Gebrüder Brehmer Maschinenfabrik

Titel des Objekts: Gebrüder Brehmer Maschinenfabrik

Objekt 1: Fabrikgebäude, Gießerstraße 12A, 04229 Leipzig (früher W31 Leipzig), erbaut 1905, ursprünglich für Spezialfabrik für Holzbearbeitungsmaschinen E. Kiessling & Co.ab ca. 1936 zu Gebrüder Brehmer gehörig – Buchbindereimaschinenbau

heutige Nutzung:

  • HSB Unternehmensgruppe (u.a. Heizung-Sanitär-Bau)
  • Verkaufs-Niederlassung der Theo Förch GmbH & Co. KG

Objekt 2: Fabrikgebäude, Karl-Heine-Str. 107/109 04229 Leipzig (früher W31 Leipzig), erbaut 1913, Bauherr Gebrüder Brehmer Buchbindereimaschinenbau

heutige Nutzung:

  • Fa. sage, (Software, Dienstleistungen)
  • Fa. DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH

Stadtteil: Plagwitz

Industriezweig: Polygraphischer Maschinenbau – Buchbindereimaschinen

Datierung: Firmengründung Gebrüder Brehmer: 1879; Fabrikgebäude um 1900 und 1905

Objektgröße: Gesamtfläche der Unternehmensbebauung der Gebrüder Brehmer ca. 10.000 qm.

Bau- und Firmengeschichte:

  • 1872 entwickelt Hugo Brehmer (geb. 1844 in Lübeck) in Philadelphia / USA ein Verfahren zum maschinellen Drahtheften von Papierbögen
  • 1873 ist er gemeinsam mit Bruder August Inhaber der Maschinenbaufirma Brehmer Brothers und entwickelt in den darauf folgenden Jahren die Buchdrahtheftmaschine
  • 1879 kehrt Hugo Brehmer – mit Werkzeugmaschinen aus Amerika – wieder zurück nach Deutschland und siedelt sich in Plagwitz an. Auf dem Gelände der früheren Holzhandlung und Kistenfabrik Just, Kachholz & Reuter (Albertstraße 61, heute: Karl-Heine-Straße 111) gründet er unter dem Namen Gebrüder Brehmer eine Fabrik zur Produktion von Buchbindereimaschinen – zunächst mit zwei Angestellten. Das erste mit Draht geheftete Buch wird auf der Kantate-Ausstellung der Buchhändler in Leipzig gezeigt. Noch im gleichen Jahr arbeiten in der Dampfbuchbinderei H. Sperling die ersten drei Drahtheftmaschinen von Gebr. Brehmer
  • 1884 Die Schiffchen-Faden-Buchheftmaschine wird marktreif
  • 1891 Hugo Brehmer stirbt. Plagwitz ist nach Leipzig eingemeindet
  • Friedrich Rehwoldt übernimmt die Geschäftsführung
  • Ab 1894 Produktion von Falzmaschinen mit halbautomatischer Bogenführung, die bis 1904 vollständig automatisiert werden konnten.
  • Um 1900 wird das Firmengelände bis zur Weißenfelser Straße ausgedehnt. Der Export floriert, die Produktpalette wird erweitert. In der dritten Unternehmergeneration führt Ludolf Colditz (jun.) (1883–1952) die Firma. Er arbeitet seit 1909 bei Gebr. Brehmer.
  • 1912 wird das Nachbargrundstück der ehemaligen Parkett-und Stabfußbodenfabrik A. Heym, Karl-Heine-Str. 107/109 erworben. Diese war seit 1888 am System der Gleisfinger (Anschlussgleise an das Eisenbahnnetz) beteiligt, damit wohl auch Gebr. Brehmer von Anfang an.
  • 1913 wird auf o.g. Grundstück das große Frabrikgebäude im Reformstil mit Klinker- und Putzfassade erbaut
  • 1920er Jahre: Das Firmengelände vergrößert sich durch Ankauf weiterer Nachbargrundstücke in der Weißenfelser Straße. Viele der auf den Grundstücken bereits vorhandenen Fabrikgebäude werden für die eigene Produktion weiter genutzt.
  • 1926 Kauf des Grundstücks Weißenfelser Str. 84 (vorm. F. Koehler Witwe & Sohn, heute Rapidobject GmbH)
  • 1936/37 wird das benachbarte Fabrikgebäude Gießerstr. 12A übernommen. Darin wurden vormals Holzbearbeitungsmaschinen produziert. Bis Ende der 1930er Jahre entwickelt sich Gebr. Brehmer zum Weltmarktführer für Maschinen der buchbinderischen Weiterverarbeitung. Nach Einbrüchen im Ersten Weltkrieg, in Inflation und Weltwirtschaftskrise erreicht das Unternehmen in den Jahren des Nationalsozialismus mit über 2000 Beschäftigten eine vorläufige maximale Ausdehnung.
  • 1939-1945 ist der Betrieb teilweise auf Kriegsproduktion umgestellt und bringt dem Unternehmen erhebliche Gewinne.
  • 1945 Bilanz nach Kriegsende: geringe Kriegsschäden. Das Unternehmen wird aufgrund des Befehls Nr. 124 der SMAD vom 30. Oktober unter Sequester gestellt.
  • 1948 erhält die Enteignung basierend auf den Volksentscheid vom 30. Juni 1946 Rechtskraft. Es erfolgt die Umwandlung in den volkseigenen Betrieb VEB Polygraph, Gebrüder Brehmer.
  • 1951 wird der VEB Polygraph, Gebr. Brehmer Leipzig mit dem VEB Polygraph Triumph Leipzig-Mölkau (vormals Fa. Gutberlet & Co., Mölkau) zusammengelegt und führt die Bezeichnung VEB Polygraph Falz- und Heftmaschinenwerk Leipzig.
  • 1953 Umbenennung in VEB Falz- und Heftmaschinenwerk Leipzig. Der Exportanteil an der Gesamtproduktion erreicht mit 91 Prozent einen Höchststand.
  • 1960 Fusion mit dem VEB Buchbindereimaschinenwerk Leipzig (ehemals Fa. Karl Krause) zum VEB Leipziger Buchbindereimaschinenwerke, Kurzbezeichnung LBW. (Werk I = ehemals Brehmer, Werk II ehemals Krause)
  • 1970 Das Kombinat Polygraph Leipzig (horizontale u. vertikale Zusammenschlüsse) in Zusammenhang mit der Auflösung der VVB Polygraph (nur horizontale Konzentration). Stammbetrieb wird LBW.
  • 1984 Angliederung weiterer Betriebe: VEB Blechverarbeitungswerk, Berliner Str., VEB Werk für graphische Maschinen in Taucha und das Ingenieurbüro Polygraph
  • 1990 nach der politischen Wende wird das Kombinat Polygraph aufgelöst. Die neue Brehmer Buchbindereimaschinen GmbH Leipzig ist ab 1. Juli der Treuhand unterstellt.
    1991 erwirbt die McCain Manufacturing Corporation, Sitz in Hamburg und Chicago, das Unternehmen. Das Sanierungskonzept sieht einen Stellenrückbau von 4/5 auf ca. 500 Angestellte vor.
  • 1993 verlegt das Unternehmen betitelt mit dem Namen McCain Brehmer Buchbindereimaschinen GmbH seinen ursprünglichen Standort von Leipzig-Plagwitz zum 13 Hektar großen neuen Produktions- und Vertriebsgelände (Brahestr. 8) im neuen Industrie- und Gewebepark Leipzig Nordost. Am Jahresende muss wegen konjunktureller Schwierigkeiten der Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt werden.
  • 1994 übernimmt der Falzmaschinenhersteller Stahl GmbH & Co. KG aus Ludwigsburg den neuen Leipziger Standort. In die zum größten Teil sanierten Gebäude am alten Standort in Plagwitz ziehen zögerlich nach und nach unterschiedlichste Firmen ein.
  • Ab 1999 gehört die Stahl GmbH mit dem Leipziger Betrieb zur Heidelberger Druckmaschinen AG.
  • 2015 Schließung des Standortes Leipzig der Heidelberg Postpress Deutschland. Damit kommen nach über 135 Jahren keine Buchbindereimaschinen mehr aus Leipzig.

Objektbeschreibung Gebäude Gießerstr.12A: (in Denkmalliste Leipzig Obj.-Dok.-Nr.: 09264279). Das um 1905 errichtete dreigeschossige Fabrikgebäude befindet sich in Ecklage zur Weißenfelser Straße.

Bauherr: Spezialfabrik für Holzbearbeitungsmaschinen E. Kiessling & Co. Die Firma. war 1906 Aussteller bei der 3. Deutschen Kunst- und Gewerbeausstellung in Dresden.

Merkmale: Fabrikgebäude mit turmartigen Eckrisalit und Mansard-Walmdach zur Straßenkreuzung, Klinker-fassade in Formen der versachlichten Architektur nach 1900. Klinker-, Putz- und Kunststeingliederungen. Verzichtet wird auf Bauschmuck, wie beispielsweise am Gebäude der Sächsischen Wollgarnfabrik Tittel & Krüger. Stattdessen wird die Fassade durch den Einsatz verschiedener Materialien akzentuiert, die in ihrer Farbigkeit mit der roten Klinkerfassade kontrastieren.

Objektbeschreibung Gebäude Karl-Heine-Str.107/109: (in Denkmalliste Leipzig Obj.-Dok.-Nr.: 09264128). Das Fabrikgebäude ist ein Stahlbeton-Skelettbau, im Reformstil mit vorgeblendeter Klinker- und Putzfassade. Durch diese Kombination sind große lichtdurchflutete Fenster möglich. Markant: In Jugendstilelemente eingebettete Fensterstürze aus Sichtbeton. Gebäude mit 12 Achsen (Fensterreihen), fünfgeschossig, Einfriedung und Vorgartenstreifen. Im Gegensatz zur Straßenansicht wirkt die Gebäuderückseite kleinteilig, verschachtelt und schmucklos. Architekten: Händel & Franke.

Quellen und Literatur:

Autoren: Juliane Gölzner, Thomas Wommer

Datum: 25.04.2018




Westwerk

Objekt: Westwerk Leipzig

  • früher: Schumann & Koppe ab 1882
  • DDR: VEB Industriearmaturen und Apparatebau Leipzig“ (IAL)
  • heute: Westwerk Leipzig GmbH seit 04/2007

Adresse: Karl-Heine-Str. 85- 93, 04229 Leipzig

Stadtteil: Plagwitz

Industriezweig/Branche/Kategorie: Gießerei und Armaturenherstellung, Metallverarbeitung

Datierung: 1872

Objektgröße: ca. 16.000m²

Ursprüngliche Nutzung: Gießerei spezialisiert auf Großarmaturen

Heutige Nutzung: Kunstquartier und Ateliers, Offspace, Gastronomie.

Bau- und Firmengeschichte: Die Anfänge der Nutzung reichen bis ins Jahr 1872 zurück. Herr Kaspar Dambacher errichtet an der damaligen Bahnhofstraße, heutigen Weißenfelser Straße einen Betrieb zur Metallverarbeitung. In den ersten 10 Jahren stellt die Gießerei mit vermutlich 4 Beschäftigten Kleinarmaturen her. 1874 erfolgt der Einsatz einer zur damaligen Zeit modernen Dampfmaschine für die Gießerei.

Übernahme durch Schumann und Koppe
Im Jahr 1882 übernimmt ein neuer Eigentümer die Anlagen und leitet den Ausbau des Werkes ein. So entstehen neben einen Wohnhaus in den Folgejahren neue Produktionsflächen und dazugehörige Nebengebäude.

Spezialisierung fördert den Absatz
In den 1890er Jahren verlegt man sich auf die Herstellung von wuchtigen Armaturen wie sie zum Beispiel in Dampfanlagen der Kraftwerkstechnik benötigt werden. Auch Spezialanfertigungen für höchste Drücke oder Absperrventile in schwerer Ausführung werden hier gefertigt. Sicherheitsventile und Entöler sowie Vorwärmer runden das Produktionsprofil ab und finden in ganz Europa guten Absatz. Eine zweite Gießerei wird in Leutzsch um 1900 errichtet. Im Stammwerk Plagwitz ist die Belegschaft auf 140 Mitarbeiter angestiegen.

Erstmalig in Deutschland
1906 gelingt hier der erste Kokillenguss in Deutschland. Ein Verfahren das bei schneller Abkühlung des Gusses ein dichtes Materialgefüge aufweist. Also verbesserte Eigenschaften als beim bisherigen Sandguss. Ein Vorsprung in der Fertigung.

Hochkonjunktur im ersten Weltkrieg
Als Zulieferer für die ersten Marine U-Boote war der Betrieb voll in die Rüstung eingebunden. Auch andere Branchen wie die beginnende Autoindustrie, das Funkwesen oder der Maschinenbau bieten gute Absatzmärkte. Erweiterungen der baulichen Anlagen sind die Folge.

Auf und Ab in den nächsten Jahren…
Nach guten Gewinnen Mitte der 20er Jahre hat auch hier die Weltwirtschaftskrise ihre Spuren hinterlassen. Das Stammhaus mit Firmengiebel ist bis 1926 vollendet. Doch die Zahl der Beschäftigten halbiert sich fast um 1931/32. Auch Wertverluste müssen hingenommen werden. Ab 1933 steigt die Arbeiterzahl wieder deutlich an. Nun ist Platzmangel ein Problem. Die Übernahme der benachbarten Hallen der ehemaligen Pferde-Straßenbahn bringt für kurze Zeit Abhilfe.

Erneut Vollauslastung 1939-45
Durch die Einbindung des Werkes in die Rüstungsproduktion im 2. Weltkrieg erlebt die Produktion eine deutliche Steigerung. U-Boot Armaturen finden schnell Absatz… Ein trauriges Kapitel ist der Einsatz von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen um die Fertigung aufrecht zu erhalten. Es kommt zur Anmietung von Produktionsflächen ab ca. 1943 in der Umgebung. In die gleiche Zeit fallen auch Zerstörungen durch Fliegerbomben.

Ein neuer Anfang
1946 kam es zur Enteignung laut Volksentscheid. Durch die Sowjetische Militär-Administration in Deutschland (SMAD) erfolgte die Neugründung als SAG „Podjomnik“. Ca. 600 Beschäftigte fanden in der schweren Nachkriegszeit hier eine Anstellung. Weitere Verbesserungen der Arbeitsbedingungen konnten erreicht werden.

Am 1. Januar 1950 kommt es zur Umbenennung in SAG „Transmasch“. Das Werk ist wichtig für Reparationsleistungen an die Sowjetunion und auch der Export spielt wieder eine große Rolle.

Neubau in Rekordzeit
Durch die Bedeutung des Werkes wird 1952/53 eine moderne Produktionshalle an der Karl-Heine Straße erbaut. Entworfen von den Architekten Otto Hellriegel und Johannes Koppe wurde der Bau in nur 8 Monaten vollendet. Eine beachtliche Leistung und Architektonisches Wahrzeichen der Modernen Sachlichkeit des heutigen Westwerkes! Bereits in den 1930er Jahren gab es Überlegungen zum Bau einer großen Fertigungshalle, konnte aber erst nach dem 2.Weltkrieg realisiert werden. Zeitgleich erfolgte östlich der Halle die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes. Weitere Investitionen erfolgen…

Zum 31.12. 1953 ging der Betrieb in Volkseigentum über und heißt: VEB „Industriearmaturen und Apparatebau Leipzig“ (IAL)
In den 1960er Jahren konnte sich die Gießerei als die modernste der DDR bezeichnen und durch Taktfertigung konnte die Produktion optimiert werden. Ca. 1000 Beschäftigte stellen u.a. Hochofen- und Hochdruckarmaturen, Walzwerkausrüstungen, Destillieranlagen und weitere Gusserzeugnisse her. Verschiedene Standorte im Leipziger Stadtgebiet kommen hinzu. Durch die Herstellung von Ausrüstungen für die chemische Industrie und Erdölleitungen ist der Export von größter Bedeutung und man hat bis zur Wende mehr als „gut zu tun“.

Ein Leuchtturm für den Wandel im Stadtteil
Ab 1990 übernimmt ein privater Investor die Firma. Für die nächsten 6 Jahre heißt der Betrieb nun: „Industriearmaturen Leipzig GmbH“. In den folgenden Jahren wird die Produktion eingestellt. Das Werk verändert sein Gesicht. Nun folgt ab 2007 eine Umnutzung für kulturelle Zwecke durch die Westwerk Logistics GmbH. Heute kann man auf dem Gelände in einer großen Vielzahl von erhaltenen Gebäuden aus allen Zeitepochen des Werkes eine Menge unterschiedlicher Einrichtungen antreffen. So gibt es neben Ateliers, Werkstätten, Büros auch Gastronomie und Einzelhandel. Das Kunstquartier „Westwerk“ hat sich weit über die Stadtgrenzen von Leipzig einen Namen gemacht und ist durch verschiedenste Veranstaltungen ein wichtiger Bestandteil im kulturellen Leben. Die Mauern der ältesten erhaltenen Gießerei von Leipzig sind hier ebenso zu finden, wie Hallenreste des ehemaligen Straßenbahnhofes der Leipziger Pferde-Straßenbahn aus dem Jahr 1881. Von der Gründerzeit bis zur Moderne kann man den hier befindlichen Fabrikbauten vornehmlich in roter Klinkerbauart auch noch ihre „Gebrauchsspuren“ ansehen. Bei geführten Rundgängen sowie bei Veranstaltungen kann man das Flair der vielfältigen Einrichtungen auf dem Gelände erleben und in die kreative Szene junger Menschen eintauchen. Ebenso können Räume in der ehemaligen Eisengießerei für Veranstaltungen angemietet werden.

Quellen/Literatur/Links:

  • Westwerk GmbH Karl-Heine-Straße 93 04229 Leipzig, www.westwerk-leipzig.de
  • www.wikipedia.de
  • „Vom Zweispänner zur Stadtbahn“, LVB-Chronik, 1996

Autor: Mann, Mathias

Datum: 01.06.2018

Abbildungen:




Karl Krause

Titel des Objekts: Buchbindereimaschinenwerke Leipzig / Karl-Krause-Fabrik

Adresse: (Fabrikgebäude) Theodor-Neubauer-Str. 60 04318 Leipzig, 1905-1963: Karl-Krause-Str. 60

Stadtteil: Anger-Crottendorf

Industriezweig/Branche: Polygrafischer Maschinenbau / Buchbindereimaschinenbau

Datierung: Firmengründung 1855, Fabrikgebäude 1913

Objektgröße: Nutzfläche Fabrikgebäude ca. 7700 m², Fabrikgelände (schwankende Größenangaben): ca. 63.000 m², bzw. 5ha (1892)

Ursprüngliche Nutzung: Fabrikgebäude für den Bau von Buchbindereimaschinen und Lehrwerkstatt

Heutige Nutzung: keine, gegenwärtig Ruine

Bau- und Firmengeschichte:

  • 1823 wird Karl Krause als 11. Kind der Familie in Liemehna, einem preußischem Dorf bei Eilenburg, als Sohn eines Gutsbesitzers (auch Landwirt notiert) geboren. 1838 Umzug nach Leipzig. Er arbeitet als Laufbursche des Konditors Wilhelm Felsche für das Café Français (neben der Paulinerkirche). Felsche ist in Liemehna an einer Zuckerfabrik beteiligt. Anmerkung: Café zu Beginn des 1. Weltkrieges umbenannt in Café Felsche
  • 1842-1846 Schlosserlehre, anschließend Wanderschaft in SW-Deutschland und der Schweiz
  • 1848 wieder in Leipzig, bildet sich Krause autodidaktisch weiter und arbeitet als Geselle in mehreren Maschinenfabriken, auch in der Leipziger Eisenbahnbau-Werkstatt der Gebr. Harkort, wo seine Meisterwerdung erfolgt. Der Meistertitel wird ihm verwehrt, so nennt er sich Mechanicus und Maschinenbauer
  • 1855 richtet sich Krause in der Erdmannstraße (heute Reichelstraße) mit geringem Kapital und der Hilfe von Felsche eine Reparaturwerkstatt für Maschinen des grafischen Gewerbes ein. Innungszwang und Schwierigkeiten als Ausländer das Bürgerrecht zu erlangen, erschweren Krause die Etablierung, ehe er seinen Bürgereid leisten kann. Im Fokus stehen bald selbstgebaute Steindruckpressen und Papierschneidemaschinen. Krause baut eine stark verbesserte Kniehebelpresse für Blinddruck und Vergoldung
  • 1857 kommt eine kleine Eisengießerei hinzu
  • 1859 beginnt der Export seiner Erzeugnisse
  • 1861 Umzug des Betriebes in die Inselstraße 14/16 – in das Graphische Viertel  (um 1900 gibt es im Graphischen Viertel ca. 2100 Betriebe der Branche, also Verlage, Druckereien, Buchbindereien, Buchhandlungen, Antiquariate und entsprechende Maschinenbaubetriebe)
  • 1870 kauft Krause in Crottendorf, östlich von Leipzig gelegen, ein großes Gelände für seine neue Fabrik
  • Krause bezieht seine Gussteile noch von drei fremden Gießereien
  • Ab 1873 beginnt deshalb der Bau der neuen Fabrik mit der Eisengießerei, was sich zeitweise auch in der Firmenbezeichnung wiederfindet: Maschinenfabrik und Eisengießerei Karl Krause, Leipzig
  • Schmiede und Kesselhaus folgen.
  • 1877 Fabrikhallenbau längs der heutigen Zweinaundorfer Straße
  • 1878 zieht die gesamte Belegschaft um – die Baumaßnahmen sind im Wesentlichen abgeschlossen. Das Pendeln zwischen Inselstraße und Crottendorf hat ein Ende. Krause wird als sozial eingestellter Patriarch charakterisiert: Auch zum Wohle der Firma lässt er Werksküche, Bibliothek, betriebseigenes Schwimmbad, Umkleideräume und Werkswohnungen bauen, sorgt für die Vergabe von Sozialleistungen und initiiert einen Sanitätsdienst. Er lässt auf dem Firmengelände fast 100 sogenannte Familiengärten nach Schreberschem Vorbild anlegen, die den Arbeitern gegen eine geringe Pacht zur Nutzung überlassen werden.
  • 1887 Anschluss durch die Leipziger Pferde-Eisenbahn (LPE) an Leipzig. Das Projekt wird von Krause mit Land und Geld unterstützt. Die Konzession als Betreiber der LTE besitzt eine englische Firma. PKW und das alltagtaugliche sichere Fahrrad gibt es noch nicht! Die Fabrik ist auch für Leipzig der größte Arbeitgeber.1883 fusionieren Anger und Crottendorf zur Gemeinde Anger-Crottendorf mit Krause als größtem Arbeitgeber.
  • 1889 wird Anger-Crottendorf zur Stadt Leipzig eingemeindet, ebenso wie z.B. Reudnitz
  • 1893 erhält Karl Krause für sein soziales Engagement den Ehrentitel Kommerzienrat 
  • 1893/94 Übergabe der Firmenleitung an Heinrich Biagosch (Schwiegersohn und Ehemann einer seiner 3 Töchter und in der Krause-Firma seit 1877 beschäftigt). Er wird Teilhaber.
  • 1895 Übernahme der Falz-und Heftmaschinenfabrik Ernst Preuße
  • 1896 hat die Fabrik 600 Beschäftigte und wird ein führendes Unternehmen der Branche
  • 1898 lässt Krause eine Eisenbahnverbindung zum Werk errichten. Er nutzt die Nähe des Eilenburger Bahnhofes. Die Waggons können bis in die Höfe der Fabrik fahren, unmittelbar an der Westseite der benachbarten Eisen-bahnbrücke (in Denkmalliste Leipzig Obj.-Dok.-Nr. 09264507), später erbaut: 1905. Auf der Zweinaundorfer Str. ergibt sich so eine kuriose Schienenkreuzung von Straßenbahngleis und Eisenbahngleis. Kurios auch der minimale Spurweitenunterschied (Straßenbahn: 1458 mm, Eisenbahn: 1435 mm. Die Differenz soll auf einem Umrechnungsfehler vom Zoll-System ins metrische System (in Deutschland ab 1872) für das Straßenbahngleis entstanden sein. Noch heute besitzt die Leipziger Straßenbahn die größte Spurweite aller deutschen Straßenbahnen. Zusätzlich hat die Fabrik aber auch einen eigenen Fuhrpark.
  • 1902 stirbt Karl Krause. Heinrich Biagosch übernimmt den Betrieb.
  • 1903 Ein 2.Rückschlag: Große Teile der Fabrik fallen einem Brand zum Opfer. Wiederaufbau und Brandschutz-maßnahmen folgen, z.B. Brandschutzmauern und eigene Feuerwehr
  • 1906 ist die Villa Krause fertig – ein gelber Klinkerbau – ein veritabler (wahrhaftiger) Stilgemischtwarenladen
  • Familie Biagosch wohnt zusammen mit der Witwe Karl Krauses in der Villa auf dem Fabrikgelände.
  • Ab 1918 sind alle drei Söhne von Biagosch in der Geschäftsleitung
  • 1919 wird das Unternehmen in Krausewerke umbenannt
  • 1922 verfügt das Werk über ca. 1600 Beschäftigte
  • 1924 stirbt Vater Heinrich Biagosch
  • 1929 wird die Repetier-Kopiermaschine erfunden.
  • 1934 Sonderabteilungen fertigen Flugzeugteile (bis1941)
  • 1936 neuer Name Karl Krause, Maschinenfabrik
  • Ab 1941/42 kommen auch Zwangsarbeiter zum Einsatz, besonders aus Osteuropa
  • 1942/43 wird die erzwungene volle Kapazität des Betriebes zur Panzer-Ersatzteilproduktion ausgeschöpft.
  • Kurz vor Kriegsende sind ca. 530 Zwangsarbeiter beschäftigt. Das Unternehmen wird durch Bombardements der Alliierten beschädigt: Die Fabrikhallen brannten zu ca.65% aus.
  • 1945 nach Kriegsende werden 70% der Werkzeugmaschinen und Betriebsanlagen demontiert und in die SU abtransportiert. Die verbleibenden 30% sollen für Reparationsaufträge genutzt werden.
  • 1946 wird die Firma auf Grund des Volksentscheides in Sachsen enteignet. Die drei Söhne von Heinrich Biogasch verlassen Leipzig Richtung Westen (alle drei waren in der NSDAP). In Neuss gründen sie das Unternehmen neu.
  • 1948 wird das Werk in Leipzig verstaatlicht und nennt sich nun Polygraph Karl Krause VEB Papier-Verarbeitungsmaschinen
  • 1949 Umzug der Biagosch-Firma von Neuss nach Bielefeld, Gründung der Krause-Biagosch GmbH Deutschland
  • 1951 Umbenennung des Leipziger Werkes zum VEB Polygraph Buchbindermaschinenwerk Leipzig, gängige Kurzbezeichnung: Bubima
  • 1959/1960 wird die ehemalige Firma Gebr. Brehmer (ansässig in Plagwitz) mit dem VEB Buchbinderei-Maschinenwerk Leipzig zum neuen Großbetrieb VEB Leipziger Buchbindereimaschinenwerke fusioniert, Kurzbezeichnung LBW. Die Eigenständigkeit geht verloren. Zur Unterscheidung wird es Werk II genannt.
  • 1970 wird das Kombinat Polygraph Leipzig gegründet (horizontale und vertikale Zusammenschlüsse) in Zusammenhang mit der Auflösung der VVB Polygraph (nur horizontale Konzentration). Das Kombinat hat ca. 16.000 Beschäftigte und liefert Erzeugnisse in mehr als 60 Länder. Stammbetrieb wird LBW.
  • 1990 wird das Kombinat Polygraph Leipzig aufgelöst und in seine einzelnen Betriebe zerlegt. Der Betrieb wird ab 1. Juli der Treuhand unterstellt. Die neue Brehmer Buchbindereimaschinen GmbH, letzter Anschließer am ehemaligen Eisenbahn-Anschlussgleis.
  • 1994 Werksschließung (Werk II) und Abriss fast aller Gebäude – siehe auch Katalogseite Gebrüder Brehmer zur Entwicklung von Werk I. Die Stadt Leipzig plant ein neues Wohngebiet, das aber bis heute nicht realisiert ist. Neue Straßennamen werden festgelegt, z.B. Weidenbachplan.
  • Kurz nach der Jahrtausendwende sind die letzten Gleise, die Weichen an der Abzweigstelle Anger und die Brückenüberbauten über die Zweinaundorfer Straße demontiert.
  • 2013 bis 2014 werden Krause-Villa (in Denkmalliste Leipzig Obj.-Dok.-Nr.: 09264498) und Remise (Wirtschaftsgebäude) umfangreich saniert, ebenfalls das Kontorgebäude mit Tordurchfahrt (Zweinaundorfer Straße 59 = alte Firmenadresse). Neue Wohnungen entstehen, außerdem eine Klinik für Kavitation (Ziel: Gewichtsreduzierung) und eine Gemeinschaftspraxis. Im 1913 errichteten Fabrikgebäude sollen 100 Wohnungen entstehen, weitere 100 auf dem inzwischen bewaldeten Areal.

Objektbeschreibung: Fabrikgebäude (in Denkmalliste Leipzig Obj.-Dok.-Nr.: 09261088), erbaut 1911 bis 1913, am Giebel die Inschrift A.D.1913, in offener Bebauung, ein dominanter Bau, ortsbildprägend von Bedeutung, 4 bzw.5-geschossig, rote Klinkerfassade, Gebäude auch für Verwaltung und Lehrwerkstatt genutzt.
Markant: Gebäude mit vielen Türmen und pittoresker (malerischer) Dachlandschaft von der Gebäuderückseite aus sichtbar, 22 Achsen (Fensterreihen), davon mit 5 Achsen mit Halbgeschoss und Dreieckgiebel, ausgebautes Dachgeschoss. Andere Baulichkeiten an der Gebäuderückseite sind abgebrochen worden.
Blick-Tipp: Links neben dem Fabrikgebäude (Theodor-Neubauer-Straße 60) führt ein zum Schleichweg degradierter Fußweg zur 2013 stillgelegten Eisenbahnstrecke inkl. S-Bahnhaltepunkt. Von hier aus hat man eine schöne Aussicht auf das große Areal der ehemaligen Fabrik, rechts die Rückansicht des großen beschriebenen Fabrikgebäudes, hinter einem wildgewachsenem jungen Wäldchen die Villa-Krause – gerade noch sichtbar. Die einstige Eisenbahnstrecke soll zum „Parkbogen Ost“ umgestaltet werden – so der Plan. Die bis heute existierende Industriebrache ist ein Sinnbild für den schwierigen Strukturwandel nach 1990.

Quellen/Literatur/Links:

Autoren: Dave Tarassow, Thomas Wommer

Datum: 25.04.2018

Fotos: Dave Tarassow (13.01.2013)




MIMO

Titel des Objekts: Mitteldeutsche Motorenwerke G.m.b.H. Taucha

Adresse: Taucha, Am Veitsberg

Industriezweig/Branche/Kategorie: Flugzeug-Motorenbau

Kurzcharakteristik: Unternehmen zur Lizenzproduktion von Junkers-Flugmotoren

Datierung: am Standort von 1935 bis 1945

Objektgröße: ca. 80 ha

Ursprüngliche Nutzung: Wald und Feld

Heutige Nutzung: Industriebrache im Wald, Teilstücke werden als Lagerräume, Schützenvereinsgelände und Paintball Areal genutzt

Bau- und Firmengeschichte: 

Die Mitteldeutschen Motorenwerke GmbH (MMW, umgangssprachlich Mimo) wurden am 29. Juni 1935 von der Auto Union AG gegründet. Das Werk zum Bau von Flugmotoren befand sich ursprünglich in Zwickau auf dem Gelände des Horch-Werkes und lag dadurch zu nahe an der Grenze zur Tschechoslowakei. Für den zukünftigen Standort wurde Leipzig gewählt. Als Gegenstand des Unternehmens wurde nicht der Bau von Flugmotoren, sondern zur Verschleierung, die Herstellung von Motoren aller Art eingetragen.

Nach dem Erwerb von Land zwischen Portitz und Graßdorf begann hier der Aufbau des neuen Werkes. Das zum größten Teil bewaldete Gelände, gehörte 1936 zu etwa 80 % zur Stadt Leipzig und zu etwa 20 % zur Stadt Taucha. Das Werk dehnte sich später vor allem in südlicher Richtung aus. Am 20.1.1937 betrug seine Gesamtfläche 560200 Quadratmeters, also 56ha. Von den 2330 Beschäftigten am 10.10.1937 wohnten 1200 in Taucha und 680 in Leipzig. Der zu Leipzig gehörende Teil des Betriebsgeländes, der sich bis zum Jahre 1939 auf fast 50 % verringert hatte, wurde am 1.4.1939 von Leipzig aus- und nach Taucha eingemeindet. Von da an hieß der Betrieb Mitteldeutsche Motorenwerke GmbH Taucha.

Die Auto Union AG mit Sitz in Chemnitz wurde mit Wirkung vom 31.12.1940 alleiniger Gesellschafter. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 15 Millionen RMs. In den MMW wurden in Lizenz Junkers Flugmotoren gebaut. Die Produktion stieg von 73 Motoren im Jahre 1936 auf 5327 Motoren im Jahre 1939. Den Höchststand der Belegschaftsmitglieder hatte man mit mit 9339 am 31.12.1942. Davon waren 3901 ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene. Durch Luftangriffe auf das Werk am 28.5., 29.5., 29.6. 7.7., 28.7. und 2.11.1944 wurden etwa 60 % der Werksanlagen zerstört. Die geschätzte Schadensumme belief sich auf 58.240.315,00 RM. Das Fertigungsprogramm der MMW umfaßte in den letzten Kriegsmonaten im wesentlichen den Lizenzbau das Flugmotors Jumo 213, des Strahltriebwerks Jumo 004 und Motor- bzw. Triebwerksreparaturen.

Nach Kriegsende 1945 stellten sich die MMW auf eine Friedensproduktion um. Neben der Herstellung von Haushaltgegenständen wurden zunehmend Maschinenreparaturen für andere Firmen ausgeführt. Die Zahl der Belegschaftsmitglieder betrug am 1.9.1945 nur noch 521. Die MMW, die seit Anfang Dezember 1945 der Sowjetischen Militäradministration unterstellt waren, wurden als ehemaliger Rüstungsbetrieb ab Januar 1946 demontiert. Sämtliche Werkhallen, Bürogebäude usw., bis auf das Verwaltungsgebäude und die Gebäude der Fliegertechnischen Vorschule, wurden nach ihrer Ausräumung gesprengt.

Am 27. August 1948 ist die Firma laut Handelsregister erloschen.

Objektbeschreibung

Das Gelände ist ca. einen Kilometer lang und an seiner größten Nord-Süd Ausdehnung 800m breit. Die nördliche Grenze bildet die Parthe, die östliche Grenze die Grasdorfer Straße, nach Süden dehnte sich das Werk immer weiter in Richtung Tauchaer Straße aus. Im Werk wurden die meisten Straßen als Einbahnstraßen ausgeführt und somit eng gehalten, um eine Erkennung aus der Luft zu erschweren. Die Hauptanlieferungsstraßen allerdings waren auch für den Begegnungsverkehr vorgesehen.

Das Werk wurde aus luftschutztechnischen Erwägungen heraus als unorganisches Werk dem Gelände im Wald angepasst. Bei der späteren Erweiterung auf dem Feld in Richtung Tauchaer Straße wurde auf die Tarnung keine Rücksicht mehr genommen, hier standen eindeutige technologische Betrachtungen mit einem gesteigerten Produktionsausstoß im Vordergrund. Zur Warenanlieferung und zur Versorgung der Heizkraftwerke verfügte das Werk über einen Gleisanschluß. Im nordwestlichen Bereich befand sich der sogenannte Mimoteich, der sowohl Kühlwasser für die Motorenprüfstände bereitstellte, aber auch als eine Löschwasserreserve diente.

Quellen/Literatur/Links:

  • Textquellen: Gerhard Jahn, Peter Kohl
  • Fotos: ROG-Film Produktion
  • Persönliche Dokumente und Informationen von: Harald Hoffmann, August Katz, Uwe Kober, Gertraude Kühn, Max Laube, Thomas Münch, Wolfgang Rumpelt
  • Dokumente als Leihgabe des Museums Taucha

Autor: Roger Liesaus

Datum: 28.03.2018

Abbildungen:

  • Verwaltungsgebäude1941; Archiv Museum Taucha Betriebszeitung „Der Motor“,
  • LehrlingeSport; Archiv Museum Taucha Betriebszeitung „Der Motor“,
  • KantineMimoGebäudeAußen; Archiv Museum Taucha Betriebszeitung „Der Motor“,
  • MimoBürogebäude; Roger Liesaus Foto 2017
  • GegenkolbenflugdieselmotorJumo205; Roger Liesaus 2017
  • Werkhallenruine; Roger Liesaus Foto 2018
  • TypenschildJumo205; Roger Liesaus Foto 2017
  • Splitterschutzbunker; Roger Liesaus Foto 2018
  • Speisehalle; Roger Liesaus Foto 2018
  • Kantinengeschirr; Roger Liesaus Foto 2018



DIMO

Titel des Objekts: VEB Dieselmotorenwerk Leipzig (DML, DIMO) | Reformmotorenfabrik

Adresse: Leipzig, Heinrich-Heine-Straße 35

Stadtteil: Böhlitz-Ehrenberg

Industriezweig/Branche/Kategorie: Maschinenbau/Motorenbau

Kurzcharakteristik: Mittelständiges Unternehmen zur Herstellung von Dieselmotoren, später von kompletten Notstromaggregaten.

Datierung: am Standort von 1906 bis 1998

Objektgröße: ca. 20.000 m²

Ursprüngliche Nutzung: Reform-Motorenfabrik 1906 bis 1934

Heutige Nutzung: Industriebrache/ Lagerräume/ Neuansiedlung kleiner Firmen

Bau- und Firmengeschichte:

  • 01.09.1901 Wilhelm Meyer und Wilhelm Hanke gründen in Leipzig-Plagwitz Carl Heinestrasse 35, diagonal gegenüber dem gerade neu gebauten Felsenkeller, die Automobil-Werke Leipzig GmbH.
  • 1904 Umfirmierung in Reform-Motoren-Fabrik G.m.b.H.
  • 1906 zieht das Unternehmen nach Böhlitz-Ehrenberg in ein neu errichtetes Firmengebäude.
  • 1914 bis 1918 die Firma stellt während des 1.Weltkrieges Granaten her, der Motorenbau wird eingestellt.
  • 1920 Wilhelm Meyer wechselt in den Aufsichtsrat und Wilhelm Hanke ist nun alleiniger Geschäftsführer. Es werden drei Prokuristen bestellt.
  • 1934 wird die Firma verkauft und heißt nun H.K. Heise GmbH Maschinenbau.
  • 1935 bis 1945 H.K. Heise GmbH Maschinenbau hat auf Kriegsproduktion umgestellt und fertigt Teile für die Flugzeugindustrie (Zahnräder für die Erla Werke) und Granaten 3,7cm Flak und größere Kaliber.
  • Nach Ende des Zweiten Weltkriegs arbeitete der bedeutende Motorenentwickler Prof. Alfred Jante von 1945 bis 1946 zunächst als Technischer Leiter der H. K. Heise Maschinenbau GmbH in Böhlitz-Ehrenberg bei Leipzig. Die Firma wird 1946 enteignet und wird volkseigener Betrieb. Es werden wieder Dieselmotoren hergestellt.
  • 1958 im Rahmen der internationalen Hilfe werden aus dem Irak und dem Sudan junge Leute in der Dimo zu Schlossern ausgebildet.
  • Entwicklung der Betriebsstruktur und Produktionskapazität ab 1960 und den Folgejahren. Die Belegschaft wächst auf ca. 500 Mitarbeiter.
  • Für die Steigerung der Produktivität und Effektivität erfolgt eine Arbeitsteilung zwischen den Kombinatsbetrieben und eine Spezialisierung der Betriebe auf bestimmte Baugruppen bzw. Bauteile. Im DML werden die Finalerzeugnisse Dieselmotoren und Diesel–Elektroaggregate weiterhin produziert und die Spezialisierung auf Pleuelstangen und Nockenwellen ausgebaut. Die Lieferung der Teile und Baugruppen erfolgt an folgende Werke: Kombinatsstammbetrieb SKL Magdeburg, Elbewerk Rosslau, Motorenwerk Berlin Johannisthal, Motorenwerk Cunewalde und Einspritzgerätewerk Aken.
  • Um die Produktionsvoraussetzungen zu schaffen und zu erweitern, werden zusätzliche Grundstücke und Gebäude erworben. In der Fabrikstraße 19 werden zunächst Hallen im Barackenstil aufgebaut und in den 1970er Jahren dann große Betonmassivbauten errichtet. In der Heinrich-Heine-Straße werden das Gelände und Gebäude der Baufirma Pfeiffer, der ehemalige Kohlenhof und das Papierverarbeitungswerk übernommen. Dort entstehen Sozial- bzw. Verwaltungsräume, sowie Produktionsräume und eine Hochregal-Lagerhalle. Zwei weitere Betriebe werden dem DML angeschlossen und ausgebaut: der Stahl- und Metallbau in Kühren (ca. 50 Arbeitskräfte) und der SKL–Betriebsteil in Oberlungwitz (ca. 190 Arbeitskräfte).

Erzeugnisentwicklung und Produktpalette

1972 bis 1989 Antriebsmotoren für Fluß- und Binnenseeschiffe, Diesel-Elektroaggregate, als Hilfsaggregate für Hochseeschiffe, Notstromaggregate mit automatischem Start für Hochseeschiffe, Krankenhäuser, Hotels und Gewächshäuser, Diesel-Elektroaggregate für Kühlzüge (diese werden im Waggonbau Dessau für den SU- Export verbaut, ca. 150-200 Stck./Jahr), Diesel-Elektroaggregate mit Motoren von ROBUR Zittau für autonome Maschinenkühlwagen (diese werden ebenfalls im Waggonbau Dessau für den SU-Export verbaut, ca. 600 – 1000 Stck./ Jahr geeignet für Startbedingungen bei minus 40 °C)

Im Jahr 1986 erfolgt vom Ministerium für DML eine Freigabe von 15 Millionen DM zum Import von Maschinen aus dem kapitalistischen Ausland, bzw. der BRD. Dafür werden von fünf Firmen aus der BRD hochproduktive, zum Teil automatisierte Sondermaschinen für die Pleuelstangen- und Nockenwellenproduktion geplant und beschafft. Diese Maschinen und Anlagen werden 1989 und 1990 geliefert und installiert. Sie kommen noch für kurze Zeit erfolgreich zum Einsatz und werden dann, wie der gesamte Betrieb, Opfer der neuen Situation.

  • 1990 aus dem VEB wird eine GmbH.
  • 1998 Gesamtvollstreckung.
  • Seitdem verfallen das Gelände und die Gebäude.
  • 2014 wird anlässlich des Tages der Industriekultur in der Industriebrache eine Veranstaltung mit Filmen, Vorträgen, Lesungen, Foto und Videoshow, die 140 Besucher anlockte, durchgeführt.
  • 2016 im Zuge von Neuansiedlungen wird begonnen, die große Halle wieder auszubauen.

Objektbeschreibung: Das Hauptgebäude wurde um 1906 errichtet. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden verschiedene Nebengebäude errichtet, die wiederholt wechselnder Nutzung unterlagen. Das Gelände ist ca. 250 m lang und knapp 100m breit. An der Nordostseite liegt es an der Heinrich-Heine-Straße, an der Südwestseite befindet sich ein Gleisanschluss, der vor allem für die Belieferung mit Rohmaterial wichtig war. Der Direktexport von Motoren oder Diesel-Elektroaggregaten in die Sowjetunion, und andere sozialistische Länder, aber auch ins kapitalistische Ausland wurde im Betrieb vom Zoll abgenommen, in Kisten verpackt und auf Waggons verladen.

Quellen/Literatur/Links:

  • Persönliche Dokumente und Informationen von Helmut Liesaus, Ernst Burghardt, Manfred Winkler, Manfred Eidner
  • Dokumente als Leihgabe des Heimatmuseums Böhlitz-Ehrenberg

Autoren: Helmut Liesaus, Roger Liesaus

Datum: 26.03.2018

Abbildungen:

  • Reformmotorenfabrik1919; Archiv Heimatmuseum Böhlitz-Ehrenberg
  • ReformmotorenfabrikKarlHeineStr2013; Roger Liesaus
  • Reformmotor1910; Roger Liesaus
  • Reformmotor1910Schild; Roger Liesaus
  • ReformmotorenAufDerMesse1918; Archiv Heimatmuseum Böhlitz-Ehrenberg
  • FlakMunition3,7cmIm2WK; Bundesarchiv
  • MaschinenhalleFabrikstr1970erJahre; Archiv Manfred Winkler
  • ProspektDieselmotor1970erJahre; Archiv Ernst Burghardt
  • Dieselmotorenwerke, große Halle2013; Enno Seifried
  • Fabrikansicht2013; Roger Liesaus



Bahnhof Stötteritz

Titel des Objekts: Bahnhof Leipzig-Stötteritz

Adresse: Güntzstraße 2, 04299 Leipzig

Stadtteil: Leipzig-Stötteritz

Industriezweig/Branche/Kategorie: Verkehrswesen/Eisenbahn

Kurzcharakteristik: ehemals Güterabfertigung und Personenbahnhof, heute Halte-und Endpunkt im Mitteldeutschen S-Bahn Netz

Datierung: Bahnhof seit 1. Mai 1905

Objektgröße: nicht ermittelbar, Grundfläche Empfangsgebäude ca. 160m2

Ursprüngliche Nutzung: als Ladestelle für Güter am 1. Dezember 1891 eröffnet, ab 1. Mai 1893 auch Haltestelle für Personenverkehr

Heutige Nutzung: nach völliger Umgestaltung der Anlagen seit 13.Dezember 2013 nur noch Personenverkehr, Empfangsgebäude und Güterschuppen ungenutzt.

Bau- und Firmengeschichte: Wie die Eisenbahn Stötteritz erreichte… Mit Inbetriebnahme der 2.Verbindungsbahn am 20.August 1878 wurde auch die damals selbstständige Gemeinde Stötteritz von der Eisenbahn „berührt“. Diese 2gleisige Strecke verband die Bahnhöfe die sich vorher anstelle des Leipziger Hauptbahnhofs befanden mit dem Bahnhof Leipzig-Connewitz sowie dem Bayrischen Bahnhof. Gut 13 Jahre fuhren die Züge nur an Stötteritz vorbei. Dann wurde am 1.Dezember die bereits genannte Ladestelle für den Güterverkehr mit Schuppen eröffnet, der in den Folgejahren mehrfach erweitert wurde. Somit ergaben sich gute Grundlagen für die Ansiedelung von Betrieben. Auch der Bau eines Anschlussgleises nach Probstheida hatte die Gemeinde vorgeschlagen. Doch dort stieß der Vorschlag auf weniger Gehör. Die Realisierung unterblieb. Am 1.Mai 1893 wurde dann auch eine „Haltestelle für den Personenverkehr“ errichtet.
Weiterer Ausbau der Anlagen… Der wachsende Verkehr machte bald Erweiterungen der Gleisanlagen notwendig. Anschlussgleise zum Städt. Bauhof u. Desinfektionsanstalt (hinter Prager/Kregelstr.) entstehen. Als Bahnhof wird Stötteritz ab 1.Mai 1905 bezeichnet und ein Jahr später (1906) ist das Empfangsgebäude aus gelben Klinkern vollendet. Durch die Errichtung des Leipziger Hauptbahnhofes werden auch hier Umbauten erforderlich. So errichtet die Sächsische Staatseisenbahn den Güterring von Stötteritz nach Engelsdorf/Güterbahnhof (Sächs. Staatsbahn) (4,7Km) sowie nach Schönefeld/Güterbahnhof (Preuss. Staatsbahn) Diese Verbindung geht 1906 in Betrieb. In die gleiche Zeit fällt auch nach einer Straßenverbreiterung der Stötteritzer Straße der Bau der Eisenbahnbrücken (5 Stück) mit Mittelstützen als genietete Eisenkonstruktion. Diese haben über 100 Jahre ihren Dienst versehen und wurden 2012 außer Betrieb genommen. Außerdem wird neben dem bestehenden Bahnsteig östlich ein weiterer baulich vorbereitet, (Bahndamm und Brückenwiderlager) jedoch niemals in Betrieb genommen. Die technische Messe wird ebenfalls vom Bahnhof Sötteritz einen Gleisanschluss erhalten. Messegüter sowie Eisenbahnfahrzeuge selbst als Exponate gelangen nun in das Ausstellungsgelände. Zwei Stellwerke übernehmen die Zugsicherung.
Moderne Zeiten… Im Zuge der Elektrifizierung des sogenannten Sächsischen Dreiecks Leipzig, Dresden, Chemnitz, Zwickau erhält in den 1960er Jahren der Bahnhof Fahrleitungen. Das Stellwerk B1 wird durch einen Neubau ersetzt. Bedingt durch die günstige Lage am Güterring errichtet die damalige Deutsche Reichsbahn einen Groß-Container Umschlagplatz in Stötteritz. Fertig ist die Anlage am 2.Dezember 1968. Zwei Kranbahnen erledigen den Container Umschlag Schiene/Straße und Stapelplätze wurden angelegt. Im Zuge der Eröffnung der Leipziger S-Bahn am 12.Juli 1969 wird Leipzig-Stötteritz ein Haltepunkt und auch der Haltepunkt „Messegelände“ befindet sich betrieblich zu Stötteritz gehörig. Bereits am 03.03.1968 wurde ein „Messeschnellverkehr“ vom Hauptbahnhof zu diesem neu errichteten Haltepunkt „Technische Messe“ aufgenommen. Bis zum Jahr 2012 hat sich wenig am Bahnhof Stötteritz geändert. S-Bahnen sowie Regionalzüge der Relationen Hauptbahnhof-Borna – Geithain, Altenburg – Zwickau sowie Hof und Güterzüge erreichten diesen Bahnhof.
Ein Bahnhof verändert sein Gesicht… Am 24.11.2012 wurde der Abschnitt Leipzig-Hauptbahnhof – Stötteritz nach 134 Jahren für immer stillgelegt. Die Deutsche Bahn hat kein Geld um den Rietzschke-Viadukt bei Sellerhausen zu sanieren. Der Bau des City-Tunnels ist auch hier folgenreich. Netzergänzende Baumaßnahmen beginnen und der Verkehr wird für über 1 Jahr vollkommen eingestellt. Es folgt ein kompletter Neubau der Gleisanlagen mit geänderter Trassierung. Der Bahnsteig wird nach Westen, auf die ehemalige „Güterseite“ verlegt. Ein Fahrstuhl sorgt nun für einen barrierefreien Zugang des neuen Mittelbahnsteiges mit innerem Kopfgleis für endende S-Bahn Züge. Die restlichen Gleisanlagen wie der alte Bahnsteig werden zurückgebaut. Nach Anbindung an das elektronische Stellwerk erfolgt der Abriss der örtlichen Stellwerksgebäude. Die letzte Aufgabe des Containerbahnhofes war die Verladung der Tübbinge für den City-Tunnel von der Eisenbahn auf LKW. Vorher verschwanden auch die beiden Portalkräne, 2013 folgten die alten Eisenbahnbrücken. Letztere wurden durch 3 jeweils 27m lange Brücken ohne Mittelstützen ersetzt. Ein Stück der Natursteinstützwand an der Papiermühlstraße konnte erhalten werden.
Am 13.12.2013 wurde der Bahnhof Stötteritz mit der Eröffnung des City-Tunnels für den Personenverkehr im Mitteldeutschen S-Bahn Netz wieder in Betrieb genommen. Güterschuppen und das Empfangsgebäude stehen seit Jahren leer und warten auf neue Nutzer. Der Stillgelegte Abschnitt zum Leipziger Hauptbahnhof soll mit dem Rietzschke-Viadukt bei Sellerhausen als „Höhenweg“ in das Konzept „Parkbogen-Ost“ eingebunden werden. Eine attraktive Fuß-Radwegverbindung soll damit in den nächsten Jahren entstehen und östliche Stadtteile mit dem Zentrum verbinden. Eine Modernisierung des Streckenabschnittes nach Engelsdorf steht noch bevor. Eisenbahnbrücken wie auch der Haltepunkt Anger-Crottendorf sollen neu erreichtet werden. Ziel ist unter anderem eine Erhöhung der Reisegeschwindigkeit auf dieser nun in Mischverkehr betriebenen Strecke. Eine bessere Verknüpfung mit der Straßenbahn, als direkter Halt unter den Eisenbahnbrücken wäre sehr wünschenswert!

Quellen/Literatur/Links:

  • Eigenes Wissen,
  • Stötteritz : ein Leipziger Stadtteillexikon / [hrsg. vom Pro Leipzig e.V.,2014]
  • Gerhild Schwendler

Autor: M. Mann

Datum: 19.03.2018

Abbildungen: (M. Mann, Zeitraum 2005-2016)




Alte Messe

Titel des Objekts: Alte Messe Leipzig / Technische Messe Leipzig

Adresse: Deutscher Platz 4, 04103 Leipzig

Stadtteil: Zentrum-Südost

Industriezweig/Branche/Kategorie: Messe, Technik, Wirtschaft, Verbraucher

Kurzcharakteristik: Auf Grund von fehlenden Präsentationsmöglichkeiten in den Messehäusern in der Innenstadt, begann ab 1913 die Verlagerung der technischen Güter auf das Areal der heutigen „Alten Messe Leipzig“. Begonnen 1913 mit der IBA, ging es 1920 mit den technischen Fachmessen richtig los. 1996 schloss das Messegelände, da die Neue Messe im Norden der Stadt in Betrieb ging. Für das technische Messegelände wurden neue Nutzungsmöglichkeiten eröffnet. Laut der Betreibergesellschaft ist die Alte Messe ein 5-Sterne-Standort.

Datierung: 1913 / 1920

Objektgröße: ca. 800.000 m²

Ursprüngliche Nutzung: Fachmesse für technische Güter

Heutige Nutzung: Nutzung in den Bereichen Wissenschaft / Biotechnologie / Gesundheit, Entertainment / Sport / Kultur / Gastronomie sowie Handel und Automeile

Bau- und Firmengeschichte: Industrielle Leistungsschauen breiteten sich im 19. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum aus. Zunächst fanden in Leipzig kleinere Veranstaltungen statt, bis sie 1850 Gastgeber der dritten deutschen „Industrie- und Gewerbeausstellung“ wurde. 1890 eröffnete die Dauernde Gewerbeausstellung. 1897 fand im König-Albert-Park (heute Clara-Zetkin-Park) die „Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung“ statt, die 3.027 Aussteller anzog. Mit der Zeit wurden die Ausstellungen zu Fachausstellungen und führten 1918 zur Gründung der „Technischen Messe Leipzig GmbH“. Sie fanden in den Messehäusern der Altstadt statt, bis gar nichts mehr ging, und 1920 ein Umzug auf das Gelände der 1913 eröffneten Internationalen Baufach-Ausstellung (IBA) erfolgte. Nunmehr präsentierten sich Aussteller und ihre Produkte auf dem Technischen Messegelände. Hier fanden 1913 die IBA und 1914 kurzeitig die BUGRA (Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik) statt. 1920 nun auch die Baumesse. Durch die wirtschaftliche Entwicklung entstanden 1920 bis 1928 rund 17 Hallen mit insgesamt 130.000 m² Ausstellungsfläche. 1930 folgte die IPA (Internationale Pelzfach-Ausstellung) mit einer Jagdausstellung. Im Zweiten Weltkrieg wurden einige Hallen für Rüstungsproduktionen genutzt. Zerstört wurden durch einen Bombenangriff 1943 vier Hallen komplett und teilweise 14 Hallen.
1946 fand dann die erste „Leipziger Friedensmesse“ statt. In den folgenden Jahrzehnten wurden bestehende Hallen umgebaut und neue errichtet. So beispielsweise das 1923/1924 errichtete „Achilleion“, das 1950 zum Sowjetischen Pavillon wurde, und 1980 die Messehalle 7. Drei große Messe-M’s, das sogenannte Doppel-M, dominierten die Zugänge auf das Messegelände, so das Osttor am Deutschen Platz, das Nordtor an der Prager Straße und das Südtor an der Richard-Lehmann-Straße. Heute ist nur noch jenes an der Prager Straße erhalten. Bis 1991 fanden Messen statt, wie die „Leipziger Frühjahrsmesse“ und die „Leipziger Herbstmesse“, die 1991 durch die Fachmessen ersetzt wurden. Dank Gleisanschlüssen konnten auch Schienenfahrzeuge ausgestellt werden, darunter der Straßenbahn-Einheitszug „LOWA“, der in den 1950er Jahren Beschriftungen für die Deutsch-Sowjetische Freundschaft und den Fünf-Jahr-Plan erhielt. Bis 1996 erfolgten noch wenige Fachmessen auf dem Gelände, bis sie auf das Gelände der Neuen Messe umzogen. In den alten Hallen hatte zum Beispiel 1994 die „denkmal“ ihre Premiere, eine Fachmesse für Restaurierung, Denkmalpflege und Altbausanierung.
Die Fachmessen finden nun auf der Neuen Messe statt, die in fünf Messehallen insgesamt 102.500 m² Ausstellungsfläche bietet, dazu 70.000 m² auf dem Freigelände. Die Alte Messe stand nun leer. Provisorien und einige Hallen wurden abgerissen oder umgebaut. Ziel war es nun, die ehemalige Technische Messe in ein neues Stadtquartier mit Gewerbe und Wohnen zu entwickeln, und es in vier Nutzungsschwerpunkten zu unterteilen: Wissenschaft/Biotechnologie/Gesundheit, Entertainment / Sport / Kultur / Gastronomie, Handel und Automeile. Damit erhielten die Straßen auch erstmals Namen, die an Persönlichkeiten der Leipziger Messen erinnern. So eröffneten unter anderem die BIO CITY LEIPZIG (unter anderem das Max-Planck-Institut und Fraunhofer Institut) am Osttor, zehn Fußballfelder in Halle 7 (Soccerworld), im Pantheon/Halle 16 der Volks- bzw. Eventpalast, in Halle 11 ein HIT-Supermarkt und auf der Fläche der Hallen 1-6 ein Porta- und Möbel Boss-Haus mit einem Parkhaus. Im Sowjetischen Pavillon zieht Ende 2018 das Leipziger Stadtarchiv ein. In Halle 12 selbst werden seit Jahren die Buden für den Weihnachtsmarkt beheimatet. An der Richard-Lehmann-Straße befindet sich die Automeile mit Marken wie Audi, BMW, Honda und Volkswagen. Die Straße des 18. Oktober ist die Hauptstraße der Alten Messe, die sich zwischen dem Bayerischen Bahnhof im Norden und dem Völkerschlachtdenkmal im Süden befindet. Noch hindert der ehemalige Verwaltungsbau (Nummer 7.11) den ungestörten Blick vom Neuen Rathaus und dem Völkerschlachtdenkmal. Ebenso sind noch nicht alle Hallen vermietet oder verkauft und Freiflächen sind unbebaut. Die BIO CITY möchte sich weiter vergrößern, ebenso die Deutsche Nationalbibliothek. Eine Kindertagesstätte war jahrelang geplant und wird zurzeit mit einer Förderschule am Deutschen Platz errichtet. 2013 konnte „100 Jahre Alte Messe“ gefeiert werden. Das Messegelände ist hervorragend mit dem öffentlichen Personennahverkehr erreichbar. Zahlreiche Parkplätze stehen zur Verfügung. Doch mit dem Abriss der Messehallen 1-6 verschwand auch ein weiteres Stück der ehemaligen „Technischen Messe Leipzig“. Wie die Zukunft des einstigen Messegeländes aussieht, weiß nur die LEVG (Leipziger Entwicklungs- und Vermarktungsgesellschaft mbH, eine Tochter der Stadt Leipzig), die die Alte Messe vermarktet und entwickelt.

Objektbeschreibung: Die ehemalige Technische Messe bzw. heute Alte Messe ist umschlossen von der Semmelweisstraße, Prager Straße, dem Wilhelm-Külz-Park bzw. einer S-Bahnstrecke und der ehemaligen Eisenbahnstrecke Leipzig-Altenburg. Durch das Messegelände führt die von Süden verlängerte Zwickauer Straße. Von den Messehallen bzw. Ausstellungsgebäuden sind nur noch zehn Objekte vorhanden, die sich architektonisch unterscheiden. Das markante Doppel-M befindet sich am Nordtor (Prager Straße) und begrüßt seine Besucher.

Quellen/Literatur/Links:

Autor: Dave Tarassow

Datum: 22.02.2018

Abbildungen: Dave Tarassow, 03.06.2011




Alte Messe Halle 17

Titel des Objekts: Alte Messe Halle 17

Adresse: Puschstraße 9, 04103 Leipzig

Stadtteil: Zentrum-Südost

Industriezweig/Branche/Kategorie: Messe, Technik, Wirtschaft, Verbraucher

Kurzcharakteristik: Die in den 1920er Jahre errichtete ehemalige Messehalle 17 war für die „Technische Messe Leipzig“ die erste errichtete Messehalle. Ein besonderes Augenmerk ist, dass sie auch aus Bauteilen ehemaliger Flugzeughallen zusammengesetzt wurde. Heute steht sie leer. Vielleicht ist ein Baumarkt die Zukunft für die Halle 17.

Datierung: 1921

Objektgröße: ca. 10.500 m²

Ursprüngliche Nutzung: Ausstellungshalle für Büromaschinen, Zulieferer und Petrochemie

Heutige Nutzung: Leerstand

Bau- und Firmengeschichte: Errichtet wurde die Messehalle 17 in den Jahren 1920 bis 1921 und war zur Inbetriebnahme der Technischen Messe die erste Messehalle, die für die „Technische Messe Leipzig“ konzipiert und gebaut wurde. Ausgebildet ist sie als eine fünfschiffige Halle, wovon das Mittelschiff aus drei ehemaligen Flugzeughallen aus dem Ersten Weltkrieg entstand. Im Jahr 1937 und 1938 kam an der heutigen Ottostraße ein Säulenportal hinzu, dass mit der Hallenbreite von 128 Metern mit zwölf Pfeilern ausgebildet wurde. Es sollte als Eingangsportal dienen, mit einem großen Platz, der aber nicht verwirklicht wurde. Während eines Bombenangriffs am 4. Dezember 1943 wurde die Halle teils zerstört und schrittweise 1944, 1948 und 1951 wiederaufgebaut. Als Ausstellungshalle diente sie unter anderem für Büromaschinen, Zulieferer, Nutzfahrzeuge.
Nach dem Umzug auf die Neue Messe 1996 gab es keine Nutzungsmöglichkeiten für die ehemalige Messehalle – bis heute. 2016 war sie für ein knappes Jahr eine Flüchtlingsunterkunft. Den letzten Plänen zufolge, möchte die Leipziger Entwicklungs- und Vermarktungsgesellschaft mbH (LEVG), die die „Alte Messe Leipzig“ entwickelt und vermarktet, einen Baumarkt ansiedeln. Dafür würde sich die Halle 17 ganz gut machen, die jedoch komplett erhalten bleiben soll. Ein Favorit sei Hornbach, der bereits nahe des Krankenhauses St. Georg einen Bau- und Gartenmarkt unterhält. Auf der vorhandenen Freifläche an der Puschstraße käme dann wohl ein großer Parkplatz.

Objektbeschreibung: Die ehemalige Messehalle 17 befindet sich zwischen der Ottostraße mit der BMW- und Honda-Niederlassung und der Puschstraße mit dem ehemaligen Hallen 15, 14 und 16. Die leerstehende, weiß verkleidete Halle macht seit Jahren einen tristen Eindruck und umliegende Flächen sind mit Wildwuchs bewachsen. Jedoch bleibt sie ein herausragendes Industriebaudenkmal der 1920er Jahre.

Quellen/Literatur/Links:

Autor: Dave Tarassow

Datum: 26.02.2018

Abbildungen: Dave Tarassow, 03.06.2011




Alte Messe Halle 16

Titel des Objekts: Alte Messe Halle 16 „PANTHEON“

Adresse: Puschstraße 10, 04103 Leipzig

Stadtteil: Zentrum-Südost

Industriezweig/Branche/Kategorie: Messe, Technik, Wirtschaft, Verbraucher

Kurzcharakteristik: Die heute als Volks- und Eventpalast bekannte ehemalige Messehalle trägt die Nummer 16 und wurde zur IBA 1913 errichtet. Sie ist heute die älteste erhaltene Messehalle auf dem alten Messegelände. Der Kuppelbau erinnert an das antike Pantheon, an dem sich der Architekt wohl orientierte.

Datierung: 1913

Objektgröße: Kuppelhalle ca. 3.800 m²; angrenzende Hallen ca. 7.200 m²

Ursprüngliche Nutzung: Ausstellungshalle für die „Internationale Baufach-Ausstellung“ (IBA)

Heutige Nutzung: Eventlocation „Volkspalast/Eventpalast“

Bau- und Firmengeschichte: Eines der herausragenden Gebäude auf der Technischen Messe ist die Messehalle 16, die auch Kreis’scher Bau genannt wird. Sein Architekt war Wilhelm Kreis. Beteiligt an dem Bau waren zwei Leipziger Baubetonunternehmen – Kell & Löser und Rudolf Wolle. Die Bauzeit wurde in unglaublichen viereinhalb Monaten geleistet, trotz mehrfacher Unterbrechungen. Die mächtige Kuppelhalle hat einen Durchmesser von 45 Metern, dessen Kuppel eine Spannweite von 32 Metern besitzt. Seitlich schließen sich zwei Flügel an, die jeweils 40 Meter lang und 24 Meter tief sind. Die Kuppelhalle begrüßt ihre Besucher mit einen von Säulen tragenden Vorbau und einer Freitreppe. Ursprünglich sollte dieses Bauwerk der BUGRA (Buch- und Graphikmesse) dienen, da sie von dortigen Leuten angedacht wurde und als massives Haus für die Leihgegenstände dienen sollte. Doch die BUGRA fand erst 1914 statt – die IBA (Internationale Baufach-Ausstellung) schon 1913. Zur IBA fand im südlichen Flügel eine Ausstellung zur Wissenschaft und Kunst statt und im nördlichen Flügel eine Ausstellung der Stadt Leipzig zum Leipziger Bauwesen. Neben der Kuppelhalle wurde ein weiterer Flügel errichtet, in der der Verein „Leipziger Jahres-Ausstellung“ 450 Gemälde und 50 Plastiken zeigte. Bis Ende 1970er Jahre blieb die Halle 16 der Baumesse treu. Danach gab es auch Nutzungen der Holzbearbeitung, internationale Kollektivausstellungen und Einrichtungen der Messedienstleistungen. Mit Umzug der Technischen Messe auf die Neue Messe 1996 etablierte sich hier eine Eventlocation.

Objektbeschreibung: Die ehemalige Halle 16 befindet sich an der Puschstraße, mit den ehemaligen Hallen 15, 14 und 13 in Nachbarschaft. Bereits vom Doppel-M an der Prager Straße ist dieser ehrwürdige Bau zu sehen, dessen Kuppel einen größeren Durchmesser als der Petersdom hat.

Quellen/Literatur/Links:

Sonderausgabe Leipziger Blätter, „100 Jahre Alte Messe“, 2013

Alte Messe Leipzig-Historie, www.alte-messe-leipzig.de

Autor: Dave Tarassow

Datum: 26.02.2018

Abbildungen: Dave Tarassow, 03.06.2011




Alte Messe Halle 14

Titel des Objekts: Alte Messe Halle 14

Adresse: Puschstraße 9, 04103 Leipzig

Stadtteil: Zentrum-Südost

Industriezweig/Branche/Kategorie: Messe, Technik, Wirtschaft, Verbraucher

Kurzcharakteristik: In der ehemaligen Halle 14 befindet sich seit 2008 der „Pavillon der Hoffnung“, der neben drei Gemeinden auch eine christliche Grundschule beherbergt. Der Pavillon ist ein angesehenes Kulturzentrum in Leipzig.

Datierung: 1985

Objektgröße: ca. 3.500 m²

Ursprüngliche Nutzung:

Heutige Nutzung: Christliches Gemeinde- und Kulturzentrum

Bau- und Firmengeschichte: Die Messehalle 14 wurde im Jahr 1985 vom und für den „VEB Carl Zeiss Jena“ als Messehaus errichtet. Bereits 1958 gab es dazu Planungen. Den Bau errichtete eine Krakauer Baufirma, da der VEB sehr gute Außenhandelskontakte besaß und so die knappen Baustoffe der DDR umgehen konnte. Dadurch wurde das Messehaus mit hochwertigen Materialen ausgebildet. Vorhanden ist eine Halle von 34 mal 35 Metern Größe, darüber befinden sich mehrere Räume, die für unterschiedliche Messen genutzt werden konnte. Nachdem die Technische Messe 1996 schloss, erhielt das Gebäude verschiedene Nutzungen. Beispielsweise diente die Halle von 1998 bis 2001 als Studio für die ARD-Krankenhausserie „In aller Freundschaft“. Der 2000 gegründete Verein „Pavillon der Hoffnung in Leipzig e.V.“ erwarb 2008 die ehemalige Messehalle 14, nachdem sie bereits in den Jahren zuvor einige Räume angemietet hat. Der Verein ist ein ökumenisches Zentrum und neben ihm befinden sich weitere Institutionen im Haus, darunter die christliche August-Hermann-Francke-Grundschule, und drei Gemeinden.

Objektbeschreibung: Angrenzend von der ehemaligen Halle 15, dem Bundesbankgebäude, der Straße Alte Messe (mit Halle 13) und der Puschstraße (mit Halle 16) ist der DDR-Bau nicht zu übersehen, insbesondere, weil seit einigen Jahren am eckigen Vorbau eine bunte Bemalung prangt.

Quellen/Literatur/Links:

Autor: Dave Tarassow

Datum: 26.02.2018

Abbildungen: Dave Tarassow, 03.06.2011