gab es in Leipzig um 1905 zur Stromerzeugung noch eine Vielzahl von kleineren, dezentralen Erzeugereinheiten, die in Industriebetrieben aller Art standen. Die Erzeugerleistung reichte jedoch meist nicht aus, um den gewünschten bzw. erforderlichen Strombedarf der Firmen zu decken.
Um Versorgungsengpässe zu vermeiden und die Entwicklung der Wirtschaft nicht zu behindern, war der Neubau eines zweiten Elektrizitätswerkes dringend geboten. Die Entscheidung hierfür erfolgte Anfang 1906. Im Februar 1908 erteilten dann die Stadtverordneten ihre Zustimmung zum Bau des neuen Werkes auf dem Gelände einer ehem. Ziegelei im Süden der Stadt. Für die Wahl des Standortes spielten die in der Nähe verlaufende Mühlpleiße (Wasser), die Bahnlinie Leipzig-Altenburg (Transport) sowie der Dölitzer Schacht (Braunkohle) eine wichtige Rolle. Vorgegeben wurden, neben der Kraftwerksleistung, die Größe von Kesselhaus und Maschinenhalle sowie ein 75 Meter hoher Schornstein. Des Weiteren die Außenfassaden, die in einem gelben Ziegelrohbau, unterbrochen durch Sandsteigesimse und belebt durch eingefügte, farbig glasierte Steine auszuführen waren. Für technische Büros, Zählerwerkstätten und Eichräume wurden zwei Gebäude im Landhausstil an der Mühlpleiße errichtet.
Im August 1908 begangen die Bauarbeiten. Die Inbetriebnahme des neuen Südwerks und damit verbunden, die längerfristige Sicherstellung der Stromversorgung für Industrie und Bevölkerung (ca. 430.000 EW) der Stadt Leipzig, erfolgte im April 1910.
Bereits im Januar 1925 wurde eine erste Erweiterung des Maschinenparks im Südwerk notwendig. Dazu wurde u.a. ein17 MW Turbogenerator montiert. Dem folgte1927 ein zweiter im Verbund mit einer 3 MW Vorschaltturbine. 1937erhält das Südwerk mit einer 22 MW-Ljungströmmaschine die derzeit modernste Anlage zur Stromerzeugung. Im Jahr 1943 kommt ein neuer Kessel mit dem dazugehörigen Schornstein hinzu.
Nach dem 2. Weltkrieg ordnet die Sowjetische Militäradministration eine weitgehende Demontage der Kraftwerksanlagen als Reparationsleistung an.
Am 21. April 1963 kommt es im Maschinenhaus des Südwerkes ,auf Grund von Wartugsfehlern ,zu einem Großbrand, der den Totalausfall des Werkes nach sich zieht. Der Wiederaufbau wurde, in Bezug auf technische Ausrüstung und bauliche Hülle, wo es möglich war, den damaligen Stand der Technik angepasst. Bedingt durch den Einsatz von Rohbraunkohle zur Energieerzeugung und dem Fehlen leistungsstarker Filteranlagenwurden die Grenzwerte zum Umweltschutz in der Regel nicht immer eingehalten.
Im Jahr 1994 wird als letzte Großinvestition ein Erdgas befeuerter Dampferzeuger errichtet (Südseite Maschinenhalle). Er wurde allerdings nie in Betrieb genommen. Später wurde das Werk zurückgebaut und der Standort als Stätte der Energieerzeugung abgemeldet.

Objektbeschreibung:
Das ausgewählte Baugrundstück, fast idyllisch an der Bornaischen Straße 120 gelegen, war als Kraftwerksstandort ideal. Dazu zählte die Untertage-Braunkohlengrube (Schacht Dölitz), die nahe Mühlpleiße zur Entnahme des Kondensationswassers, der Eisenbahnanschluss (Strecke Leipzig-Altenburg) zur Anlieferung der Kohle und der Ascheabfuhr. Alle zur Stromerzeugung notwendigen Anlagen und Gebäude wurden auf dem Gelände im Stil des damals modernen Industriebaus errichtet. Dazu zählten u.a. die Strom-Umspannlagen, Kesselhaus, Maschinenhalle und der Kohlelagerplatz. Dieser wurde im Zeitraum von der Inbetriebnahme 1910 bis Mitte März 1925 z.T. mit Pferdegespannen von der Braunkohle-Untertagegrube an der Friederiken Straße beliefert. Um billiger zu transportieren wurde später die Kohleanfuhr aus der Untertagegrube Dölitz über eine Strecke von ca. 1.000 Metern, mittels einer von der Leipziger Firma Bleichert erichteten offenen Drahtseilbahn, realisiert. Auf der Rückfahrt wurde die Kraftwerksasche mittels der am Seil aufgehängten offenen Loren zum Schacht Dölitz transportiert. Die gesamte Seilbahn wurde nach einer relativ kurzen Betriebszeit, insbesondere aber auf Grund von Klagen der Bevölkerung, z. B. über Staubbelastung im Bereich der der Drahtseile, wieder stillgelegt und später abgerissen.
Die Anlieferung der Rohbraunkohle, deren Lagerung und Bereitstellung an den Kesseln, wurde völlig neu gestaltet. Über eine Bandbrücke, die über der Eisenbahntrasse angeordnet war, wurden Kesselhaus und Lagerplatz miteinander verbunden. Die Entladung der Kohlewaggons erfolgte im Freien, der Regel mit Spezialwaggons der Reichsbahn. In den Wintermonaten war oft ein hoher Aufwand an Menschen und Material notwendig, um die oft nasse und angefrorene Kohle aus den Waggons zu bekommen.

Quellen/Literatur/Links:
– 100 Jahre Strom für Leipzig, Stadtwerke Leipzig, 1995
– Leipziger Dampfnetz, Festschrift 1999, Stadtwerke Leipzig
– eigene Aufzeichnungen

Autor: Peter Rosenbusch

Datum: 25.11.2015

Abbildungen: Peter Rosenbusch
– Bild 1: Werkseinfahrt Bornaische Str. 120 (08/2014)
– Bild 2: Maschinenhalle Südseite (1963)
– Bild 3: HKW-Block (12/2014)
– Bild 4: Förderturm Leipzig-Dölitz (08/2014)




Eisenbahnüberführung Berliner Straße

Titel des Objekts: Eisenbahnüberführung Berliner Straße Leipzig

Adresse: Berliner Straße (zwischen Roscher- und Wittenberger Straße), 04105 Leipzig,

Stadtteil: Zentrum Nord

Industriezweig/Branche/Kategorie: Eisenbahn, Brücken

Kurzcharakteristik: Eisenbahnüberführung

Datierung: 1908/1910

Objektgröße: ca. 25 000 m²

Ursprüngliche/heutige Nutzung:
Eisenbahnbrücke über die Berliner Straße zur kreuzungsfreien Querung von Straßen- und Schienenverkehr

Bau- und Firmengeschichte:
Planung und Bau der Eisenbahnüberführung lag in den Händen der Königlich-Preußischen Eisenbahn Halle/Saale sowie der Stadt Leipzig. Der Zeitplan der Errichtung war an die Fertigstellung des neuen Hauptbahnhofes gebunden. Ziel war die Ein- und Ausleitung des Eisenbahnverkehrs im Bahnknoten Leipzig-West auf 21 Gleisen sowie Gewährleistung eines vierspurigen, kreuzungsfreien Straßenverkehrs (vier Spuren KFZ, zwei Spuren Straßenbahn, beiderseits zwei Fußwege) im Bereich Roscher- und Rackwitzer/Wittenberger Straße.
Schwerpunktmäßig wurde in den Jahren 1908 bis 1910 gebaut. Neben einer Vielzahl örtlicher Firmen haben daran die Stahlbaufirmen „Marienhütte Zwickau-Cainsdorf“ und das „Lauchhammerwerk“ mitgewirkt.
Mit Beginn der Umbauarbeiten in der Neuzeit ist die Deutsche Bahn AG der Bauherr. Unter seiner Regie wurde die Anlage incl. der Ein- und Ausfahrten sowohl für den Bahn- als auch den Straßenverkehr völlig umgestaltet.

Objektbeschreibung:
Die Eisenbahnüberführung über die Berliner Straße, oft auch „Berliner Brücke“ genannt, war eine moderne, den damaligen Stand der Technik entsprechende, genietete Stahlkonstruktion. Diese hat die hohen Belastungen des Güter- und Personenverkehrs weitgehendet ohne Generalreparatur überstanden. Sie verfügte neben den tragenden Bauwerksteilen auch über eine größere Anzahl von künstlerisch gestalteten Elementen. Dazu zählten z. B. die Geländer sowie 2 Naturstein-Obelisken. Durch die Vielzahl der verlegten Gleise entstand unter der Überführung eine Art Straßentunnel mit ca. 205 m Länge, ca. 34 m Breite und ca. 5 m Höhe.
Sie diente dazu, die aus dem Norden und Nordwesten kommenden Gleistrassen kreuzungsfrei vom Straßenverkehr in den neuen Hauptbahnhof einzuleiten.
Die Eisenbahnüberführung wurde, bezogen auf den Bahnverkehr, fast 100 Jahre unverändert genutzt. Bedingt durch die Entwicklung des Bahnverkehrs nach 1989 im Raum Leipzig war der Betrieb einer Brücke dieser Größenordnung nicht mehr nötig. In den Jahren 2010 bis 2013 erfolgte ein, dem künftigen Bedarf angepasster, Rückbau der Gleisanlagen. Der nach dem Jahr 2012 entstandene Neubau hat für den Bahnverkehr jetzt eine Brücke von 28,5 m (S-Bahn) und eine weitere mit 15,0 m (ICE) Breite zur Verfügung. Zwischen den Brückenteilen ist eine dreifeldrige Stahlbetonbrücke mit Lichthof entstanden. Die beiden denkmalgeschützten Obelisken wurden in die neue Brücke integriert.

Quellen/Literatur/Links:
– Leipziger Internetzeitung vom 28.06.2012 „Die Bahn baut neue Brücken“
– Leipzig-Architekturführer, W.Hoquel

Autor/in: Peter Rosenbusch, Juli 2015

Abbildungen: Peter Rosenbusch, 2012/2013

 




Gaswerk 2

Titel des Objekts: Gaswerk 2, Leipzig-Connewitz /Gaskokerei „Max Reimann“/ Heizwerk Süd-Ost

Adresse: Stadtwerke Leipzig GmbH, Arno-Nitzsche-Str. 35, 04275 Leipzig

Stadtteil: Leipzig -Connewitz

Industriezweig/Branche/Kategorie: Energiewirtschaft/Gas-und Heizwerke

Kurzcharakteristik:
Im Auftrag der Stadt Leipzig wurde im Zeitraum von 1882 bis 1890, an der heutigen Richard-Lehmann-Straße, im Stadtteil Connewitz, ein neues Gaswerk (Gaswerk 2) errichtet. Es verkörperte bei seiner Inbetriebnahme 1885 (1. Baustufe) den damaligen wissenschaftlich- technischen Höchststand der Gaserzeugung mittels Steinkohle in Deutschland. Dieses Gaswerk 2 wurde zum Zweck der Ablösung der Vorort-Gaswerke bis 1929 zum Zentralgaswerk für Leipzig ausgebaut. Die Zeit des zweiten Weltkrieges hat das Gaswerk relativ unbeschadet überstanden, so dass ab 1946 die Gaserzeugung wieder aufgenommen werden konnte. 1977 wurde die Gaserzeugung aus technisch-technologischen Gründen eingestellt und die Anlagen abgerissen. Geblieben sind aus dieser Zeit u.a. zwei Gasometer als weithin sichtbare Baudenkmale und Zeugen der Leipziger Industriearchitektur (siehe hierzu auch Katalogseite Gasometer II/Panometer) sowie einige Werkstätten, Büro- und Lagergebäude, die einer neuen Nutzung zugeführt wurden. Geblieben ist auch der, in einer Phase der Zwischennutzung des Betriebsgeländes von 1987 bis 1996, für ein mit Rohbraunkole betriebenes Heizwerk errichtete ca. 160 m hohe Betonschornstein (z.Zt. Nutzung als Antennenanlage). Die gesamten Anlagen und Gebäude sind heute wieder Eigentum der Stadtwerke Leipzig GmbH.

Datierung: 1882/1890/1929 sowie 1977 und 1987

Objektgröße: 25.000 m² (grobe Schätzung)

Ursprüngliche Nutzung:
Das Gaswerk 2, später „Gaskokerei Max Reimann“ war über Jahrzehnte einer der dominanten Industriebetriebe im Süden von Leipzig. Weithin sichtbar waren die vier Gasometer, diverse Schornsteine sowie ein Teil der vorwiegend in Freiluftbauweise errichteten Anlagen für die Gasproduktion. Dazu gehörten z.B. die Gasreinigung , die Anschlussbahn , Koks-und Kohlelagerplatz sowie die technologisch bedingten Prozesse der Erzeugung von Stadtgas und Steinkohle-Koks ( mit dem Ablöschen des Kokses im sog. Löschturm ). Bedingt durch diese Anlagenkonfiguration und ein teilweises „Fahren auf Verschleiß“, waren Auswirkungen auf die Umwelt- und die Arbeitsbedingungen ein permanentes Problem. Mit Aufnahme der kompletten Gasversorgung für die Region Leipzig durch Ferngas (z.B. aus dem VEB „Gaskombinat Schwarze Pumpe“) wurde nach 92 Jahren Betriebsdauer die Produktion 1977 eingestellt. Nach großflächigen Abrissarbeiten der zur Gasproduktion, Gasspeicherung (Gasometer III und IV) und Gasverteilung benötigten technischen Anlagen sowie von Lager- und Verwaltungsgebäuden, wurde nach 1977 begonnen, schrittweise einen zentralen Werkstättenkomplex für den VEB Energiekombinat Leipzig auf dem Gelände zu errichten.

Heutige Nutzung:
Ab Anfang der 1980- ziger Jahre erfolgte, zur Stabilisierung der Wärmeversorgung der Stadt Leipzig, die Planung , Errichtung und Inbetriebsetzung (1987) eines, für damalige DDR-Verhältnisse modernen, auf Braunkohlebasis betriebenen Heizwerkes. Auf dem riesigen Gelände entstanden u.a. sechs Dampferzeuger, neue Gleisanlagen mit Waggonkippeinrichtung ,Verteilungs und Förderanlagen für Braunkohle und Asche. Erstmalig wurde hier in der DDR zur Rauchgasentschwefelung (Umweltschutz) das sog. Kalksteinadditiv-Verfahren eingesetzt. Im Zuge der Neuausrichtung der Städtischen Energiepolitik erfolgte ab 1996 die Stilllegung der Anlagen.
Zusammen mit den aus Gaskokerei-, Werkstätten- und Heizwerksbetrieb nicht mehr benötigten Gebäuden und Anlagen sowie der Errichtung von neuen Verwaltungs- und Lagergebäuden wurde ab 1997 begonnen, auf dem Gelände wichtige Betriebsabteilungen der Stadtwerke zu zentralisieren. Dazu gehört auch die von außen sichtbare Speicheranlage für die Fernwärmeversorgung (neun,ca.30 m hohe, aufrecht stehende Behälter) sowie ein mit dem Architekturpreis der Stadt Leipzig ausgezeichnetes drei- geschossigesVerwaltungsgebäude (Projektant: HPP- BüroLeipzig).

Bau- und Firmengeschichte:
Ausgehend von der IndustriellenEntwicklung der Stadt Leipzig Mitte des 19. Jh. und ihrer Bedeutung als wichtigste deutsche Messestadt, war es zwingend erforderlich Industrie und Bevölkerung mit dem relativ neuen Medium „Leuchtgas“ ausreichend zu versorgen (z.B. zur Stadtbeleuchtung). Die um 1838 errichtete, in den Folgejahren mehrfach erweiterte Gasanstalt an der Eutritzscher Straße (Gaswerk 1) konnte diesen Bedarf nicht mehr abdecken. Zur Lösung des Problems kam nur der Neubau eines leistungsfähigen Gaswerkes in Frage. Als Standort wurde ein Gelände in Leipzig-Connewitz, an der heutigen Richard-Lehmann-Str. ausgewählt. Die Bauplanung und Ausführung lag in den Händen des Gasfachmannes und Ingenieurs Georg Wunder. Dieser setzte in Zusammenarbeit mit dem damaligen Stadtbaudirektor Hugo Licht den Anspruch der Auftraggeber, Technische Anlagen (z.B.die Gasometer) mit einer architektonisch und ästhetisch anspruchsvollen Verkleidung zu versehen. Die Gasometer bildeten ein Kernstück der zu Gaserzeugung und Gasspeicherung notwendigen Anlagen. Das Gaswerk 2 wurde bis zu seiner Stilllegung 1977, abgesehen von der Errichtung einiger Ergänzungsbauten bzw. technologisch notwendige Anpassungen an den aktuellen Stand der Technik, im Kern unverändert betrieben. Mit der Stilllegung des Gaswerkes/Gaskokerei ging eine für die Energieversorgung der Stadt Leipzig wichtige Phase zu Ende. Die Zwischenstufe mit dem Betrieb eines Heizwerkes auf diesem Gelände hat im Prinzip keine bleibenden Spuren hinterlassen (1987 – 1996). Für die von der Gaskokerei sowie dem Heizwerk     beanspruchten Flächen wurde eine umfangreiche Altlastensanierung durchgeführt.

Objektbeschreibung:
Unter der Bezeichnung „Gasanstalt“ verstand man früher eine Anlage zur Erzeugung von Leuchtgas/Stadtgas aus Steinkohle. Später und mit den größer werdenden Anlagen wurde daraus Gaswerk bzw. Gaskokerei.
In diesen liefen die technologischen Prozesse der Erzeugung von Stadtgas ab. Die Abnahme des in dem Prozess erzeugten Stadtgases durch eine Vielzahl von Verbrauchern war eine Grundvoraussetzung für den wirtschaftlichen Betrieb der Gasanstalt . Dazu war es erforderlich, die Anlagen so auszuführen , das eine zeitnahe Anpassung der Erzeugungsmenge an den schwankenden Bedarf möglich ist. Erreicht wurde diese Zielstellung um 1880 mit dem Bau der sog. Gasometer. Diese konnten das erzeugte Gas in großen Mengen vorhalten und nach Bedarf abgeben. Die Speicherung des Gases erfolgte in den, im inneren der Gasometer teleskopartig angeordneten Behältern. Für das Gaswerk 2 wurden vier Gasometer errichtet, davon 3 mit Ziegelmauerwerk. Die Außenfassade der kreisförmigen Gebäude wurde mit gelben Klinkern verkleidet, die im Fenster- und Gesimsbereich sowie im Erdgeschoß mit roten Klinkerziegeln farblich abgesetzt ist. Der Gasometer II ist mit einer Höhe von ca.50 Meter incl. Schwendlerkuppel und Laterne sowie einem Durchmesser von ca.57 m der größte und damit ein Stadtbild prägendes Bauwerk. Die Gasometer I (ohne Dach) und II bilden heute das sog. Panometer; eine Event-Location. Eingang: Richard-Lehmann-Str. 114. Die Gasometer III und IV (offene Konstruktion) sind abgerissen.

Quellen/Literatur/Links:
– Broschüre „150 Jahre Gasversorgung in Leipzig“, VEB Energiekombinat Leipzig, 1988
– Internet Dezember 2014: Wikipedia „Panometer Leipzig“
– Internet: Lichtkonzept „Plus-Minus“- Projektarbeit Beleuchtung der Gasometer der Stadtwerke Leipzig GmbH
– 24 Gasometertafeln 1000×2000/ www.swl.de

Autor: Peter Rosenbusch

Datum: 23.01.2015

Abbildungen:
Fotograf: Peter Rosenbusch


*Bild 1: Verwaltungsgebäude Gaswerk, DSCN 5189. JPG

*Bild 2 : Gasometer I (ohne Dach) und Gasometer II (jetzt Panometer), DSCN5192. JPG

*Bild 3: Betriebsgebäude Gaswerk (Rekonstruiert), DSCN5191.JPG

*Bild 4: Gasometer I, Detail Innenraum ohne Dach, dahinter Gasometer II, DSCN5186.JPG

*Bild 5 : Verwaltungsgebäude, Neubau 1999, DSCN5194.JPG




Lokschuppen Bf. Leutzsch

Titel des Objekts: Lokschuppen Bf. Leipzig-Leutzsch

Adresse: Am Ritterschlößchen/Ecke Philipp-Reis-Str.  (Lokschuppen nicht zugänglich, befindet sich hinter dem Straßenbahnhof Leutzsch)

Stadtteil: Leipzig-Leutzsch

Industriezweig/Branche/Kategorie: Verkehr/Eisenbahn

Kurzcharakteristik: 2ständiger Rechtecklokschuppen preußischer Bauart

Datierung: ca. 1873

Objektgröße: ca. 200 m²

Ursprüngliche Nutzung: Lokomotiveinsatz- und Behandlungsstelle, Ausführung kleiner Wartungsarbeiten

Heutige Nutzung: ungenutzt, schlechter Bauzustand

Bau- und Firmengeschichte:
Vermutlich mit der Streckeneröffnung am 20.10.1873 Leutzsch-Pegau-Zeitz durch die Thüringer Eisenbahn wurden in Leutzsch Dampflokomotiven beheimatet. Dazu wurde der Lokschuppen mit dazugehörigem Wasserturm errichtet. Im Zuge der Umgestaltung der Leipziger Bahnanlagen mit dem Bau des Leipziger Hauptbahnhofes verkehrten ab 1915 von dort durchgehende Züge. Die dazu benötigten Lokomotiven wurden in den neu errichteten Bahnbetriebswerken des Leipziger Hauptbahnhofes unterhalten. Ab dieser Zeit wurden auf Grund der recht kleinen Größe der Anlage sicher nur Rangierlokomotiven stationiert. Leutzsch war eine Einsatzstelle vom Bw. Plagwitz. In späteren Jahren wurde der Schuppen von der Bahnmeisterei für das Abstellen von Kleinwagen benutzt. Ob es Kriegsschäden gab, ist nicht bekannt. Möglicherweise konnte der Lokschuppen in den 1980ziger Jahren aufgrund vernachlässigter baulicher Unterhaltung schon nicht mehr für das Unterstellen von Fahrzeugen genutzt werden.
Mit dem kompletten Um- und Neubau der Bahnanlagen in Leipzig-Leutzsch um 2011 wurde auch die gleismäßige Anbindung unterbrochen. Nun sind die Gebäude dem weiteren Verfall preisgegeben. Eine Nachnutzung ist nicht bekannt.

Objektbeschreibung:
2ständiger Rechtecklokschuppen preußischer Bauart in Ziegelbauweise, Besonderheit sind die Schiebetore. Eine Drehscheibe war nicht vorhanden, es genügte eine einfache Weiche. Ähnliche Lokschuppen dieser Größe befinden sich in Zinnowitz und auf dem Bahnhof Karnin auf der Insel Usedom.

Quellen/Literatur/Links:
– David Falk, „Leipzig-Großkorbetha“ Verlag: PRO LEIPZIG e.V., 2006

Autor: Mathias Mann

Datum: April 2015

Abbildung: Mathias Mann, 30.01.2005