Aktienbrauerei Gohlis

Adresse: Georg-Schumann-Straße 105, 04155 Leipzig
Ortsteil: Gohlis-Süd
Adresse historisch: Hallesche Straße, später Hallische Straße (bis 1945)
Gemarkung und Flurstück: 221/3, 221/5
Firmen-Bezeichnung:
             
1872    Gohliser Actien-Brauerei
1950     Aktienbierbrauerei Gohlis
1952     VEB Brauerei Gohlis
1964     VEB Sachsenbräu Leipzig , Werk III Gohlis
1991     Sachsenbräu AG und Schließung des Betriebes
2006     Abbruch
2010    Stadtteilzentrum Gohlis mit Bibliothek und Einkaufszentrum
Datierung: Erbaut 1871
Industriezweig/Branche: Getränkeherstellung
Objektgröße: ca. 20 000 m² im Jahr 1944
Denkmalstatus: Objekt-Dokument-Nr.: 0926421
(Kelleranlage, Toreinfahrt und Pförtnerhaus)

Bau- und Unternehmensgeschichte

Die Gohliser Actien-Brauerei wird ab 1871 an der damaligen Halleschen Straße erbaut. 1872 erfolgt der Eintrag in das Firmenregister und der Braubetrieb beginnt. Das Grundstück umfasste zur Zeit größten Ausdehnung das Areal von der Halleschen Straße und Hohe Straße (heute Georg-Schumann-Straße und Breitenfelder Straße), im Süden bis zur Lange Straße (heute Eisenacher Straße) sowie östlich bis zur Georgstraße (heute Natonekstraße).

Historische Ansicht der Gohliser Aktienbrauerei mit einem großen Hauptgebäude und Pferdefuhrwerken davor
Aktienbierbrauerei Gohlis um 1872 | Quelle: Wikipedia Media Datei, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gohliser_Aktienbrauerei_1872.jpg

Das Hauptgebäude der Brauerei zog sich in Nord-Süd-Richtung über das Gelände und bestand aus der Mälzerei mit Getreideböden sowie Büro- und Aufenthaltsräumen, der Darre (Trocknung des Grünmalzes) und dem Sudhaus mit anschließendem Maschinenhaus. Die jeweilige Nutzung war gut an den unterschiedlichen Fenstergrößen erkennbar. Nachträglich kommt ein eingeschossiger Vorbau zur Hofseite für die Kühlmaschine hinzu. Weiter südlich vom Gebäude werden zweigeschossige Gärkeller, unterirdische Lager- und Eiskeller sowie Anbauten für die Verladung und Abfüllung errichtet. Im Laufe der Zeit werden weitere Wirtschaftsgebäude und Lager hinzugefügt. An der Ecke der Halleschen und Georgstraße (heute Georg-Schumann-Straße und Natonekstraße) befindet sich ein Brauereiausschank, bekannt als Bräustübl.

Lageplan des Brauereigeländes
Ursprünglicher Gebäudegrundriss der Gohliser Aktienbrauerei | Lageplan: Ralf Meisel, 2024

Produktpalette

Die Brauerei produziert verschiedene Biere unter der eigenen Marke Gohliser Biere, z. B. Gohliser Pilsner, Märzenbier, Lagerbier, Bockbier oder Bayrisch nach Culmbacher Art. Der Ausschank erfolgt in bekannten Leipziger Gastwirtschaften, z. B. im Kaiser Friedrich, Schillerschlößchen, Dorotheengarten und Goldenen Anker. Es werden aber auch alkoholfreie Getränke hergestellt.

Vermutlich durch den nachlassenden Bierkonsum infolge der Inflation werden offenbar nach 1920 Teile der Gär- und Lagerkeller einschließlich Eiskeller entbehrlich. Es kommt zum teilweisen Umbau für die Herstellung von Konserven sowie zur Nutzung durch eine Autowerkstatt mit Garagen (Fa. Gustav Haferkorn & Co., Breitenfelder Straße). Außerdem erfolgt eine Bebauung im südlichen Grundstücksteil mit eingeschossigen großflächigen Schuppen zur Vermietung.

Anzeige der Aktienbrauerei Gohlis – Leipziger Tageblatt vom 6. Juni 1901 | Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=118050067

Auch die 1918 eingeführte Biersteuer hat ihre Auswirkungen. Auf der rückwärtigen Giebelwand des Bräustübl war zu lesen:

Gute Biere soll durch Steuern man dem Volke nicht verteuern.
Folgt dem Rat, ihr weisen Fürsten: Laßt den armen Mann nicht dürsten!

Spruch an der Giebelwand des Bräustübl

Namenswechsel

Ab 1943 ist die Riebeck-Brauerei AG Leipzig Großaktionär der Brauerei. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Brauerei 1950 in Aktienbrauerei Gohlis umbenannt und 1952 umgewandelt zum volkseigenen Betrieb unter dem Namen VEB Brauerei Gohlis. 1956 erfolgt die Angliederung an den VEB Sachsenbräu Leipzig, ab 1964 als VEB Sachsenbräu Leipzig, Werk III Gohlis. Von 1969 bis 1990 wird die Brauerei als Betriebsteil Gohlis des VEB Sachsenbräu im VEB Getränkekombinat Leipzig geführt.

“Bleichert-Eidechse”* der Actien-Bier-Brauerei Gohlis, Werbeanzeige der Firma Bleichert von 1928 | Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bleichert_Eidechse_ABG_1928.jpg

Im Jahr 1972 stellt die Firma die Bierproduktion ein und in den folgenden Jahren nur alkoholfreie Getränke, wie Lipsona-Limonade und die beliebte Club-Cola, her. Der Versuch 1991, die Brauerei als Teil der Sachsenbräu AG Leipzig – Betriebsteil Lipsona weiterzuführen, scheitert noch im selben Jahr. Auf die Einstellung der Produktion folgt Leerstand, welcher zum Verfall der Gebäude führt.

Ende 2005 erwirbt die Kaufland Stiftung & Co. KG das Areal. Wegen der massiven Schäden wird im Jahr 2006 das alte Brauereigebäude oberirdisch abgebrochen. Nach einem Brand im gleichen Jahr ist auch das Gebäude mit dem Bräustübl stark beschädigt. 2008 beginnt der Bau des heutigen Stadtteilzentrums Gohlis mit Einkaufszentrum und Bibliothek.

Objektbeschreibung

Auf dem heutigen Areal erinnert nur wenig an die ehemalige Brauerei. Zu sehen sind noch das Eingangstor an der Georg-Schumann-Straße und das frühere Pförtnerhaus. An einem Pfeiler des Tores ist eine Informationstafel angebracht. Von der alten Brauerei sind Teile der denkmalgeschützten Kellergewölbe erhalten. Geplant ist, die Brauereigewölbe für Gastronomie und kulturelle Zwecke zu nutzen. Stand Januar 2024 wird noch ein interessierter Investor gesucht. Die neuen Gebäude rechts und links des Stadtteilzentrums fallen durch ihre markanten roten Klinker-Fassaden auf und könnten von ihrer Architektur her auch Brauereigebäude sein.

Mit der Errichtung des Stadtteilzentrum wird das Stadtbild und das Wohnumfeld an dieser Stelle deutlich aufgewertet, im Wesentlichen durch die Schaffung von Einrichtungen für Einkauf, Dienstleistungen und Versorgungsfunktionen einschließlich notwendiger Parkmöglichkeiten. Die Stadtteilbibliothek Erich Loest ist ein wichtiger Teil des kulturellen Angebotes in Gohlis.

Quellen

  • Pro Leipzig e.V., Heft Neu-Gohlis – Eine historische und Städtebauliche Studie, 2003
  • Stefan W. Krieg, Industriearchitektur in Leipzig-Gohlis, Gohliser Historische Hefte 10 – Bürgerverein Gohlis, Sax-Verlag, 2009
  • Bürgerverein Gohlis e. V., 700 Jahre Gohlis 1317-2017 – Ein Gohliser Geschichtsbuch, Gohliser Historische Hefte – Sonderband, Sax-Verlag, 2017
  • Ilona Feller, Bürgerverein Gohlis e. V., Alte Brauerei Gohlis, Gohlis Forum Jubiläumsausgabe, 3/2022
  • Wikipedia, Aktienbierbrauerei Gohlis; https://de.wikipedia.org/wiki/Aktienbierbrauerei_Gohlis (25.01.2024)

Autor/in: Ralf Meisel

Datum: Januar 2024 

Abbildungen:

Bild 1 – Wikipedia Media Datei Oktober 2021 – Aktienbierbrauerei Gohlis um 1872 |
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gohliser_Aktienbrauerei_1872.jpg, 21.05.2024
Bild 2 – Ursprünglicher Gebäudegrundriss der Gohliser Aktienbrauerei | Lageplan: Ralf Meisel, 2024
Bild 3 – Anzeige der Aktienbrauerei Gohlis – Leipziger Tageblatt vom 6. Juni 1901 |
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=118050067. 21.05.2024
Bild 4 – Bleichert-Eidechse der Actien-Bier-Brauerei Gohlis, Werbeanzeige der Firma Bleichert von 1928 |
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bleichert_Eidechse_ABG_1928.jpg, 21.05.2024
Bild 5 – Ehemaliger Standort Brauerei, Breitenfelder Straße | Foto: Ralf Meisel, 2024
Bild 6 – Ehemaliger Standort Brauereigebäude, heute Stadtteilzentrum | Foto: Ralf Meisel, 2024
Bild 7 – Ehemaliger Standort Brauerei, Informationstafel | Foto: Ralf Meisel, 2024
Bild 8 – Ehemaliger Standort Brauerei, früheres Pförtnerhaus | Foto: Ralf Meisel, 2024
Bild 9 – Ehemaliger Standort Brauerei, altes Eingangstor | Foto: Ralf Meisel, 2024

Bearbeitungsvermerk:
Diese Objektbeschreibung stellt den derzeitigen Bearbeitungsstand dar.
Berichtigungen, Ergänzungen und Hinweise sind immer willkommen.

* Die “Bleichert-Eidechse” ist ein elektrischer “Karren” den die Firma Bleichert seit den 1920er Jahren produzierte.
“In Leipzig bringt die Firma Bleichert, ein Hersteller von Seilbahnen von Weltrang, Anfang der 1920er Jahre ihr erstes Elektromobil auf die Straße: die Bleichert-Eidechse. Der kleine, wendige Transporter wird in engen Werkshallen eingesetzt und transportiert Gepäck auf dem Leipziger Hauptbahnhof.”
https://www.mdr.de/geschichte/mitteldeutschland/orte/leipzig/bleichert-eidechse-e-autos-elektroauto-100.html (Zuletzt aufgerufen am 16.06.2024)




Adolf Bleichert

Adolf Bleichert Kurzbiografie

Adolf Bleichert wurde am 31. Mai 1845 in Dessau als Sohn des Mühlenpächters August Bleichert geboren. Die Familie zog 1856 nach Gohlis bei Leipzig, nachdem der Vater auch die dortige Mühle gepachtet hat.
In den 1860er-Jahren studierte er an der Königlichen Gewerbeschule Berlin (Polytechnikum), einer Vorläuferin der heutigen Technischen Universität Berlin Maschinenbau, Abschluss als Zivilingenieur.
1870: Adolf Bleichert begann als Ingenieur in der Firma Martin, Maschinenfabrik Bitterfeld.
1872: Adolf Bleichert wechselte zur neugegründeten Halle-Leipziger Maschinenbaufabrik und Eisengießerei A.-G. Schkeuditz. Er war technischer Dirigent, dann Ober-Ingenieur. Mit seinem Studienfreund Theodor Otto entwickelte er die erste Draht(seil)bahn.
1873: Die erste Drahtseilbahn Bleicherts und Ottos – und weltweit – wurde für die Solaröl- und Paraffinfabrik Teutschenthal bei Halle errichtet. Die Anlage war 1874 vollendet und blieb 40 Jahre in Betrieb.
1874: Ziegeleibesitzer Eduard Brandt, Gohlis bei Leipzig, stellte Bleichert Gelände zur Verfügung, auf dem dieser eine Versuchsbahn anlegte, um seine konstruktiven Ideen praktisch zu erproben, u. a. die Benutzung von Drahtseilen anstelle von Rundeisen als Laufbahn, was sich als bahnbrechend erwies.
1874: am 1. Juli eröffneten Adolf Bleichert und Theodor Otto in Schkeuditz bei Leipzig ein Ingenieurbüro Bleichert & Otto, mit dem sie im gleichen Jahr nach Leipzig umzogen.
1875: Erster Großauftrag durch die Fa. Krupp, womit die eigene Profuktion in Neuschönefeld bei Leipzig folgte.
1875: A. Bleichert konstruierte die Exzenter-Kupplung zum An- und Abkoppeln der Seilbahnwagen am Zugseil.
1876: Die geschäftlichen Wege Bleicherts und Ottos trennten sich. Bleichert tat sich mit seinem Schwager Peter Heinrich Piel zusammen und firmierte als Adolf Bleichert & Co.
1881: Mit dem Umzug nach Gohlis, Feldstraße, wird die Firma in eine offene Handelsgesellschaft (OHG) umgewandelt und in das Handelsregister beim Amtsgericht Leipzig neu eingetragen, die Firma verbleibt an diesem Ort. Adolf Bleichert & Co. wurde zum größten Hersteller von Drahtseilbahnen der Welt.
1889: Wegen der stark angewachsenen Geschäftstätigkeit, die er allein nicht mehr bewältigen konnte, setzte A. Bleichert vier neue Prokuristen ein, u a. die Ingenieure und späteren Direktoren Rudolf Pfaffenbach und Karl Streitzig.
1893: A. Bleichert reiste in die USA, u. a. zum Besuch der Weltausstellung in Chicago.
1894: Adolf Bleichert errichtete sein Testament, wichtige Bestimmungen: die Firma soll als Familienbetrieb fortgeführt werden, die Söhne Max und Paul werden als technische bzw. kaufmännische Leiter bestimmt.
1897: Vergrößerung des Werkes in Gohlis und Bau eines neuen Bürogebäudes, die Firma beschäftigte 200 Arbeiter.
1899: Zum 25-jährigen Jubiläum wurde die 1000. Drahtseilbahn gefertigt für den Erztransport auf Thio/Neukaledonien (Pazifik). Die Eheleute Hildegard und Adolf Bleichert unterstützten eine Stiftung für arme Gemeindemitglieder mit 25.000 Goldmark. Adolf Bleichert erkrankte an Tuberkulose, seit Frühjahr 1900 hielt er sich mehrmals zu längeren Kuren in Davos (Schweiz) auf, ohne Erfolg.
1901: Bleichert und seine Frau gründeten eine Stiftung zum Wohle kränklicher Mädchen in noch nicht konfirmiertem Alter. Am 29. Juli starb Adolf Bleichert in einem Sanatorium in Davos, nur kurz nach dem Tod seiner geliebten, 15-jährigen Tochter.
1908: Errichtung eines Adolf-Bleichert-Denkmals auf dem Firmengelände, 1950 wurde es beseitigt.
1919/22: Erweiterung des Unternehmens durch ein Zweigwerk im Leipziger Stadtteil Eutritzsch.

  • Ehemaliges Werksgelände (siehe Link) im Stadtteil Gohlis, Lützowstraße 34, 04157 Leipzig.
  • Heinrich-Budde-Haus (siehe Link Villa-Gohlis), Lützowstraße 19, 04157 Leipzig, erbaut 1890/91 als Wohnhaus „Villa Hilda“ für die Familie Adolf Bleicherts, heute soziokulturelles Zentrum im Leipziger Stadtteil Gohlis.
  • Familiengrab Bleichert-Piel auf dem Friedhof Gohlis, südlicher Teil, Kapellenfriedhof mit Gedenktafel (Kupfer) und Text

„Im Gedenken an Adolf Bleichert 1845-1901, dem Erfinder des Deutschen Drahtseilbahnsystems“:

  • Straßenname „Bleichertstraße“ in Leipzig-Gohlis
  • Kleingartenverein Seilbahn e. V. in Leipzig-Gohlis, Max-Liebermann-Straße 91-93, 04157 Leipzig, gegründet 1917 als Gartenkolonie Seilbahn von der Firma Bleichert Adolf Bleichert & Co. und von ihr geleitet, 1932 Trennung von der Firma; seit 1989 anerkanntes Naherholungsgebiet der Stadt Leipzig.

Bedeutung der Firma Adolf Bleichert & Co. Leipzig

Seit 1881 in Gohlis ansässig, entwickelte sich das Unternehmen in wenigen Jahrzehnten zur bedeutendsten Firma für den Bau von Drahtseilbahnen. Sie nannte sich nach 1900 selbstbewußt „Größte und älteste Drahtseilbahnfabrik der Welt“ und ihren Gründer Adolf Bleichert „Begründer des deutschen Drahtseilbahnbaues“ und „Erfinder des deutschen oder Bleichertschen Drahtseilbahnsystems“.
Die Drahtseilbahn als Lastenseilbahn war vom letzten Viertel des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg neben der Eisenbahn und vor der Erfindung von Auto und Flugzeug das wichtigste Transportmittel für die Massenbeförderung von Rohstoffen in Bergbau, Hüttenwesen, Kraftwerken, Bauwesen, Maschinenbau usw., auch in der Landwirtschaft. Die Drahtseilbahnen der Firma Bleichert waren weltweit verbreitet. Bis zum Ersten Weltkrieg wurden hinsichtlich Länge, Leistungsfähigkeit, Steigungsgrad, geografischer Verbreitung beim Bau von Lastenseilbahnen technische Höchstleistungen vollbracht, siehe die sog. Bleichertschen Rekordbahnen in Chilecito (Argentinien), Flamanville (Frankreich), Usambara (Deutsch-Ostafrika, heute Tansania), Thio (Neukaledonien) und auf Spitzbergen. Insgesamt hat die Firma Bleichert über 4000 Drahtseilbahnen hergestellt. Die Erfolge beim Bau von Drahtseilbahnen beruhten technisch auf ständiger Vervollkommnung des Systems und wirtschaftlich auf Rationalisierung in der Herstellung.
Nach 1900 wurde außerdem das Produktionsprogramm um weitere Transportanlagen ständig erweitert: Elektrohängebahnen, Elektrokarren „Eidechse“, Kabelkrane, Kabelbagger, Kesselbekohlungsanlagen, Kugelschaufler u. a.. Im 20. Jahrhundert hat die Drahtseilbahn als Personenseilbahn eine überragende Bedeutung als Transportmittel für den Massentourismus vor allem bei der Erschließung alpiner Skigebiete gespielt. Bis zum Zweiten Weltkrieg war die Firma Bleichert auf der Grundlage des Systems Bleichert-Zuegg führend beim Bau von Personenseilbahnen. Von ca. 100 Bahnen wurden 37 von Bleichert gebaut (davon in Deutschland 6, Österreich 10, Frankreich 7, Schweiz 3, Italien 4, Polen und Spanien je 2 ,USA sowie Norwegen und Südafrika je 1). Von diesen Bahnen laufen bis heute z. gr. T. noch mit Originalausrüstung: Burgbergbahn Bad Harzburg (ca. 1970 Kabinenwechsel), Predigtstuhlbahn Bad Reichenhall, Miramar-Bahn im Hafen von Barcelona, Montserrat-Bahn bei Barcelona. Die restlichen Anlagen von 25 verschiedenen Firmen.
Der Anteil der Firma an der Kriegsproduktion (Feldseilbahnen im 1. WK, und Granaten) während der beiden Weltkriege war hoch und ist kritisch zu bewerten. In der Weltwirtschaftskrise nach 1929 geriet die Firma 1931 in die Insolvenz. Die unter dem Einfluss von Felten & Guilleaume Carlswerk AG Köln 1932 erfolgte Neugründung als Bleichert-Transportanlagen GmbH bei gleichzeitigem Ausschluss der Familie Bleichert erwies sich als erfolgreich. In den Jahren als SAG Bleichert (1946-1953 Sowjetische Aktien-Gesellschaft) wurden umfangreiche Reparationsleistungen für die UdSSR erbracht. Es wurden die Kriegsschäden in den Werksteilen Gohlis und Eutritzsch beseitigt und in Eutritzsch neue Werkhallen errichtet. Die Belegschaft erreichte einen Höchststand von 6600 Beschäftigten. Die Herstellung neuer Produkte wurde aufgenommen: Autokrane, Kabelkrane, u. a. für die Werften in Warnemünde und Wismar, sowie die Elektro-Grubenlok „Karlik“.
In der Zeit als VEB Verlade und Transportanlagen Leipzig, Kurzform VTA (1954-1990) gehörte VTA zu den größten Betrieben des Schwermaschinenbaus in der DDR. VTA war wichtiger Lieferant für die RGW-Länder, verkaufte aber auch in das westliche Ausland. Hauptprodukte waren vor allem Gabelstapler, große Bandanlagen für den Braunkohle-Tagebau sowie Containerkrane für den Hafenumschlag. Ab 1985 war VTA Stammbetrieb des Schwermaschinenbaukombinates TAKRAF (=Tagebauanlagen, Krane, Förderanlagen). Mit dem Übergang vom 19. in das 20. Jahrhundert hatte die elektrotechnische Industrie eine Leistungsfähigkeit erreicht, so dass auch maßgeblich die Transport- und Umschlagstechnik einen starken Entwicklungsschub erhalten konnte. Im Elektromaschinen- und Schaltanlagenbau standen technische Lösungen und Geräteausführungen zur Verfügung, die zahlreiche Anforderungen erfüllen konnten. So konnten durch die Firma Bleichert Anlagen weltweit in alle Klimabereiche, also in Kältegebiete, wie z. B. auf Spitzbergen oder den Kordilleren, sowie in tropische oder maritime Klimagebiete, wie z. B. auf Neukaledonien mit Erfolg geliefert werden. Diese Erfahrungen und Traditionen setzten sich im Nachfolgeunternehmen, dem VTA  Leipzig, mit Lieferungen nach Sibirien (z. B. Archangelsk, Ust Kut an der Lena) oder Wüstenregionen (z. B. Tunesien, Ägypten) fort. Durch intensive und kooperative Zusammenarbeit mit der Industrie/Elektroindustrie (Siemens, AEG, BBC, ABB, ASEA DDR-E-Industrie: z.B. EAB- und EAW-Berlin, SAB-Halle/Leipzig/Cottbus/Dresden, VEM, Trafo- und Kabelwerke, u.a.) und der Wissenschaft direkt oder in Fachgremien in der Zeit der Firma Bleichert oder später in der DDR (hier z. B. die KdT, TU Dresden – Die Gründung des FUA- „Seilbahnen, Flurförderzeuge“, „Elektrik auf Kranen“, evtl. auch Standardisierung ist wesentlich auf Prof. Dr. M. Scheffler (ehem. Haupttechnologe bei VTA) zurückzuführen) ergaben sich Wechselbeziehung im Sinne einer fortschrittlichen Entwicklung der Produkte.
1990 zunächst zu einer GmbH umgebildet, wurde VTA nach der Herstellung der deutschen Einheit 1991 geschlossen und dann liquidiert. Protestaktionen des Betriebsrates und der Belegschaft (Besetzung des Betriebsteiles Eutritzsch und Demonstration der Belegschaft zum Leipziger Markt mit dem neu entwickelten Gabelstapler Typ DFG 3002/2 N im Frühjahr 1991) konnten das Ende von VTA nicht verhindern. Damit endete nach 110 Jahren die Tradition des Transportanlagenbaus am Stammsitz Leipzig-Gohlis und im Betriebsteil Leipzig-Eutritzsch.

Bekannte von VTA hergestellte Produkte in der Stadt Leipzig:

  • Montage der Glocken im Glockenturm der Nikolaikirche
  • Montage des Symbols der Leipziger Messe „MM“ auf dem Wohnhochhaus Wintergartenstraße gegenüber dem Hauptbahnhof
  • Fußgängerbrücke (ehemals „Blaues Wunder“) Hast „Goerdeler Ring / Tröndlinring, heute gegenüber der „Höfe am Brühl“
  • Eisenbahnbrücke in Großzschocher (heute am Lockschuppen „Freunde der Eisenbahn“)

Quellen / Literatur / Links:

Autor/in: Bittermann, Dieter; Dr. Hötzel, Manfred; Weidner, Werner; Töpfer, Kathrin

Datum: 14.11.2017 / 19.02.2018 / 24.01.2022

Abbildung: