Fritz Schulze

Titel des Objekts: Fritz Schulze & Co.

Adresse: Leipzig, Fabrikstraße 15

Stadtteil: Böhlitz-Ehrenberg

Industriezweig/Branche/Kategorie: Maschinenbau/Metallverarbeitung

Kurzcharakteristik: Mittelständiges Unternehmen zur Herstellung von Stanzteilen aus Blech mit wechselndem, sich den Bedürfnissen der Zeit anpassendem Produktsortiment

Datierung: am Standort von 1928 bis 1994

Objektgröße: ca. 7.000 m²

Ursprüngliche Nutzung: Maschinenbau Firma Wehrmann ca. 1925 bis 1928

Heutige Nutzung: Industriebrache/ Lagerräume

Bau- und Firmengeschichte:
Die Firma Fritz Schulze wurde 1905 in der Körnerstraße als Ein-Mann-Unternehmen gegründet. Zunächst wurden Reparaturarbeiten durchgeführt, aber bald kamen ständige Produktionsaufträge und Mitarbeiter hinzu. Nach drei Zwischenstationen zog das Unternehmen 1928 nach Böhlitz-Ehrenberg in das von der Firma Wehrmann übernommene Firmengebäude. Nach der überstandenen Weltwirtschaftskrise expandierte die Firma in den 1930er Jahren weiter und das nicht nur als Zulieferer von Stanzteilen für Auftraggeber, sondern auch mit eigenen Produkten (weltweiter Vertrieb von Postkartenständern, Entwicklung von Fahrzeugzubehör). Anfang der 1940er Jahre mussten dann Zulieferteile für die Luftfahrtindustrie in Dessau (Junkers) gefertigt werden. Nach dem Krieg machte man sich schnell wieder einen Namen mit notwendigen zivilwirtschaftlichen Produkten. 1972 wurde die Firma verstaatlicht. 1975 kam sie zum Stammwerk des Kombinates Wälzlager und Normteile, dem DKF Leipzig. Die Söhne und Enkel des ehemaligen Eigentümers blieben in leitenden Positionen. Von nun an spezialisierte sich der Betriebsteil 6 auf die Herstellung großer Unterlegscheiben für die Bauindustrie. 1990 wurde die Firma an den Enkel Klaus Schulze rückübertragen. Er führte die Firma bis zur Insolvenz 1992. Danach nutze er das ehemalige Konstruktionsbüro weiterhin zum Handel mit Normteilen, bis er 1994 verstarb. Seitdem verfallen das Gelände und die Gebäude.

Objektbeschreibung:
Das Gelände ist ca. 180 m lang und knapp 40 m breit. An der Nordseite liegt es an der Fabrikstraße, an der Südseite befindet sich ein Gleisanschluss, der vor allem für die Belieferung mit Rohmaterial wichtig war. Das Hauptgebäude wurde um 1925 von der Firma Wehrmann errichtet, die aber in Zahlungsschwierigkeiten geriet und es 1927 an Fritz Schulze verkaufte. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden verschiedene Nebengebäude errichtet, die wiederholt wechselnder Nutzung unterlagen, so zum Beispiel die 1935 errichtet zweite Produktionshalle mit Pausen-Freisitz. Die zunehmend größeren und schweren Pressen konnten auf Grund der Abmessungen und der auftretenden dynamischen Kräfte nicht mehr auf den Stahlträgerdecken des Hauptgebäudes untergebracht werden. Zumeist wurden neue Maschinen ebenerdig auf ein Fundament gesetzt und eine kleine Halle darum gebaut. So zum Beispiel die große Schlagschere der Firma Ruhrmann von 1927, die zum Ablängen des angelieferten Materials bis 1990 in Betrieb war.

Quellen/Literatur/Links:
– Dokumente als Leihgabe des Heimatmuseums Böhlitz-Ehrenberg, z. B. Denkschrift zum 60-jährigen Firmenjubiläum
– Persönliche Dokumente und Informationen von Heiner Matthey

Autor/in: Roger Liesaus

Datum: 28.03.2015

Abbildungen:
– Firmenansicht 1930 aus Denkschrift zum 60-jährigen Firmenjubiläum
– Firmenansicht 1955 aus Denkschrift zum 60-jährigen Firmenjubiläum
– Firmenansicht 2011 Roger Liesaus

 




Fahrzeugbau Stoye

Titel des Objekts: Fahrzeugbau Stoye Leipzig

Adresse: Lindenthaler Str. 61-65

Stadtteil: Gohlis

Industriezweig/Branche/Kategorie: Fahrzeugbau

Kurzcharakteristik: 1944-1990 letzter von drei Firmenstandorten in Leipzig

Datierung: 1925 und 1944 -1990

Objektgröße: Grundstück ca. 10.000 m², Geschoßfläche von Produktion und Verwaltung ca. 4.500 m²

Ursprüngliche Nutzung: Produktionsstandort von Motorradseitenwagen, Pkw- und Motorradanhängern, Motorradersatzteilen

Heutige Nutzung: Autohaus, Werkstätten für Kfz-Dienstleistung, Museum

Bau- und Firmengeschichte:
In einer von ihm zuvor gegründeten mechanischen Werkstatt zur Reparatur von Maschinen und Fahrzeugen aller Art begann Walter STOYE 1925, zunächst auf Kundenwunsch, mit der Reparatur und dem Umbau/Verbesserung von Seitenwagen die durch Kunden bei ihm angeliefert wurden. Aus diesen Erfahrungen entstanden schnell die ersten eigenen Seitenwagen die zunächst auch nach Kundenwunsch hergestellt wurden. Zu dieser Zeit begann auch die enge Zusammenarbeit mit J. Mittenzwei, der die Firma zunehmend nach außen vertrat. Bei Motorradfirmen, Vereinen und zu Sportveranstaltungen an denen er selbst mit seiner Frau im Beiwagen erfolgreich teilnahm, warb Mittenzwei für STOYE-Seitenwagen und brachte von dort ständig neue Erkenntnisse und Anforderungen mit.

Stoye war ein sehr einfallsreicher Konstrukteur (von 1928 bis 1965 ca. 15 Patente und Gebrauchsmuster die teilweise noch heute verwendet werden), aber auch ein geschickter Mechaniker. Er setzte neue Erkenntnisse sehr schnell in seinen Seitenwagenkonstruktionen um und hat so stets technisch fortschrittliche, aber gleichzeitig auch qualitativ hochwertige Seitenwagen gebaut . Ende der Zwanziger und vor allem in den Dreißiger Jahren konnten dadurch wiederum von Mittenzwei und zunehmend von den mit Seitenwagen belieferten großen deutschen Motorradherstellern und deren Werkssportfahrern mit STOYE-Gespannen viele internationale Wettbewerbe (z. B. Internationale 6-Tagefahrten 1933 bis 1937, u.v.a.) gewonnen werden. Aus diesen erfolgreichen Konstruktionen wurden insgesamt ca. 300 verschiedene Seitenwagenmodelle, aber auch Anhänger für Pkw und Motorradgespanne oder -roller (Campi) entwickelt bzw. hergestellt. Mehrere andere Seitenwagenhersteller fertigten mit oder teilweise auch ohne offizielle Zustimmung von STOYE nach dessen Konstruktionen eigene Seitenwagen in Lizenz.

Nach der völligen Zerstörung der Firmengebäude am Dösener Weg am 4.12.1943 erfolgte ab 1944 der Umzug in die Lindenthaler Str. in Gohlis. Die auch hier stark beschädigten Gebäude wurden wieder aufgebaut und die Produktion mit aus den Ruinen am Dösener Weg geborgenen Teilen und damit Seitenwagen aus dem Vorkriegsprogramm langsam wieder aufgenommen.

Durch einen von Paul Greifzu vermittelten Kontakt zum sowjetischen Generaldirektor der SAG AWTOWELO in Suhl bekam die Fa. STOYE die Gelegenheit, für die neuentwickelte AWO 425 den Seitenwagen für ein neues Gespann vorzustellen. Das ebenfalls neuentwickelte Modell „SM“ fand die Zustimmung des Generaldirektors Gawrilow. Damit begann in Gohlis wieder in großen Stückzahlen die Seitenwagenfertigung, zunächst für AWTOWELO/SIMSON, indirekt EMW, später auch MZ. Stoye entwickelte weitere Modelle, z. B. den weltweit ersten speziell für die damals neuen Langschwingenfahrwerke der SIMSON- SPORT und MZ ES konstruierten „ELASTIK“, später weiterentwickelt zum „SUPERELASTIK“ und auch nach der Enteignung Stoyes 1972 bis zur Einstellung der Seitenwagenfertigung 1990 fast unverändert produziert.

Insgesamt wurden allein zwischen 1950 und 1990 ca. 150.000 Seitenwagen, ab 1962 mit beginnender Verstaatlichung auch Ersatzteile und Baugruppen für MZ-Motorräder, am Standort Gohlis hergestellt. Seit 1972 als „WERK IV“ von MZ. STOYE war damit – neben Watsonian in England – der am längsten produzierende Seitenwagenhersteller der Welt.

Seit Frühjahr 2011 wurde in den Originalräumen und dem am gleichen Standort befindlichen AUTOFORUM begonnen, ein kleines Museum einzurichten. Einige Seitenwagenmodelle von 1928 bis 1990 sind bereits als Originale zu sehen, dazu vieles andere aus der Firmengeschichte.

Objektbeschreibung:
Eine erste Bebauung des Standorts erfolgte Ende des 19. Jahrhunderts.
Die heute noch stehenden, teilweise einstöckigen Produktionsgebäude wurden ca. 1902 errichtet, nach Bombenschäden wieder aufgebaut und mit Errichtung des Autohauses 1993 teilweise umgebaut und in die Neubebauung integriert.

Quellen/Literatur/Links:
– Archiv Fahrzeugbau Stoye Leipzig/Museum www.StoyeLeipzig.de

Autor/in: Claus Hüne

Datum: 12.03.2015

Abbildungen:
– C. Uhlmann, Gespanntreffen 2015
– J. Sommerfeld, Messestand 2015
– Archiv Fahrzeugbau Stoye




Stelzenhaus

Titel des Objekts: Stelzenhaus

Firmenbezeichnung(en): Wellblechfabrik Grohmann & Frosch

Adresse: Weißenfelser Str. 65, 04229 Leipzig

Stadtteil: Plagwitz

Industriezweig/Branche/Kategorie: Metallverarbeitung

Kurzcharakteristik: Ehem. Fabrikgebäude auf Stelzen direkt am Karl-Heine-Kanal, ein besonders originelles und einzigartiges Beispiel der Industriearchitektur

Datierung: 1937-1939

Objektgröße: 

Ursprüngliche Nutzung: Wellblechwalzwerk und Verzinkerei

Heutige Nutzung: Büros, Wohnungen, Restaurant

Bau- und Firmengeschichte:

 

Objektbeschreibung:
In den 1930er Jahren wurden die Grundstücke in Plagwitz knapp, so dass man für neue Projekte nah an den Kanal rücken musste. Von den Unternehmern wurde das größtenteils als sehr praktisch angesehen, da der Kanal die geplante Verbindung zwischen Leipzig und Hamburg darstellte und sich somit die Transportwege verkürzten.
Das Objekt steht unmittelbar an einer Biegung des Kanals auf 101 Betonstelzen, die ihm seinen heutigen Namen gaben. Die Front kragt weit über das Wasser aus, so dass das Gebäude über dem Wasser zu schweben scheint.
Der Umbau und die Sanierung erfolgten 2001/02. Die Maßnahmen wurden vom renommierten Leipziger Architekturbüro Weis & Volkmann geplant, das heute sein Büro im Objekt hat.

Quellen/Literatur/Links:
– B. Sikora: Industriearchitektur in Sachsen – Erhalten durch neue Nutzung, Edition Leipzig, 2010

Autor/in: Astrid Bauer-Mecili

Datum: Mai 2014

Abbildungen: Michael Hartwich, Februar 2016




Konsumzentrale

Titel des Objekts: Konsumzentrale

Firmenbezeichnung(en):
Consum-Verein Leipzig-Plagwitz & Umgegend
Konsumverein Leipzig-Plagwitz
Konsumgenossenschaft Leipzig eG

Adresse: Industriestr. 85-95, 04229 Leipzig

Stadtteil: Plagwitz

Industriezweig/Branche/Kategorie: Handel

Kurzcharakteristik: Verwaltungsgebäude im Stil der neuen Sachlichkeit

Datierung: 1929-1932

Architekt: Fritz Höger

Objektgröße: ca. 180 x 65 m (11.700 m²)

Ursprüngliche Nutzung: Verwaltungs-, Lager- und Produktionsgebäude

Heutige Nutzung: Büros und Lager

Bau- und Firmengeschichte:

Objektbeschreibung:

Quellen/Literatur/Links:
– B. Sikora: Industriearchitektur in Sachsen – Erhalten durch neue Nutzung, Edition Leipzig, 2010
– W. Hocquél: Leipzig – Architektur von der Romanik bis zur Gegenwart, Passage-Verlag, o. J.

Autor/in: Astrid Bauer-Mecili

Datum: Mai 2014

Abbildungen: Astrid Bauer-Mecili, Mai 2014 / Michael Hartwich, Februar 2016




Heizkraftwerk Nord

Titel des Objektes: Gas – und Dampfturbinen Heizkraftwerk Leipzig-Nord

Adresse: Stadtwerke Leipzig GmbH, Eutritzscher Straße 14a, 04105 Leipzig

Stadtteil: Zentrum-Nord

Industriezweig/Branche/Kategorie: Energieversorgung/Kraftwerk

Kurzcharakteristik:
Das Gas-und Dampfturbinen Heizkraftwerk Leipzig –Nord (GuD-HKW) ist eine hochmoderne Anlage zur umweltschonenden Erzeugung von Strom und Fernwärme auf der Basis von Erdgas bzw. Heizöl (Zweistoffahrweise). Mit der Anlage können u.a. bis 172 MW elektrische Leistung bei einem Wirkungsgrad von 42% erzeugt werden.

Datierung: 1992 bis 1995

Objektgröße: ca. 5.000 m²

Ursprüngliche Nutzung:
Die gesamte GuD-HKW Anlage ist ein in sich geschlossener Neubau auf einem seit 1836 von der Energieversorgung Leipzig genutzten Betriebsgelände (Gaserzeugung/Strom/Fernwärme). Zur Errichtung der GuD-Anlage wurden ab 1992 u.a. große Teile des einstigen mit Rohbraunkohle betriebenen Heiz-Kraftwerkes abgerissen, darunter auch der mit 156 m höchste gemauerte Schornstein Europas (ca. 1 Million Klinkersteine).

Heutige Nutzung:
Das GuD –HKW bildet heute den Grundstock der modernen Strom- und Fernwärmeversorgung der Stadt Leipzig und trägt wesentlich zur Verbesserung der Strom- und Fernwärmeversorgung sowie der Umweltbedingungen bei (mehrfach zertifiziert) bei.

Bau- und Firmengeschichte:
Die Stadt Leipzig beschließt 1993 die Gründung eigener Stadtwerke. Im Ergebnis dessen wird u.a. die gesamte Energiepolitik der Stadt neu gestaltet. Davon betroffen sind alle Sparten der Energieversorgung für die Messestadt Leipzig. Ein wesentlicher Beschluß ist der Aufbau neuer Erzeugerkapazitäten auf dem Gebiet Strom- und Fernwärmeversorgung. Dazu zählte die Errichtung eines eigenen GuD-HKW. Bereits im September 1993 erfolgte die Grundsteinlegung. Der Bau der neuen Anlage wurde in Rekordzeit ausgeführt und sollte im Januar 1995 an das Netz gehen. Eine Havarie während des Probebetriebes im November 1994 verhinderte dieseTerminstellung. Die Anlage ging dann Ende 1995 in Betrieb.

Objektbeschreibung:
Die GuD-Anlage ist als kompaktes Gebäude konzipiert und auf einer Grundffläche von ca. 4600 m² angeordnet. Mit dem Abhitzekesselhaus erreicht das Gebäude eine Höhe von 52 m. Sowohl die Luftansaugfilter der Gasturbinen als als auch die Schornsteine sind im Gebäude integriert. Der Hauptkomplex der Anlage wurde in Stahlskelettbauweise errichtet, Die Gasturbinenhalle ist ein eingeschossiger, zweischiffiger Bau. Die Dampfturbinenhalle ist dreigeschossig ausgeführt.
Im Ergebnis eines Architektenwettbewerbes, bezogen auf die äußere Gestaltung der Anlage, wird der High-Tech-Charakter der Anlage, ohne Kraftwerksspezifische Besonderheiten in den Vordergrund zu stellen, hervorgehoben. Das Abhitzekesselhaus ist mit Spiegelglas versehen. Durch die Spiegelung des Himmels verliert der Baukörper optisch an Höhe und Masse und bewirkt eine vertikale Gliederung des Gesamtlomplexes.

Quellen/Literatur/Links:
– 100 Jahre Strom für Leipzig, Stadtwerke Leipzig GmbH, 1995
– Die GuD-Anlage, Stadtwerke Leipzig GmbH, 1.Auflage, 1998

Autor/in: Peter Rosenbusch

Datum: 31.08.2014

Fotos: Peter Rosenbusch

 

 




Ludwig Hupfeld

Titel des Objekts:
Musik – mechanisch und manuell

Adresse:
Ludwig-Hupfeld-Straße 16, 04178 Leipzig

Stadtteil:
Böhlitz-Ehrenberg

Industriezweig/Branche/Kategorie:
Musikinstrumentenbau

Kurzcharakteristik:
Verwaltungs- und Produktionsgebäude

Datierung:
1911

Objektgröße:
ca. 100.000 m²

Ursprüngliche Nutzung:
Fabrik für mechanische Musikmöbel und Klaviere

Heutige Nutzung:
bis 2009 Sitz der Leipziger Pianofortefabrik, seitdem nur einzelne Einheiten vermietet

Bau- und Firmengeschichte:
Die Firma Ludwig Hupfeld wurde 1892 mit dem Ziel gegründet, mechanische Musikinstrumente herzustellen.

Diese waren Ende des 19. Jahrhunderts mehr und mehr in Mode gekommen und so beschloss der Fuldaer Kaufmann Ludwig Hupfeld sich in diese Branche einzukaufen. Er erwirbt 1892 die in Leipzig gegründete Firma J.M. Grob & Co, welche bereits mechanische Musikinstrumente herstellte.
Schon zwei Jahre später (1894) entstehen die ersten Orchestrions aus Leipzig unter Hupfelds Namen. Die Töne werden durch eine geschickte Verknüpfung von Druck- und Saugluft erzeugt. Die Möbel sind entsprechend stattlich und wuchtig und wiegen mehrere 100 kg.
Trotzdem steigt die Nachfrage stetig und schon bald wird eine Werkstatt mit größerer Kapazität benötigt. 1899 entsteht Hupfelds erste eigene Fabrik, strategisch günstig in der Nähe des Berliner Bahnhofs gelegen.

Die Firma treibt die Verbesserung und Weiterentwicklung der selbstspielenden Musikinstrumente voran – allerdings weniger aus Erfindergeist denn aus kaufmännischem Kalkül. Hupfeld kauft 1902 die Firma Helioswerke aus Leipzig-Gohlis auf, deren technisch begabten Eigentümer Ludwig Frömsdorf er als Betriebsleiter einstellt. Dieser zeichnet verantwortlich für die Entwicklung der Phonola (selbstspielendes Klavier als Vorsetzer mit 73-88 Tönen!). 1904 folgt der Phonoliszt, ein ebenfalls selbstspielendes Klavier mit ‘künstlich nuanciertem Vortrag’.
Der große Coup aber gelang Hupfeld 1909, als er die weltweit erste mechanische Violone auf den Markt brachte. Besonders in Kombination mit dem Phonoliszt (Ph.-Violina) war sie zwischen 1910 und 1914 ein echter Verkaufsschlager.

Die Auftragslage übersteigt wieder schnell die Produktionskapazitäten, sodass bereits 1911 der nächste Fabrikneubau notwendig wird. Erneut beweist Hupfeld Weitblick und bezieht ein ca. 100.000 m² großes Gelände am Kreuzungspunkt zweier Bahnstrecken in Böhlitz-Ehrenberg, damals vor den Toren der Stadt gelegen. Es entsteht das noch heute sichtbare Gebäude (Architekt Emil Franz Hänsel) mit dem 63 m hohen Turm, der zu dieser Zeit die Schriftzüge ‘Hupfeld’ und ‘Phonola’ trägt. Im Werk selbst sind ca. 1.500 Arbeiter beschäftigt. Hupfeld produziert vom Holzrahmen bis zu den Notenrollen alles selbst.

Das Geschäft prosperiert bis zum Beginn des 1. Weltkrieges und wird nach dessen Ende sofort wieder aufgenommen. In den Kriegsjahren dreht die Firma fast ausschließlich Granaten.
Hupfeld expandiert und kauft weitere Firmen hinzu: 1918 Rönisch (Dresden), 1920 Grunert (Johanngeorgenstadt) und 1924 Steck (Gotha). Im Jahr 1925 fusioniert er mit der Firma ‘Gebrüder Zimmermann AG’ zur ‘Leipziger Pianoforte- und Phonolafabriken Hupfeld-Gebrüder Zimmermann AG’, die mit mehr als 20.000 Instrumenten pro Jahr der größte Hersteller dieser Branche in Europa ist.

Das ist der vorläufige Höhepunkt des wirtschaftlichen Erfolgs, denn durch die Weltwirtschaftskrise 1929 und vor allem durch die sich etablierenden Rundfunksender besteht zunehmend weniger Bedarf an selbstspielenden Musikinstrumenten.
Die Firma verlegt ihre Schwerpunkte auf die neuen Mode-Produkte ‘Rundfunkempfänger’ und ‘Plattenspieler’ und erweitert das Sortiment noch um Kino-Orgeln, Kühlschränke und Zigarettenautomaten.
Daneben baute Hupfeld aber immer auch Klaviere zum Selbstspielen. Dieser Zweig wird 1930 in ein Nebenwerk ausgelagert.

Im 2. Weltkrieg wird wieder ausschließlich Kriegsware produziert (Munitionskisten, Treibstofftanks). Die Gebäude überstehen fast unbeschädigt den Krieg.

Danach beginnen unruhige Zeiten: 1946 Enteignung und Tilgung des Namens Hupfeld vom Turm, Beginn der Nachkriegsproduktion mit Marmeladeneimern, Sportgeräten und Möbeln, 1949 Tod Ludwig Hupfelds, ab 1953 auch wieder Bau (kleinerer) Klaviere, die u.a. nach einer Idee des einzigen Sohns Günter Hupfeld entstehen. 1964 Übergang zur Fließbandfertigung, 1967 Gründung der ‘VEB Deutsche Piano-Union’ (13 Betriebe), deren Stammbetrieb Leipzig ist.
Da Klaviere begehrte Devisenbringer sind, gibt es von Seiten der Politik große Unterstützung. In den 1970er Jahren wird die Ware zu 2/3 ins Nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet (NSW) verkauft und nur 10% bleiben für die DDR-Bevölkerung.

Nach der Wende 1989 wird es etwas unübersichtlich. 1990 kommt es zur Auflösung des VEB Piano-Union und das Werk firmiert ab jetzt unter ‘Leipziger Pianoforte GmbH’. Da die Preise aber – im Vergleich zu vorher – plötzlich Marktniveau haben, brechen fast alle Kunden weg. Noch 1990 kauft ein westdeutscher Unternehmensberater die Firma und betreibt sie bis zum Konkurs 1996 weiter.
Aus der Konkursmasse heraus erwirbt sie die Stuttgarter Klavierfirma Pfeiffer. Man montiert Klaviere der Marken Rönisch und Hupfeld; im Werk sind nur noch ca. 40 Mitarbeiter beschäftigt. Die Modellpalette wird aber stetig erweitert und bis zum Beginn der Finanzkrise 2008 in alle Teile der Welt verkauft. 2009 erfolgt der Zusammenschluss mit der ‘Julius Blüthner Pianofortefabrik GmbH’, die ‘Carl Rönisch Pianofortemanufaktur GmbH’ wird gegründet und zieht in die Blüthner-Fabrik in Großpösna. Die Produktion wird bis zum heutigen Tag erfolgreich fortgeführt.

Für originale Phonola-Instrumente gibt es heute einen weltweiten Sammlermarkt. Der Preis z.B. für ein Solophonola Upright Grand beträgt ca. 5.000 EUR.

Objektbeschreibung:
Eindrucksvolles 5-geschossiges Gebäude entlang der Ludwig-Hupfeld-Straße. Es weist einen U-förmigen Grundriss auf und wird markant überragt vom 63 m hohen Turm, der leider seit einiger Zeit aus Sicherheitsgründen mit einem grünen Netz gesichert ist. Der Schriftzug ‘Phonola’ ist leider nicht mehr vorhanden.
Dafür kann man vor der ehemaligen Haupteingangstür (Wittestraße) im Pflaster des Fußweges das Logo “L.H. 1911″ erkennen sowie über der Hofdurchfahrt in der L.-Hupfeld-Straße den Schriftzug ‘Ludwig Hupfeld A.G.” erahnen.

Quellen/Literatur/Links:
– Leipziger Blätter Heft 35, Herbst 1999, Seite 28-30
– Die Industriegeschichte von Böhlitz-Ehrenberg; Hrsg.: Förderverein Ortsgeschichte Böhlitz-Ehrenberg e.V. / Werbeatelier Kolb, Böhlitz-Ehrenberg; 2002
http://hupfeld-pianos.de/en/Unternehmen/deutsch.htm (Abruf 04.04.2014)
http://www.pianola.org/reproducing/reproducing_dea.cfm (Abruf 18.05.2014)

Autor/in: Christine Scheel

Datum: Mai 2014

Abbildungen:

 




Galvanotechnik

Titel des Objekts:
Galvanotechnik Leipzig

Adresse:
Torgauer Straße 76, Leipzig

Stadtteil:
Sellerhausen

Industriezweig/Branche/Kategorie:
Galvanotechnik

Kurzcharakteristik:
Fabrikgebäude

Datierung:
1890

Objektgröße:
ca. 35.000 m²

Ursprüngliche Nutzung:
Fabrik für Anlagen und Chemikalien der Galvanotechnik

Heutige Nutzung:
ca. 80% Gewerbe, ca. 20% Leerstand, Dt. Museum für Galvanotechnik e.V.

Bau- und Firmengeschichte:
1881 gründete der Chemiker Dr. Georg Langbein (1849-1909) in der Nähe des Bayrischen Bahnhofs (Dösener Weg 9-11) die erste Firma für Galvanotechnik in Deutschland (Dr. G. Langbein, Leipzig, Chemische Fabrik für Galvanoplastik und Metallindustrie). Die Firma wuchs stetig und so wurde bereits 1890 ein Umzug auf das noch heute bestehende Gelände an der Tauchaer Str. 62 (heute: Torgauer Str. 76) erforderlich. Der Gewerbestandort befand sich damals noch auf der ‘grünen Wiese’. Die Firma hatte ca. 30 Mitarbeiter.

Nachdem mit Dr. Rudolf Jay (1865-1928) ein weiterer bedeutender Chemiker ins Unternehmen einstieg, erfolgte 1894 die Umbenennung in “Dr. G. Langbein & Co. Chemische Fabrik”. Dr. Jay war seitdem langjähriger Vorstand und Aufsichtsrat der Firma. Unter seiner Ägide wurden Filialen in Deutschland aber auch im Ausland gegründet. Außerdem baute er ein effektives Vertreternetz auf.

Die Firma wuchs nicht nur wegen dieser Maßnahmen rasant weiter. Man lieferte sich einen harten Konkurrenzkampf vor allem mit einem Betrieb namens ” Wilh. Pfanhauser, Wien”. Wilhelm Pfanhauser sen. (1843-1922) produzierte bereits seit 1873 sehr erfolgreich Apparate, Anlagen und Chemikalien für die Galvanotechnik. 1907 beschloss man, die Kräfte zu bündeln und gemeinsam am Markt aufzutreten. Beide Firmen fusionierten und firmierten seitdem unter “Langbein-Pfanhauser-Werke AG” (LPW).

Die Erfolgsgeschichte wurde fortgeschrieben und weder der Erste Weltkrieg noch Inflation oder Weltwirtschaftskrise konnten der Firma wirklich etwas anhaben. Man stand immer an der Spitze der Entwicklungen und machte sich auch um die Forschung verdient. Ein weiterer Schwerpunkt war der Ausbau der Automatisation. So baute man schon 1920 die ersten Halbautomaten für die Vernicklung und 1933 den ersten Nickel-Chrom-Vollautomaten. 1937 wurde der zweite Leipziger Standort in Betrieb genommen (Breitingstraße; heute: Elisabeth-Schumacher-Straße). Im Jahr 1940 hatte LPW 33 Vertretungen in 13 Ländern und beschäftigte ca. 2.000 Mitarbeiter. LPW war damals die größte Fachfirma für Galvanotechnik in Europa.

Während des Zweiten Weltkrieges stellte man auch Rüstungsgüter her. Hergestellt wurden z. B. Kartuschen- und Patronenhülsen oder auch Ladegeneratoren für Heeresnachrichtenzwecke. Die Firma “beschäftigte” zeitweise mehr als 500 Zwangsarbeiter. Die Gebäude überstanden den Krieg relativ unbeschadet.

Trotz Reparationsleistungen von fast 95% begann 1945 in Leipzig bereits wieder eine bescheidene Produktion. Zur offiziellen Enteignung kam es erst 1948. Zwei Jahre später wurde die Firma “VEB Galvanotechnik Leipzig” (GTL) umbenannt. Schon 1952 hatte der Betrieb wieder rund 1.500 Mitarbeiter, ein Stand der bis 1989 relativ konstant blieb. Während der DDR-Zeit besaß GTL quasi ein Monopol im osteuropäischen Raum, exportierte seine Maschinen und Chemikalien aber auch weltweit in über 36 Länder.

Mit der Wende und vor allem der Einführung der D-Mark 1990 brachen dann über Nacht fast 80% der Aufträge weg; die Mitarbeiterzahl sank in der Folge drastisch. Auch die Bildung einer “Galvanotechnik Leipzig GmbH i.G.” bereits Ende Juli 1990 konnte den Niedergang nicht mehr aufhalten. 1993 wurde GTL “abgewickelt”. Es entstanden sieben mittelständische Unternehmen, von denen zum jetzigen Zeitpunkt noch zwei existieren.

Auf dem Gelände an der Torgauer Straße wird heute u.a. das “Deutsche Museum für Galvanotechnik” (siehe: www.vdmg.de) aufgebaut.

Objektbeschreibung:

Quellen/Literatur/Links:
– Ralph Gambihler: Vernickelt, verchromt, verkupfert. Zur Geschichte der Galvanotechnik in Leipzig. In: Leipziger Blätter, H. 62 (Frühjahr 2013), S. 36–38
– Riedel, Horst: Stadtlexikon Leipzig von A bis Z, 2. Auflage, 2012, S. 332
– Dr. Ulrich Vieweger: Vortrag HTWK 06.05.2014

Autor/in: Christine Scheel, Dr. Ulrich Vieweger

Datum: Mai 2014, März 2015

Abbildungen:
– Archiv VDMG
– Gisela Vieweger




Ansichtskartenherstellung

Titel des Objekts:
Ansichtskarten aus Leipzig

Adresse:
Seeburgstraße 35-37

Stadtteil:
Leipzig-Mitte (Zentrum Südost)

Industriezweig/Branche/Kategorie:
Lithographie, Druckerzeugnisse

Kurzcharakteristik:
Gebäude im Zweiten Weltkrieg zerstört. Heute dort Wohnbebauung.

Datierung:
ehemals 1894

Objektgröße:

 

Ursprüngliche Nutzung:
Fabrik- und Verwaltungsgebäude

Heutige Nutzung:
Auf den Grundstücken stehen Wohnhäuser.

Bau- und Firmengeschichte:

Die Firma Carl Garte wurde im Jahr 1874 als ‘Glaser & Garte Kunstverlagshandlung in Leipzig’ gegründet. Sie war ein Zusammenschluss des gelernten Buchhändlers Carl August Garte (1844 – 1890) und des Lithographen Louis Glaser. Der erste Firmensitz befand sich am Plauenschen Platz (heute: Richard-Wagner-Straße).
Man vertrieb vor allem Leporello-Alben (ca. 300 Motive) mit topographischen Ansichten von Landschaften, Orten oder Sehenswürdigkeiten.
1883 erfolgte der erste Umzug in die Ulrichsgasse (heute: Seeburgstraße) unter neuem Namen ‘Carl August Garte, Kunst-Verlagshandlung, Lithographische Anstalt und Druckerei’. Hergestellt wurden vorrangig ‘Photolithographien in photographischer Imitation’. Farbabstufungen erhielt man durch mehrfaches Drucken mit unterschiedlichen Braun- bzw. Grautönen. Ab 1887 entstanden auf Basis der Leporello-Abbildungen dann die ersten Ansichtskarten.
Ab dem Jahr 1889 arbeitete man mit der Buchbinderei und Papierhandlung H. Metz in Tübingen zusammen. Dies war ein wichtiger Schritt, stellte die Papierhandlung doch die Motive für die Karten zur Verfügung und übernahm den Vertrieb in Süddeutschland und den angrenzenden Ländern. Die Karten wurden in Millionenauflage gedruckt. Carl A. Garte produzierte daneben aber auch eigene Ansichtskarten, die mit dem Namen C.G.L. (Carl Garte Leipzig) gekennzeichnet wurden. Leipzig war zu dieser Zeit die Hochburg der Ansichtskartenproduktion in Deutschland und Europa.

Leider starb Carl Garte bereits 1890; die Geschäftsführung übernahm der Schwiegersohn Carl Schulze (1857 – 1914). Die Firma nannte sich nun ‘Carl Garte, Graph. Kunstanstalt (Spezialität Ansichtskarten)’.
Bereits zwei Jahre später (1892) wurden die ersten Chromolithographien hergestellt, später fertigte man aus den Bildern der Ansichtskarten zusätzlich auch Briefköpfe.
1894 erwarb man das dreistöckige Nebengebäude, riss es ab und baute vierstöckig neu. Nach einer Umnummerierung 1899 lautete die endgültige Anschrift: Seeburgstraße 35-37.
Die Firma besaß rund 10.000 verschiedene Bildmotive und beschäftige ca. 50 Mitarbeiter, davon sieben eigene Lithographen.
Die Ansichtskartenherstellung war bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges sehr erfolgreich. Ab ca. 1905 nutze man als neues Verfahren den Autochromdruck. Hierbei wird im Steindruckverfahren zuerst eine schwarz-weiße Vorlage erstellt, um sie dann in mehrfachen Schritten automatisch zu kolorieren. Dieses Verfahren nannte sich bei Garte ‘Chromo-Autotypie’, war allerdings nur für große Stückzahlen rentabel.

Die dritte wichtige Epoche der Firma begann im Jahr 1905, als der Sohn des Firmengründers und Neffe Carl Schulzes – Carl Hans Garte (1882 – 1960) – in die Firma einstieg.
Er hatte erfolgreich Steindrucker gelernt und während eines Aufenthalts in den USA auch erste Kenntnisse des Offsetdruckes erlangt. 1912 ließ er die erste Flachoffset-Maschine in der Leipziger Schnellpressenfabrik herstellen und erregte mit dieser Maschine großes Aufsehen auf der BUGRA in Leipzig (1914).
Während des Ersten Weltkrieges wurde erzwungenermaßen die Produktion auf die Herstellung von Schießplänen und Truppenmerkblättern umgestellt.
Um zu überleben erfolgte der Zusammenschluss mit der in der gleichen Straße befindlichen Firma C.G. Naumann (ab 1921 ‘C.G. Naumann GmbH, Buch- und Steindruckerei’). Die Firma hielt sich nur bis 1929 und druckte u.a. während der Inflation Geldscheine.

Carl Hans Garte gründete zwischenzeitlich bereits 1924 die Offset-Verlag GmbH. Diese widmete sich der nie gewinnbringenden Herstellung der Fachzeitschrift “Offset-Buch- und Werbekunst” – ab 1930 unter dem Namen “Buch- und Werbekunst”- sowie der Verlegung von Fachbüchern.

Im Jahr 1937 übernahm der Sohn von Carl Hans Garte – Hansjörg Garte (1908 – 1990) – den Verlag (Carl Garte Verlag). Geschäftsführer waren er und sein Vater. Die Fachzeitschrift für Offsetdruck hieß jetzt “Druck- und Werbekunst”. 1944 wurde der Verlag per Befehl geschlossen. Die Gebäude überstanden den Krieg nicht, die Familie verlor ihr gesamtes Vermögen. Die Grundstücke gingen in den Besitz der Stadt Leipzig über; Gartes erhielten nur 40.000 Mark Lastenausgleich.

Carl Hans Garte wurde nach dem Krieg ein wichtiger Berater für “Paper and Printing” in der britischen Besatzungszone und legte eine bedeutende Sammlung an Druckerzeugnissen an.
Dr. Hansjörg Garte war noch bis 1950 Verleger, später kurzzeitig Werbeleiter bei Karl Krause in Leipzig, ehe er sich Gebieten außerhalb der Druckindustrie widmete. Nach Übernahme der Zeitschrift durch die Schlütersche Verlagsanstalt in Hannover wurde die Firma Carl Garte 1951 aus dem Handelsregister gelöscht. Sie bestand insgesamt 77 Jahre.

Objektbeschreibung: nicht mehr vorhanden

Quellen/Literatur/Links:
– Stumpp, Gerhard: Die Ansichtskartenherstellung in der Kunstanstalt Carl Garte Leipzig; Passage-Verlag Leipzig, 2012
www.journal-fuer-druckgeschichte.de/downloads/20104.pdf (Abruf 09.09.2014)
– Vortrag G. Stumpp, IADM Jahrestagung 2010 “Der Druck von Ansichtskarten am Beispiel der Kunstanstalt Carl Garte, Leipzig”

Autor/in: Christine Scheel

Datum: Oktober 2014

Abbildungen: folgen




Leipziger Eisenbahnnetz bis 1915

Streckennetz der Eisenbahn bis zum Bau des Hauptbahnhofes

Adresse: Stadtgebiet Leipzig

Industriezweig/Branche/Kategorie: Verkehrswesen / Bahn / Gleisanlagen

Kurzcharakteristik: Streckennetz der Bahn bis 1915

Datierung: 1839 bis 1915

Nutzung (damals wie heute): Bahnbetrieb, weitere Nutzung siehe http://www.leipziger-industriekultur.de/leipziger-eisenbahnnetz-nach-1915/

Objektbeschreibung: Nach Inbetriebnahme der ersten Ferneisenbahn 1839 von Leipzig nach Dresden entstanden in ganz Deutschland Eisenbahnlinien als Begleiterscheinung und als Voraussetzung für die industrielle Revolution. Je nach wirtschaftlicher Bedeutung und geografischer Lage entstanden Liniennetze, die die Orte miteinander verbanden. Erschwert wurde das durch die staatliche Zersplitterung, aber immerhin kam eine einheitliche Spurweite zur Anwendung.
Leipzig war bereits vor der Inbetriebnahme der Eisenbahn, bedingt durch die Leipziger Messen, ein Zentrum im Schnellpostnetz. So kam es, dass bereits 1840 nach Halle – Magdeburg und 1842 nach Altenburg (1851 bis Hof) die nächsten Strecken mit jeweils separaten Bahnhöfen (Magdeburger Bahnhof 1840 und Bayrischer Bahnhof 1844) in Betrieb genommen wurden. Später folgten dann Strecken und Bahnhöfe nach Berlin 1853, Thüringen 1856, Coswig über Döbeln 1868, Zeitz 1873, Geithain 1887. Die räumlich getrennte Lage der Bahnhöfe im Stadtgebiet erschwerte den Übergang vor allem der Güterwagen auf andere Strecken oder machte ihn unmöglich. Deshalb wurde 1851 eine erste Verbindungsbahn vom Bayrischen Bahnhof zum Dresdener Bahnhof mitten durch das Stadtgebiet (Johannisallee – Ostplatz – Friedrich-List-Platz) in Betrieb genommen. Die Verbindung zwischen dem Dresdener-, Thüringer- und Magdeburger Bahnhof war schon durch Drehscheiben und Gleise möglich. Auch zu dem etwas außerhalb liegenden Berliner Bahnhof war eine Verbindung von Anfang an möglich. Diese erste Verbindungsbahn mit niveaugleicher Kreuzung mehrerer Leipziger Straßen bewährte sich auf die Dauer nicht. Deshalb baute man mit Inbetriebnahme 1878 eine zweite Verbindungsbahn auf einem Damm und Viadukt um das Stadtgebiet herum („Sellerhäuser Kurve“). Diese Verbindungsbahn wurde bis zu ihrem Rückbau 2012 im Zusammenhang mit der Neuordnung des Streckennetzes im Rahmen des Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes genutzt. Die erste Verbindungsbahn wurde 1878 zurückgebaut.
Durch die Initiativen von Carl Heine wurden 1873 in Plagwitz vom Zeitzer Bahnhof aus 37 Gleisanschlüsse für die Ansiedlung von Industriebetrieben und 3 öffentliche Ladestellen gebaut.
Das machte zwei weitere Verbindungsbahnen erforderlich:
1879 von Plagwitz (Zeitzer Bahnhof) nach Gaschwitz mit Anschluss an die Strecke nach Bayern.
Diese Strecke wird noch heute, sogar verstärkt, auch als Ersatz für die zurückgebaute zweite Verbindungsbahn vor allem für den Güterverkehr und bei Störungen im Citytunnel genutzt. Die Besonderheit dieser Strecke war eine niveaugleiche störanfällige Kreuzung mit der Straßenbahn in Markkleeberg. Ende November 2015 wurde diese mit der Stilllegung der Straßenbahnlinie 9 zurückgebaut. Die Verbindungsbahn kann nur von oder nach dem Süden befahren werden. Die bereits von Anfang an geplante Kurve („Wolfswinkelkurve“) für eine Verbindung von und nach dem Norden ist bisher nicht zustande gekommen.
1888 von Plagwitz (Zeitzer Bahnhof) über Plagwitz – Schleußig – Connewitz zum Bayrischen Bahnhof und mit Anschluss an die zweite Verbindungsbahn und damit zu den anderen Leipziger Bahnhöfen.
Diese Strecke wurde immerhin bis 1925, also 10 Jahre nach der Neuordnung des Streckennetzes im Zusammenhang mit dem Bau des Hauptbahnhofes betrieben. Die Strecke wurde zurückgebaut, ist aber noch an einigen Dämmen, Brückenwiderlagern und Hausgrundrissen zu erkennen, auch an einer Aufschüttung in der Könneritzstraße. Ein Leipziger Gästeführer bietet Radtouren entlang dieser Strecke an.
Mit dem Bau des Hauptbahnhofes von 1909 bis 1915 und mit der stetigen Zunahme des Verkehrs wurde das Leipziger Streckennetz neu geordnet und erweitert. Auf Entwicklungen nach 1989 (S-Bahn Mitteldeutschland, Citytunnel, Umbau Hauptbahnhof, Umnutzung von Anlagen aller Art) geht dieser Text bewusst nicht ein.

Quellen/Literatur/Links:
– eigene Kenntnisse
– Wolfram Sturm, Eisenbahnzentrum Leipzig, Pro Leipzig, 2003

Autor: Helmut Sander

Datum: 19.08.2014

Abbildungen:




Panometer (Gasometer II)


Firmenbezeichnung:

Stadtwerke Leipzig GmbH (ehem. Gaswerk 2)

Adresse:
Richard-Lehmann-Straße 114, 04275 Leipzig

Stadtteil:
Connewitz

Industriezweig/Branche/Kategorie:
Energiewirtschaft / Gaswerke

Kurzcharakteristik:
PANOMETER – ein Kunstwort aus „Panorama“ und „Gasometer“ für ein kreisrundes Ausstellungsgebäude.

Datierung:
1909/1910 und 2002/2003

Objektgröße:
6.500 m² (geschätzt)

Ursprüngliche Nutzung:
Gasspeicher

Heutige Nutzung:
Ausstellungshalle, Event-Location

Bau- und Firmengeschichte:
In den Jahren 1882 bis1885 wurde im Auftrag der Stadt Leipzig und nach Plänen von Georg Wunder in Connewitz bei Leipzig ein neues Gaswerk errichtet. Dieses ging am 18.08.1885 als „Gaswerk 2“ in Betrieb.
Es verkörperte den damaligen technischen Höchststand der Gaserzeugung mittels Steinkohle. Bedingt durch den schwankenden Gasbedarf von Industrie- und Haushaltskunden war es bis dato nicht möglich, eine zeitnahe und kontinuierliche Bereitstellung des erzeugten Gases zu ermöglichen. Die technische Lösung lag im Bau von Teleskop-Gasspeichern, sogenannten „Gasometern“, die große Mengen Gas mit einem gleichbleibenden Druck vorhalten konnten. Zeitweilig verfügte das Gaswerk 2 über bis zu vier dieser Gasometer. Davon waren drei mit einer gemauerten Hülle versehen. Das Gaswerk 2 wurde1929 zum Zentralgaswerk ausgebaut und damit ein großer Teil der Leipziger Vorort-Gaswerke stillgelegt.
Nach z. T. erheblichen Zerstörungen im 2. Weltkrieg begann man 1945 wieder schrittweise mit der Gasproduktion (am Anfang ca. 10% der Vorkriegsproduktion). Von 1952 bis 1977 wurde das Werk unter der Bezeichnung „Gaskokerei Max Reimann“ geführt. Im Jahr 1977 wurde das Zentral-Gaswerk nach 92jährigem Betrieb stillgelegt und abgerissen. Vom Abriss verschont blieben neben Werkstätten und Verwaltungsbauten auch die Gasometer I und II (heute Panometer).
In den 1980er Jahren wurde auf dem Gelände des ehemaligen Zentral-Gaswerkes ein auf Braunkohlenbasis betriebenes Heizwerk errichtet, welches bereits ab 1996 aus Gründen der Effektivität und des Umweltschutzes wieder abgerissen wurde. Heute ist ein 160 Meter hoher Betonschornstein, auf dem noch eine Antennenanlage aufgesetzt ist, das letzte sichtbare Zeichen dieser Ära. Auf dem riesigen Areal sind heute u.a. Werkstätten, Fuhrpark, Lager und Verwaltung der Stadtwerke Leipzig (SWL) untergebracht.
In den Jahren 2002/2003 wurden von Seiten der Stadtwerke Leipzig zum Erhalt der historischen Gasometer umfangreiche Sanierungsarbeiten durchgeführt. Darin einbezogen war auch der Architekt und Künstler Yadegar Asisi, der die Idee verfolgte, auf den riesigen Mauerwerksflächen großformatige Panoramabilder zu geschichtlichen bzw. besonderen Ereignissen und Anlässen zu zeigen. Die seit der Eröffnung 2003 mehrfach wechselnden Panorama-Bilder (z. B. Mount Everest, Regenwald, Rom, Völkerschlacht 1813) werden seitdem von Interessenten aus ganz Deutschland und Europa besucht und bestaunt.

Objektbeschreibung:
Der Gasometer II wurde um 1910 in massiver Ziegelbauweise errichtet. Die Außenfassade besteht aus gelben Klinkersteinen. Erdgeschoss sowie Fenster und Gesimse sind farblich mit roten Klinkern abgesetzt.
Mit dieser Bauweise führte der damalige Leipziger Stadtbaudirektor Hugo Licht seinen Anspruch, technische Anlagen in Leipzig mit einem architektonisch und ästhetisch anspruchsvollen Bauwerk zu umkleiden, fort. Weitere Beispiele ähnlicher Bauweise sind u. a. die Kraftwerke Leipzig Nord und Süd und der Gasometer Roscherstraße.
Der Gasometer II ist mit einem Durchmesser von ca. 57 Metern und einer Höhe von ca.50 Metern (inkl. Schwendlerkuppel und Laterne) ein stadtbildprägendes Bauwerk im Leipziger Süden. Der Rauminhalt beträgt ca. 56.400 m³.
Damit der Gasometer, inzwischen Panometer, den Anforderungen an einen modernen Ausstellungsraum entsprach, waren vor Eröffnung umfangreiche Bauarbeiten erforderlich, z. B. für die Eingangsgestaltung, Toiletten, Garderoben, Parkplätze. Ebenfalls in die Gestaltungmaßnahmen einbezogen wurde der unmittelbar daneben liegende Gasometer I. Er wird, da ohne Dach und Fenster, für verschiedene Freiluftveranstaltungen genutzt.

Quellen/Literatur/Links:
– Broschüre „150 Jahre Gasversorgung in Leipzig“, VEB Energiekombinat , Leipzig, 1988
– Internet Februar 2014: Wikipedia „Panometer Leipzig“
– Internet Februar 2014: Lichtkonzept „Plus-Minus“, Projektarbeit Beleuchtung der Gasometer der Stadtwerke Leipzig

Autor/in:
Peter Rosenbusch

Datum:
März 2014

Abbildungen:
Peter Rosenbusch – Februar 2014
Michael Hartwich – März 2017